Wann genau haben sich die Entwicklungslinien der diversen Arten im Stammbaum der Elephantidae voneinander getrennt? Diese Frage können bloß Genetiker beantworten. Doch die benötigen dafür mehr als nur die DNA von heute lebenden Elefanten und von ausgestorbenen Wollhaar-Mammuts. Unverzichtbar ist auch die Kenntnis von DNA einer sogenannten Fremdgruppe – von Verwandten, die sich noch früher abgespalten haben: Durch Zählen der Mutationen in ihr kann man die genetische Uhr des Stammbaums eichen.
Für die Elefanten kann das Mastodon als perfekte Fremdgruppe dienen, ein vor 10 000 Jahren ausgestorbener nordamerikanischer Elefant. Doch von dem gab es keine DNA-Daten – bis Michael Hofreiter und Nadin Rohland vom Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie und eine Kollegin aus Berkeley 2007 in einem fossilen Mastodon-Zahn aus Alaska fündig wurden. Jetzt ist der Elefanten-Stammbaum geklärt. Das Forscherteam findet auffäl- lige Parallelen in der „Speziation“, der Bildung neuer Arten, bei Elefanten und Menschen: In die Zeit vor sechs bis sieben Millionen Jahren – eine Epoche mit trockenem, kühlem Klima – fällt parallel sowohl die Aufspaltung der Linien von Mammut und Asiatischem Elefanten als auch die zwischen Schimpansen und Gorillas einerseits sowie den frühesten Vormenschen andererseits. Vor vier Millionen Jahren verzweigte sich die Linie des Afrikanischen Elefanten in Steppen- und Waldelefant – gleich- zeitig erschien die neue Vormenschenart der Australopithecinen (zu ihnen gehört das berühmte Individuum „Lucy“) auf der Bühne der Vormenschen.
Purer Zufall? Hofreiter vermutet: Großräumige klimatische Umschwünge führen zu Selektionsdruck – sie könnten bei vielen Lebewesen die Bildung neuer Arten gestartet haben.