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Krokodilstränen um den Nachwuchs

Allgemein

Krokodilstränen um den Nachwuchs
Begeisterung für die Forschung wecken – das Rezept gegen Nachwuchsmangel.

Nicht jeder von uns hat das Glück, in seinem Traumberuf zu arbeiten. Allzuoft bestimmen Zwänge den Weg in die Arbeitswelt. Der Idealfall sieht anders aus: Ein junger Mensch entdeckt sein Lieblingsfeld, macht Interesse und Begeisterung zu seiner täglichen Arbeit. Erfahrungsgemäß sind diese „Überzeugungstäter“ dann diejenigen, die mit den besten Leistungen glänzen. Doch wenn es um die Neigung geht, sieht es derzeit beim Nachwuchs in Naturwissenschaften und Technik ganz miserabel aus. Vor kurzem trafen sich sogar die Präsidenten der Physikalischen Gesellschaften aus 20 Ländern in England, um sich ihr Leid zu klagen: In Deutschland hat sich die Zahl der Physik-Studienanfänger seit 1991 halbiert, in Großbritannien ging die Zahl der Lehramtskandidaten für dieses Fach innerhalb von fünf Jahren auf ein Drittel zurück, in den USA liegt die Zahl der Vordiplome so niedrig wie seit 40 Jahren nicht mehr. Kaum besser sieht es in anderen Fachgebieten aus: Die Chemische Industrie wartet verzweifelt auf Chemie-Absolventen, die Automobilindustrie sucht nach Ingenieuren und in der Computerbranche werden inzwischen junge Informatiker heftiger umworben als Kunden. Es ist nur ein paar Jahre her, da tönte es ganz anders. Die Physiker etwa befürchteten, nach dem Ende des Kalten Krieges nicht mehr gebraucht zu werden. Die Industrie schwelgte in einem Überangebot von jungen Bewerbern – und gab sich gegenüber dem Nachwuchs entsprechend arrogant. Die Redaktion von bild der wissenschaft mußte damals den Versuch aufgeben, Abiturienten bei der Suche nach einem chancenreichen Studium durch Auswertung von Stellenanzeigen Orientierungshilfe zu geben, denn die Kurven in allen Fächern gingen nur nach unten: Demotivieren wollten wir nicht auch noch.

Keine Erinnerung daran bei den Physik-Präsidenten, die jetzt Wege aus dem Mangel suchen: Sie haben die Schulen als Schuldige entdeckt. Die Lehrer verstünden es nicht, die Physik attraktiv darzustellen. Für welche Probleme sind die Schulen eigentlich nicht verantwortlich? Drogenkonsum und Gewaltbereitschaft sollen auf ihr Konto gehen. Computerkenntnisse, Medienkunde, Wirtschaftswissen sollen sie verstärkt vermitteln – und dann erwartet man natürlich auch noch ein wenig Grundwissen über Latein, Mathematik oder Geschichte. Da kommt es auf ein bißchen Begeisterung für Physik auch nicht mehr an. Ganz ehrlich: Ich zähle zu den Glücklichen, die in ihrem Traumberuf arbeiten können. Mein Interesse für die Naturwissenschaften, mein Spaß daran, die unterschiedlichsten Dinge zu verstehen und anderen Menschen zu vermitteln wurde aber sicher nicht in der Schule geweckt. Immerhin: Meine Lehrer haben mich wenigstens nicht abgeschreckt. Ich kann mich an ein paar Schlüsselerlebnisse erinnern, die Wissenschaft und Journalismus für mich interessant gemacht haben. Sie wurden geprägt durch den gleichen Mann: Einen Wissenschaftler, der aus seiner Rolle des Suchenden, des Belehrenden, des Fordernden heraustrat und Menschen begeisterte, motivierte, bei ihren Gefühlen packte. Er war auch der Gründer dieser Zeitschrift: Prof. Heinz Haber. Für den Nachwuchs wäre es hilfreich, wenn die Forscher in Zukunft selbst von der Faszination des Suchens und der Erkenntnis berichteten und mit professioneller Hilfe das Engagement der jungen Menschen weckten. Denn es ist wirklich ein Traum, die eigene Neugier auszuleben. Und glücklich ist, wer das zu seinem Beruf machen kann.

Reiner Korbmann

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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

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