Autofahrer, die bei einem Unfall ein Schleudertrauma erleiden, werden in Deutschland zu 86 Prozent falsch behandelt. Das stellten Marburger Mediziner fest, die Kollegen von insgesamt 1500 deutschen Klinken befragt hatten. Die Patienten bekommen in der Regel immer noch eine „Halskrause“ verpasst, um die Nackenwirbelsäule ruhig zu stellen. Dabei gibt es seit über zehn Jahren Belege, dass eine solche Therapie mehr schadet als nutzt. Denn bei einem Schleudertrauma sind meist lediglich die Muskeln gezerrt. Statt die Wirbelsäule zu schonen, ist es in der Regel sinnvoller, sich so früh wie möglich zu bewegen, um zu verhindern, dass der Schmerz chronisch wird. Auf keinen Fall sollte den Betroffenen durch überflüssige Diagnose- und Therapiemaßnahmen der Eindruck vermittelt werden, sie seien schwer krank. Das kann zu einem so genannten Nocebo-Effekt führen, bei dem die Patienten sich durch die übertriebene Behandlung Schmerzen einbilden und anfangen, wirklich zu leiden.
Das Schmerzempfinden ist umso größer, je weniger die Patienten vor dem Unfall körperlich aktiv waren. Auch der „sekundäre Krankheitsgewinn“ – wie stark sie in ihrem Umfeld bemitleidet und bedauert werden – verstärkt es.
Übrigens: Die Marburger Ärzte schätzen den Anteil an Simulanten, die sich nach dem Unfall ein Schmerzensgeld erhoffen, auf knapp 30 Prozent. Haftpflichtversicherer gehen sogar von 60 Prozent aus.