Wenn uns braun gebratene Kartoffeln oder ein knuspriges Brot so richtig schmecken, dann liegt das an den „Maillard- Produkten“ . Die schwer abbaubaren Verbindungen entstehen während des Backens und Bratens durch eine chemische Reaktion von Zuckern mit Proteinen. Dies geschieht nicht nur in der Pfanne oder im Backofen, sondern auch im menschlichen Körper. Maillard-Produkte reichern sich in alternden Geweben an. Die bei Neugeborenen noch weißen Sehnen verfärben sich durch eingelagerte verzuckerte Proteine in der ersten Lebenshälfte gelblich, im Alter braun. Wenn Proteine mit Zucker reagieren, verlieren sie ihre Funktion – das Körpergewebe wird spröde und unelastisch. Bei Diabetikern entstehen wegen des erhöhten Blutzuckerspiegels besonders viele verzuckerte Proteine. Das erklärt vorzeitige Alterungsprozesse wie Linsentrübung, Arteriosklerose oder Nervenschäden.
Die für die Alzheimer-Demenz charakteristischen Proteinablagerungen (Plaques) im Gehirn bestehen ebenfalls zum Teil aus Maillard-Produkten. Am Interdisziplinären Zentrum für klinische Forschung in Leipzig hat Dr. Gerald Münch mit seiner Arbeitsgruppe nachgewiesen, dass diese veränderten Proteine Entzündungsreaktionen auslösen. Viele Körperzellen verfügen über spezielle Rezeptoren für verzuckerte Proteine. Kommt eine Bindung zustande, versetzt das die Zellen in einen permanenten Alarmzustand, der sie letztlich zugrunde gehen lässt. Zusammen mit seinen Kollegen Prof. Klaus Hager aus Hannover und Prof. Peter Riederer aus Würzburg hat Gerald Münch diese Erkenntnis nun in einen neuen Therapie-Ansatz umgesetzt: Das Team will die Nervenschäden durch alpha-Liponsäure reduzieren. Dieser Stoff fängt Radikale ab und kann so Entzündungen mildern. Bei Diabetikern wird er schon lange benutzt, um Nervenschäden (Polyneuropathie) an den Füßen vorzubeugen. Nun soll er solche Schäden auch im Gehirn von Alzheimer-Patienten verhindern.
„Mittlerweile haben wir über 100 Patienten mit alpha-Liponsäure behandelt. Die Ergebnisse sind vielversprechend“ , sagt Münch, der inzwischen an der James Cook University im australischen Townsville arbeitet. Die Gehirnleistungen blieben bis zu einem Jahr lang stabil, während sie sich bei Patienten, die lediglich die herkömmlichen Alzheimer-Medikamente bekamen, immer weiter verschlechterten. Allerdings müssen noch Doppelblind-Studien die Erfolge mit alpha-Liponsäure bestätigen. In solchen Studien erhält ein Teil der Probanden Placebos, der andere Teil das Medikament, wobei weder Probanden noch Ärzte wissen, wer was bekommen hat. Möglicherweise wird es in Zukunft noch wirksamere Medikamente geben. Denn mittlerweile ist das Gen des Rezeptors gefunden worden und drei große Firmen arbeiten daran, seine Proteinstruktur aufzuklären. Anschließend könnten sie dann am molekularbiologischen Reißbrett Moleküle designen, die den Rezeptor gezielt blockieren. Dr. Ulrich Fricke
Medinfo im Februar: Bluthochdruck
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www.wissenschaft.de
Über die Wirkung von verzuckerten Proteinen:
www.uni-heidelberg.de/presse/ruca/ruca3_2002 /bierhaus.html
Deutsche Alzheimer Gesellschaft:
www.deutsche-alzheimer.de
Lesen
Forschungsbericht einer Langzeit-Alzheimer-Studie unter Nonnen:
David Snowdon
Lieber alt und gesund
Blessing 2001, € 19,–
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