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Schicht für Schicht

Technik|Digitales

Schicht für Schicht
Jede Zahnkrone ist ein Unikat. Für die Herstellung solcher Einzelanfertigungen gibt es ein neues Verfahren: das Laser-Sintern. Die Münchner EOS GmbH ist hier Weltmarktführer.

wie eine Besenkammer sieht er aus: Der Raum ist nur ein paar Quadratmeter groß, mit einfachen Metallregalen und Heizungsrohren an der Wand. Doch der Eindruck täuscht: Was mitten im Raum steht, ist eine Hightech-Maschine. „Über diese Anlage würde sich so manches Fraunhofer-Institut freuen”, sagt Christian Schmidt. Er ist bei dem Unternehmen Sirona im hessischen Bensheim verantwortlich für die Fertigungsprozesse und Projektleiter für ein neues Verfahren, mit dem Sirona Zahnersatzteile wie Kronen und Inlays herstellt: das Laser-Sintern. Die Hightech-Maschine in der Besenkammer arbeitet mit diesem Verfahren. Gebaut hat sie das Münchner Unternehmen EOS, der Weltmarktführer für Laser-Sinter-Anlagen. Beim Laser-Sintern wird – einfach gesagt – Kunststoff- oder Metallpulver von einem Laser Schicht für Schicht zu einem Körper beliebiger Form zusammengeschmolzen. Die Daten dafür kommen direkt aus dem Computer. Das ist einer der Vorteile des Laser-Sinterns gegenüber herkömmlichen Fertigungsverfahren wie dem Gießen, bei dem zuvor eine Gussform angefertigt werden muss. Bei Sirona erspart das Laser-Sintern Aufwand und Kosten. Denn Zahnersatzteile sind immer Einzelanfertigungen. Jede Gussform ist daher nur einmal zu gebrauchen, dann landet sie im Müll. „Das Gießen war immer eine unangenehme und schmutzige Arbeit”, sagt Christian Schmidt. Die Laser-Sinter-Anlage von EOS arbeitet dagegen vollautomatisch hinter geschlossener Glasscheibe. Ein weiterer Vorteil des Verfahrens ist die Materialfestigkeit, die bei lasergesinterten Zahnkronen 40 Prozent höher ist als bei gegossenen. EOS war vor 15 Jahren eines der ersten Unternehmen weltweit, das Versuche mit dem Laser-Sintern machte. Inzwischen verkauft es etwa 100 Anlagen pro Jahr, Tendenz steigend.

„In drei bis fünf Jahren wird sich das Laser-Sintern für die Herstellung von Kleinserien, Ersatzteilen und individuell gestalteten Produkten etabliert haben”, prophezeit Michael Shellabear, Leiter Technisches Management bei EOS. Manche Produkte müssten dann in Zukunft nicht mehr im Lager liegen, sondern würden „bei Bedarf einfach und schnell produziert”. So weit ist man aber noch nicht. Ursprünglich wurden mit dem Laser-Sintern hauptsächlich Prototypen hergestellt, die nicht zum Gebrauch geeignet waren.

Seit einiger Zeit beobachtet EOS aber einen Wechsel am Markt: Das Laser-Sintern wird nicht mehr nur für Prototypen eingesetzt, sondern auch für Werkzeuge und Alltagsprodukte, etwa für Schmuck, Hörgeräteschalen sowie spezielle Bauteile für die Luft- und Raumfahrt. Die Münchner Ingenieure forschen an neuen Anlagen und Werkstoffen, mit denen sich schichtweise sogar ganze Möbelstücke fertigen lassen. Das Laser-Sintern von kleinen Zahnkronen ist erst der Anfang.

von Konstantin Zurawski

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Egal wie kompliziert

Das Laser-Sintern gehört zu den generativen Verfahren, bei denen ein Produkt ohne Zwischenschritt direkt aus Computerdaten hergestellt wird und bei denen im Gegensatz zu herkömmlichen Verfahren wie Fräsen und Drehen Material auf- und nicht abgetragen wird. Zahnkronen etwa entstehen so: Der Zahnarzt nimmt von den Zähnen des Patienten einen Silikonabdruck, mit dessen Hilfe er ein sogenanntes Positiv-Modell erhält. Ein 3D-Scanner vermisst dieses Modell, und im Computer wird daraus eine digitale dreidimensionale Beschreibung des Zahnabdrucks. Eine Software zerlegt das digitale Modell in einzelne dünne Schichten. In der Prozesskammer der Laser-Sinter-Anlage wird dann zuerst eine Schicht Metallpulver aufgetragen. Der Laserstrahl belichtet genau die Punkte der ersten Schicht des Computermodells. Dort, wo der Laserstrahl das Metallpulver trifft, schmilzt es und härtet anschließend wieder aus. Dann wird eine neue Pulverschicht aufgetragen, und der Laser belichtet die Punkte der zweiten Modellschicht. So entsteht nach und nach ein dreidimensionaler Körper. Das Schichtbauverfahren hat große Vorteile gegenüber Gießen, Fräsen oder Drehen. Denn jedes noch so komplexe Bauteil kann man in dünne Schichten zerlegen. Es ist deshalb egal, welche Art von Körper die Anlage produziert. Bei herkömmlichen Verfahren steigt dagegen mit der Komplexität des Bauteils auch der Bearbeitungsaufwand.

Das Unternehmen …

Der ehemalige Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik Hans J. Langer gründete 1989 in Gräfelfing bei München die EOS GmbH (EOS: Electro Optical Systems). Mit der Einführung der Anlage „Stereos 400″ im Jahr 1991 war das Unternehmen der erste Hersteller von Laser-Sinter-Stereolithographiesystemen in Europa. Im selben Jahr verkaufte EOS das erste kommerzielle System an BMW. Seit 2003 ist EOS Weltmarktführer in der Herstellung und Entwicklung von Laser-Sinter-Anlagen. „Wir haben einen sehr marktorientierten Ansatz und arbeiten eng mit unseren Kunden zusammen”, sagt Michael Shellabear, Leiter Technisches Management bei EOS, „zudem sind wir unseren Konkurrenten technisch voraus.” Seit Bestehen des Unternehmens hat es über 600 Laser-Sinter-Systeme verkauft. EOS beschäftigt weltweit 250 Mitarbeiter und stellt regelmäßig neue ein. Im Hauptsitz in Krailling bei München arbeiten fünf Auszubildende. Der Anteil am Umsatz, der für Forschung und Entwicklung aufgewendet wird, liegt bei 20 Prozent. EOS entwickelt die Anlagen immer weiter, wobei die Werkstoffe, die beim Laser-Sinter-Prozess eingesetzt werden, eine wichtige Rolle spielen. In den Jahren 2005 bis 2007 hat EOS das Siegel „Top 100″ erhalten. Das Unternehmen zählt somit zu den 100 innovativsten in Deutschland.

… in Zahlen

Gründung: 1989

Unternehmensleitung: Hans J. Langer

Mitarbeiter: über 250

Umsatz 2007: zirka 60 Millionen Euro

Internet: www.eos.info

E-Mail: info@eos.info

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