Es gibt eine Zahl, die manche Kosmologen verzweifeln lässt: 0,00000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000138 Sie drückt die Stärke der rätselhaften, erst in den 1990er-Jahren entdeckten Dunklen Energie aus, die unser Universum auseinandertreibt. Sie ist fast gleich Null, aber eben nicht ganz. Warum? Kein Forscher weiß es.
Niemandem ist es bisher gelungen, diese seltsame Fast-Null aus den Gesetzen der Physik abzuleiten. Und so glaubt eine wachsende Zahl von Wissenschaftlern an eine andere Erklärung: Unser Universum muss eines unter vielen im „Multiversum“ sein. In all diesen Universen ist die Dunkle Energie verschieden stark – und in unserem eben zufällig nicht ganz Null.
Was wie ein Taschenspielertrick wirkt, sickert derzeit in den wissenschaftlichen Mainstream. In seinem neuen Buch erklärt Brian Greene, Physikprofessor an der Columbia University, warum die Idee des Multiversums gerade so viel Anklang unter den Kosmologen findet. Und da sie auf den Geschmack gekommen sind, entdecken sie jetzt überall Multiversen: zum Beispiel ein unendlich großes „ Patchwork-Multiversum“, in dem jeder Mensch unzählige Doppelgänger hat, ein zyklisches Multiversum, dessen Geschichte sich ewig wiederholt, ein holografisches Multiversum, in dem wir nur Schatten höherdimen- sionaler Objekte sind, und ein mathematisches Multiversum, in dem wir und unsere Umwelt aus nichts als Zahlen bestehen.
Das alles mag noch unglaublicher als die Fast-Null klingen, aber der routinierte Wissenschaftsvermittler Greene erzählt es verständlich und kurzweilig. „Die verborgene Wirklichkeit“ ist eines der besten populären Kosmologie-Bücher der letzten Jahre. Tobias Hürter
Brian Greene DIE VERBORGENE WIRKLICHKEIT Siedler, München 2012 448 S., € 24,99 ISBN 978–3–8275–0001–4 E-Book für € 19,99 ISBN 978–3–641–08207–9