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KEIN STROM – KEINE FLIEGEN

Erde|Umwelt Gesundheit|Medizin

KEIN STROM – KEINE FLIEGEN
Mit sterilisierten Tsetse-Fliegenmännchen wollen Forscher um Udo Feldmann (links) die Plagegeister in Äthiopien ausrotten. Doch die kränkelnde Stromversorgung vor Ort bremst das Projekt.

„Man braucht Ausdauer – wie ein Dauerläufer.“ Udo Feldmann, Insektenspezialist der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, klingt ein bisschen resigniert, wenn er den Fortschritt seiner Arbeit beschreibt. Sein Job ist die Produktion steriler Tsetse-Fliegenmännchen in einer Fabrik bei Addis Abeba in Äthiopien. Sie sind das Herzstück einer Strategie, mit der am Ende die Tsetse-Fliege und der Parasit, den sie mit ihrem Stich überträgt, in dem ostafrikanischen Land ausgerottet werden sollen. Denn die Trypanosomen, Erreger der Schlafkrankheit beim Menschen und der Nagana-Krankheit bei Rindern, sind eine Geißel: Sie infizieren nicht nur jährlich zwischen 300 000 und 500 000 Menschen, sondern schwächen auch einen Großteil der Rinder derart, dass sie weder als Zugtiere noch als Fleisch- oder Milchlieferanten taugen.

Die Idee hinter der Bekämpfungsstrategie: Die in der Fabrik gezüchteten männlichen Fliegen werden radioaktiv bestrahlt, wodurch ihre Genitalien verkümmern und sie unfruchtbar werden. Ins Freie ausgesetzt, paaren sie sich mit Tsetse-Weibchen, die meist nur einen einzigen Geschlechtsakt in ihrem Leben vollziehen. Diese Begegnungen bleiben nun fruchtlos, nach und nach wird die Population der Fliegen dezimiert. Bei verschiedenen Arten von Fruchtfliegen, bei der fleischfressenden Schraubenwurmfliege sowie bei der Baumwollkapselraupe hat sich diese „Sterile Insektentechnik“ oder SIT, wie sie offiziell heißt, bereits seit Jahren bestens bewährt.

Doch in Äthiopien geht es nur schleppend weiter. Zwar haben dort IAEA und Welternährungsorganisation seit 2001 zusammen mit der Pan African Tsetse and Trypanosomiasis Eradication Campaign (Pattec) den Fliegen den Krieg erklärt (siehe bild der wissenschaft 9/2003, „Atomklatsche gegen die Tsetse-Fliege“). Doch die Eröffnung der Fliegenfabrik, eigentlich für Ende 2004 geplant, verzögerte sich immer wieder – nicht nur wegen technischer Probleme, sondern auch wegen der langwierigen Abstimmungsprozesse. Äthiopiens Bürokraten sind berüchtigt.

Im Februar 2007 wurde die Fabrik endlich feierlich eröffnet, im Herbst 2008 sollen zwei der sechs Hallen für die Fliegenzucht ihren Betrieb aufnehmen. Vorausgesetzt natürlich, die Stromversorgung für die Klimatisierung – für die Fliegen lebenswichtig – kann stabilisiert werden: „Im Moment wird jeden zweiten Tag der Strom abgestellt, weil die Wasserkraftwerke aufgrund des wenigen Regens im vergangenen Jahr oft ausfallen“, beklagt Feldmann.

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Einige Erfolge gibt es schon zu vermelden: 2007 hat eine Testfreisetzung der sterilen Männchen gezeigt, dass sie gut überleben und sich wie gewünscht im Freien verteilen, berichtet Feldmann. Im Projektgebiet laufen zudem konventionelle Programme zur Fliegenbekämpfung mit Insektiziden, die für die SIT gute Voraussetzungen schaffen – denn sie greift am besten, wenn die Populationen nicht allzu groß sind. Die Finanzierung für die nächsten drei Jahre ist gesichert, betont Feldmann: 1,7 Millionen Dollar stellt der von Japan und den Vereinten Nationen gegründete Trust Fund for Human Security bereit, weitere Mittel kommen – organisiert von Pattec – von der African Development Bank.

Der Erfolgsdruck auf Feldmann und seine Kollegen ist in letzter Zeit gestiegen. Dahinter steckt die weltweite Nahrungsmittelkrise, die eine effizientere Landwirtschaft noch wichtiger macht. Dass die Ausrottung der Tsetse-Fliege die Erträge tatsächlich steigern kann, hat ein erfolgreiches SIT-Pilotprojekt auf der Insel Sansibar gezeigt: Dort wurden die Insekten 1997 ausgerottet – mit der Folge, dass sich seitdem die Fleischproduktion verdoppelt und die Milchproduktion verdreifacht hat. Ilka Lehnen-Beyel ■

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