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Gründliches Nachdenken gilt gerade

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Gründliches Nachdenken gilt gerade

Gründliches Nachdenken gilt gerade in der Wissenschaft als löbliche Tätigkeit. Bloß hilft es oft nicht. So grübelte der Mathematiker Henri Poincaré über einige Gleichungen und kam nicht weiter. „Angeekelt von meinem Versagen“ fuhr er ein paar Tage ans Meer und dachte an etwas anderes. Da kam ihm eines Morgens, als er gerade ein Kliff entlang ging, die rettende Idee: Er sah plötzlich eine Parallele seines Problems in der nichteuklidischen Geometrie.

Anderen erging es ähnlich. Der Genetiker James Watson verbrachte die meiste Zeit in Cambridge auf dem Tennisplatz, wie er erzählte. In dieser entspannten geistigen Verfassung entdeckte er zusammen mit Francis Crick die Doppelhelix der DNA.

Geniale Ideen besitzen eine „Inkubationszeit“ – genau wie lästige Krankheiten. Doch anders als bei der fleißigen Vermehrung von Keimen ist die Inkubationszeit von Einfällen nicht festgelegt. Sie hängt weitgehend vom Zufall ab und kann Jahre betragen, wie Forschungen gezeigt haben.

Am bequemsten ist es natürlich, wenn die entscheidende Idee im Schlaf kommt. So erging es dem Bonner Chemiker Friedrich August Kekulé. Eines Nachts im Jahr 1865 träumte er von einer Schlange, die sich in den Schwanz beißt, und wachte auf – „wie vom Blitz getroffen“. Ihm dämmerte die Ringstruktur des Benzol-Moleküls. Damit legte er die Basis für die organische Chemie – und seine Erhöhung in den Adelsstand, so dass er sich später „von Stradonitz“ nennen durfte.

Auch der in Frankfurt geborene Mediziner Otto Loewi verdiente sich seinen Nobelpreis von 1936 im Schlaf. Er wachte mit der Idee auf, wie er seine später preisgekrönte Theorie der chemischen Übertragung von Nervensignalen überprüfen könnte.

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Der russische Chemiker Dmitrij Mendelejew schließlich puzzelte erfolglos an einer Ordnung der chemischen Elemente herum und ging frustriert zu Bett. In dieser Nacht hatte er einen Traum, aus dem die entscheidende Ordnungsregel entstand. 1869 veröffentlichte Mendelejew das Periodensystem.

Alles nur zweifelhafte Anekdoten und Wissenschaftler- Latein? Eine neue Studie eines Teams der Universität Lübeck beweist, dass der Schlaf tatsächlich neue Einsichten gebiert. Die Wissenschaftler um Ullrich Wagner machten 66 Studenten zunächst mit einer Denkaufgabe vertraut, die scheinbar nur umständlich zu lösen war. Dann schickten sie ein Drittel der Teilnehmer schlafen, der Rest verbrachte die acht Stunden Pause mit etwas anderem. Hernach mussten alle neue Aufgaben des selben Typs lösen.

Was die Forscher nicht verraten hatten: Zur richtigen Lösung gab es eine Abkürzung. Wer diesen Trick fand, konnte die Antwort viel schneller angeben. Das erstaunliche Ergebnis: Von den Studenten, die über die Aufgabe geschlafen hatten, entdeckten 59 Prozent den Dreh. Bei den wach Gebliebenen gelang dies dagegen nur 23 Prozent – also nicht einmal halb so vielen. An Übermüdung lag es dabei nicht. Denn eine Kontrollgruppe, die morgens vor das Problem gestellt wurde und es ohne Schlaf am späten Nachmittag lösen musste, hatte ebenso schlechte Ergebnisse.

Wagner vermutet, dass die Teilnehmer schon beim anfänglichen Üben mit den Aufgaben unbewusst die versteckte Abkürzung zu erkennen begannen. Doch erst im Schlaf wurde sie so weit herausgearbeitet, dass diese Versuchspersonen sie hinterher bewusst nutzen konnten.

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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

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Kreuz|kraut  〈n. 12u; unz.; Bot.〉 Mitglied einer Gattung der Korbblütler: Senecis; Sy Kreuzwurz … mehr

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