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Die Totenruhe ist gesichert. Um

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Die Totenruhe ist gesichert. Um

Die Totenruhe ist gesichert. Um Gräber und Mauern zu erkunden, die der Boden im Laufe der Jahrhunderte dem Bick entzogen hat, müssen Wissenschaftler längst nicht mehr zum Spaten greifen, sondern können mit modernstem Gerät in die Erde schauen. Im bayerischen Ruffenhofen haben Geophysiker des Landesamtes für Denkmalpflege auf diese Weise – also rein virtuell – ein Limes-Kastell freigelegt.

Dass unter dem mehr als 40 Hektar großen Acker Reste römischer Vergangenheit ruhen, war schon lange bekannt. Bereits 1892 führte die Reichs-Limeskommission, die den obergermanisch-rätischen Grenzwall erstmals systematisch untersuchte, Probegrabungen durch. Dabei kamen das Stabsgebäude, ein Speicherbau und ein Kastellgraben zum Vorschein. Heute weiß man: Nicht nur ein einziger Graben, sondern gleich vier umgrenzten das etwa drei Hektar große Lager, fünf Kasernen boten Platz für 300 Soldaten, neben dem Stabsgebäude lag das Wohnhaus des Kommandanten und außerhalb der Kastellmauern ein Dorf. Mit Hilfe elektrischer und magnetischer Messungen haben die Wissenschaftler Helmut Becker und Jörg Faßbinder die Strukturen sichtbar gemacht.

Bei der Geoelektrik wird der Boden unter Strom gesetzt – denn je nach Beschaffenheit der Erde wird der Strom mehr oder weniger gut geleitet. Trockenes Mauerwerk erhöht den elektrischen Widerstand, eine feuchte Grube senkt ihn. Diese Schwankungen werden registriert und auf dem Computer aufgezeichnet. Dabei werden die Signale in ein Schwarz-Weiß-Muster verwandelt, auf dem die Stellen mit hohem Widerstand als dunkle Flecken, jene mit geringem Widerstand als helle Flächen erscheinen. „Jeder Stoff hat einen bestimmten elektrischen Widerstand“, erklärt Geophysiker Faßbinder. „Dennoch bedarf es viel Erfahrung, um zu erkennen, ob es sich bei den entdeckten Strukturen um einen Töpferofen, eine Kaserne oder ein Gräberfeld handelt. Und: Geophysikalische Daten liefern zwar Informationen darüber, was im Boden liegt, nicht aber, wie alt die Reste sind. Das muss der Archäologe anhand typischer Bauformen und von Keramikfunden erkennen.“

Ähnlich schwierig ist die Deutung geomagnetischer Messungen. Mit Hilfe eines Magnetometers wird dabei knapp über dem Boden das natürliche Erdmagnetfeld aufgezeichnet. Seine Intensität kann durch Unregelmäßigkeiten im Untergrund beeinträchtigt werden. Durch einen Brand etwa verwandeln sich Eisenoxide in der Erde in stark magnetische Mineralien wie Maghemit und Magnetit. Sie zeigen den Forschern, dass ein antiker Ofen oder eine Feuerstelle im Boden liegt. Mauern aus Kalkstein dagegen erzeugen nur ein schwaches Signal. Selbst Störungen, die fünf Millionen Mal schwächer sind als das Erdmagnetfeld, können noch registriert werden.

Das Erstaunliche: Auch Gruben und Pfostenlöcher, die mit organischem Material verfüllt und eigentlich unmagne- tisch sind, lassen sich orten. Den Grund dafür hat Jörg Faßbinder herausgefunden: „In solchen Speichergruben sammeln sich viele Bakterien an, weil es dort reichlich zu fressen gibt. Sie nehmen aus dem Boden gelöste Eisenoxide auf, bilden daraus Magnetite und speichern sie in ihrem Körper. Dadurch werden die Bakterien zu lebenden Kompassnadeln, die sich im Sediment ausrichten. So finden sie – im Gegensatz zu ihren unmagnetischen Artgenossen – auf kürzestem Weg zu ihrer Nahrungsquelle. Und uns weisen sie noch Jahrtausende nach ihrem Tod den Weg zu archäologischen Funden.“

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