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Spuren im All

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Spuren im All
Live-Schaltung zum Optik-Spezialisten Carl Zeiss in Oberkochen. Im Deutschen Museum Bonn erläuterten die Experten, mit welchen raffinierten Methoden sie dem All seine Geheimnisse ablauschen.

In die Tiefen des Alls wurden die Besucher entführt, die sich beim letzten Wissenschaft live im Deutschen Museum Bonn drängten. Das Hauptthema waren die modernen Beobachtungsgeräte der Astronomen, vor allem Spiegel für Röntgenstrahlung, die Aufschluß gibt über die heißen Stellen im All. Die Meister dieser Technologie sind die Spiegelschleifer von Oberkochen bei der Firma Carl Zeiss. Schülerinnen des Clara-Fey-Gymnasiums in Bonn hatten sich gut auf das Thema Astronomie vorbereitet. Victoria zum Beispiel erläuterte an einem selbstgemalten Bild die Planeten des Sonnensystems, Elisa entrollte ein mehrere Meter langes Transparent, auf dem sie maßstabsgetreu die Umlaufbahnen der Planeten aufgezeichnet hatte. Moderator Ranga Yogeshwar stellte die Quizfrage: „Wer kennt einen Merkspruch für die Namen der Planeten im Sonnensystem, Merkur, Venus, Erde, Mars und so weiter?“ Nach einigem Nachdenken kam der Spruch, den man auch in manchen Astronomie-Büchern lesen kann: „Mein Vater erklärt mir jeden Sonntag unsere neun Planeten.“ Im Laufe der Veranstaltung gab es noch viele Quizfragen, und jedesmal war der Lohn für eine gute Antwort ein Heft des bild der wissenschaft-specials „Sonne“.

An einem Luftballon, auf dem sie Spiral-Galaxien aufgemalt hatte, demonstierte Elisa nun, was mit dem Weltall nach dem Urknall bis heute passierte: Wie die Luftballon-Oberfläche beim Aufblasen immer größer wird, dehnt sich das All aus, und wie die Spiralen sich voneinander entfernen, fliegen alle Galaxien von uns weg, ohne daß man ein Zentrum ausmachen könnte. Denn dem Schein, im Zentrum zu sein, unterliegen alle Galaxien. „Auch heute, rund 15 Milliarden Jahre nach der Geburt der Welt im Urknall, expandiert der Raum“, erklärte Prof. Joachim Trümper vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik. „Um das näher zu erforschen, müssen wir immer weiter in den Raum hinausblicken. Das können wir zum Beispiel mit Röntgenteleskopen.“ Szenenwechsel – Bildschaltung nach Oberkochen. Wilhelm Egle, Projektleiter der Weltraumtechnik bei Carl Zeiss in Oberkochen, erläuterte über den Bildschirm die größte Poliermaschine der Welt. Sie hat einen vier Meter großen Drehteller. Die Glasoberflächen werden darauf mit einem hochfeinen Scheuermittel geschliffen: mit Cer-Oxid. Mehrere Monate lang dauert die Bearbeitung eines solchen Glasblocks. „Und was kostet so ein Spiegel?“ wollten die Schülerinnen wissen. „Ein schmuckes Einfamilienhaus, rund 500000 Mark“, gab Egle Auskunft.

„Der Spiegel, der gerade bearbeitet wird, ist bestimmt für einen neuen Wettersatelliten der Meteosat-Serie, der im nächsten Jahr in die hohe Umlaufbahn gebracht werden soll, 36000 Kilometer über dem Äquator. Es handelt sich um einen Scanning-Spiegel“, erläuterte Egle, „der ständig hin und her kippt, während sich der ganze Satellit 100mal pro Minute um seine Achse dreht. Dadurch scannt der Satellit die Erdoberfläche ab und kann zeilenweise das Wetterbild aufbauen.“ Einen reizvollen Kontrast zu den modernsten Forschungsgeräten der Astronomen bot das Leihstück aus dem Deutschen Museum in München: der originale Refraktor von Joseph von Fraunhofer, der lange Zeit das Herzstück der Sternwarte in Berlin war. Schülerin Sabine erklärte an dem ehrwürdigen Gerät die wesentlichen Komponenten eines Teleskops. Sie erklärte auch, wie die Farbfehler an Linsenobjektiven durch die unterschiedlichen Brechungswerte der einzelnen Wellenlängen entstehen, wie mit einem „Trick“, einem Hohlspiegel als Objektiv, wesentlich größere Teleskope möglich wurden – ohne Farbfehler. Der Contrapunkt dazu: das neue Röntgenteleskop XMM, eine Abkürzung für X-ray multi mirror, zu deutsch: Röntgen-Mehrspiegel-Teleskop. „Diese Röntgenaugen sehen ganz anders als optische“, erklärte Merkle. „Die harte Röntgenstrahlung würde beim steilen Auftreffen auf eine Spiegeloberfläche sofort verschluckt – wie ein Stein, der senkrecht ins Wasser fällt. Wirft man einen platten Stein jedoch flach übers Wasser, gleitet er wie ein Wasserskifahrer darüber. So lassen wir die Röntgenstrahlen ganz flach, streifend, auf die Spiegelflächen fallen. Dazu müssen sie eine extrem glatte Oberfläche haben, auf Nanometer genau, also wenige Atomlagen.“ Wieder ein Stichwort für eine Quizfrage: „Angenommen, man vergrößert einen Spiegel von einem Meter Durchmesser auf die Größe des Bodensees. Dabei sollen seine Ungenauigkeiten von ursprünglich wenigen Nanometern mitvergrößert werden – als Wellen auf dem See. Wie hoch sind diese Wellen dann?“ Die Antworten waren zunächst recht hoch gegriffen: „Ein Meter?“ „Viel zu hoch.“ „Ein Stecknadelkopf?“ „Noch zu hoch.“ „Etwa nur eine Haaresbreite?“ Das stimmte. Zeiss hat damit einen Weltrekord in Sachen Oberflächengenauigkeit aufgestellt. „Doch wir wollen noch mehr“, warf Merkle einen Blick in die Zukunft. „Wir wollen die Bodenseewellen bis auf ein zehntel Haaresbreite herabdrücken.“ „Was sind eigentlich die wesentlichen Ziele für das neue Röntgenteleskop“, fragte Yogeshwar. „Wir wollen wissen“, erklärte Trümper, „was es alles im Weltall gibt, wie es entstand, wie es sich entwickelt. Es gibt 100 Milliarden Galaxien mit jeweils 100 Milliarden Sternen und Planeten im All. Da müßte es doch irgendwo auch Leben geben. Wir können mit dem Röntgenteleskop zwar nicht die Planetenoberflächen absuchen, aber wir wissen, daß Leben bei uns nur möglich ist, weil die Erde ein Magnetfeld hat, das vor der lebenszerstörenden Strahlung aus dem All schützt. Und da ein Charakteristikum für einen Planeten mit Magnetfeld seine Röntgenstrahlung ist, könnten wir über diesen Umweg Hinweise auf Leben finden.“

Wolfram Knapp

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