Andropause heißt das Stichwort oder auch Klimakterium virile: In Anlehnung an die Wechseljahre der Frau wird damit der Lebensabschnitt eines Mannes bezeichnet, in dem der Spiegel des männlichen Hormons natürlicherweise sinkt. In der Folge schwinden auch die Effekte, die dieses Hormon auf den Körper hat. In manchen Fällen treten deutliche Symptome auf: Vor allem das Nachlassen der gewohnten Leistungsfähigkeit sowie die Abnahme von Libido und Potenz.
Im vergangenen Jahr belegte bereits eine Studie, dass eine Testosteron-Ersatz-Therapie sexuelle Funktionsstörungen bei Männern über 65 Jahren deutlich verbessern kann. Doch Hormontherapien sind umstritten, weil sie mögliche Gesundheitsrisiken mit sich bringen können. Um die Effekte der Testosteron-Ersatz-Therapie weiter auszuloten, haben nun US-Forscher unter der Leitung der Yale University weitere Tests durchgeführt. Sie haben die Wirkung in vier Bereichen untersucht: Anämie, Knochendichte und Stärke, sowie die kardiovaskuläre Gesundheit und kognitive Funktion.
Testosteron-Ersatz-Therapie im Test
Die Wissenschaftler untersuchten insgesamt 790 Männer im Alter von über 65 Jahren, die einen altersbedingt niedrigen Testosteronsiegel aufwiesen. Ein Jahr lang verabreichte sich ein Teil dieser Probanden Testosteron durch ein Gel, das auf die Haut gestrichen wird. Die übrigen Versuchsteilnehmer benutzten hingegen unwissentlich ein wirkstoffreies Gel – ein Placebo-Präparat. Parallel analysierten die Wissenschaftler die gesundheitlichen Werte der Studienteilnehmer.
Bezüglich Anämie zeigte sich ein positiver Effekt der Testosterongabe: Nach einem Jahr der Behandlung profitierten rund 53 Prozent der Männer, die unter „Blutarmut“ litten, von einer klinisch signifikanten Erhöhung der Hämoglobin-Werte. Ähnlich günstig fiel das Ergebnis bei den Messungen der Knochendichte aus: Im Vergleich zur Kontrollgruppe nahm die Knochenfestigkeit und damit die Widerstandsfähigkeit gegenüber Brüchen bei der Testosteron-Gruppe zu.
Gemischte Ergebnisse
Die Tests zum Effekt auf die geistige Leistungsfähigkeit ergaben ein Weder-Noch: Nach einem Jahr gab es keine signifikante Veränderung des verbalen sowie visuellen Gedächtnis, exekutiver Funktionen und des räumlichen Vorstellungsvermögens. Hoffnungen beziehungsweise Befürchtungen zu einem Effekt auf die geistige Leistung scheinen demnach unbegründet.
Nun kommt allerdings das Aber: Die Untersuchungen der kardiovaskulären Gesundheit geben Anlass zur Vorsicht. Computertomographische Untersuchungen zeigten, dass die Testosteron-behandelten Männer mehr Ablagerungen in den Blutgefäßen des Herzens entwickelten als die Probanden der Kontrollgruppe. Dies werten die Forscher als ein Zeichen einer Erhöhung des Risikos von Herzproblemen. Allerdings kam es im Untersuchungsjahr zu keinen auffälligen Unterschieden bei den Erkrankungsvorfällen, berichten die Forscher.
„Der wichtigste Effekt der Testosteron-Therapie bleibt die Verbesserung im Bereich der Sexualität“, sagt Co-Autor Thomas Gill. „Wem die Therapie aus diesem Grund verabreicht wird, kann aber offenbar auch von einer Verbesserung der Hämoglobinwerte und der Knochendichte profitieren. Allerdings gibt das Ergebnis der Herz-Kreislauf-Studie auch zu Bedenken Anlass gibt“, resümiert der Wissenschaftler. Sein Kollege Matthew Budoff ergänzt: „Männer, die Anzeichen koronare Herzerkrankungen aufweisen oder zu arteriellen Plaques neigen, sollten die Vorteile und Risiken der Testosteron-Therapie mit ihren Ärzten vorsichtig abwägen.“ Insgesamt sind sich alle beteiligten Forscher einig: Weitere Untersuchungen sind nun nötig, um die klinische Bedeutung der Ergebnisse genauer zu bestimmen.