Immer mehr Menschen leiden unter Allergien. Doch nach wie vor ist unklar, warum. Wir fragten den Immunologen Prof. Ulrich Wahn, Direktor der Kinderklinik an der Charité in Berlin.
Kann man bei Allergien schon von einer Volkskrankheit sprechen?
Auf jeden Fall. Jeder vierte Bundesbürger ist Allergiker. Die meisten haben Heuschnupfen.
Sind Kinder stärker betroffen?
Ja, allergische Erkrankungen machen sich meistens schon im ersten Lebensjahr bemerkbar. Jeder zehnte Einjährige leidet mittlerweile an Neurodermitis. Und in jeder Schulklasse sitzen heute etwa zwei Kinder mit Asthma. Die Zahl der asthmakranken Kinder hat sich in einer Generation verdoppelt.
Warum nehmen die Allergien zu?
Die meisten Forscher favorisieren die Hygienehypothese. Sie besagt, dass der Wohlstand mit dem Trend zur Kleinfamilie Allergien begünstigt, da sich die Kinder seltener anstecken. Das Immunsystem braucht aber Stimuli, um sich richtig zu entwickeln.
Gibt es Fortschritte in der Behandlung?
Jetzt ist ein neues Medikament entwickelt worden – Xolair. Damit beginnt eine neue Ära der Allergiebehandlung. Xolair ist ein gentechnisch hergestellter Antikörper. Er macht das bei Allergikern zu viel produzierte Immunglobulin E unschädlich. Wir waren von dem Erfolg in unserer Studie selbst überrascht. Einen so großen Effekt hatten wir nicht erwartet.
Wird Xolair zur Standardtherapie?
Dafür wird es zu teuer sein. Zunächst wird die Spritze wohl nur bei Patienten eingesetzt, die mit den gängigen Medikamenten nicht zufrieden stellend behandelt werden können.
Marianne Diehl