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Das Universum im Gasometer

Astronomie|Physik Technik|Digitales

Das Universum im Gasometer
Bis Januar 2010 läuft im Gasometer Oberhausen die Ausstellung „Sternstunden – Wunder des Sonnen- systems“. Eindrucksvolle Installationen und großformatige Fotos führen die Schönheit der Himmelskörper vor Augen.

Die Attraktion DER Ausstellung hängt in 20 Meter Höhe: ein kugelrunder Mond. Gestochen scharf heben sich die Maare und Gebirge ab, Canyons und Einschlagskrater wirken zum Greifen nah. Und sie sind es auch. Denn die Ausstellungsmacher haben buchstäblich die Sterne vom Himmel geholt und einen Ballon anfertigen lassen, der mit 25 Meter Durchmesser die größte Mond-Skulptur der Erde ist. Der Ballon ist aus mehreren Stoffstreifen zusammengenäht, auf denen die Oberflächenformationen aufgedruckt sind. Die digitalen Bilddaten stammen vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), das die Ausstellung in Kooperation mit der Gasometer Oberhausen GmbH realisiert hat. „Mit der Ausstellung werfen wir den Blick weit in unser Sonnensystem und darüber hinaus“, sagt DLR-Vorstandsvorsitzender Johann-Dietrich Wörner. Es ist der größte Beitrag des Forschungszentrums zum Internationalen Jahr der Astronomie.

riesenmodell des sonnensystems

Mit den „Sternstunden“ greifen die Veranstalter den Faden ihrer vorherigen Ausstellung „Augen des Himmels“ auf, die Satellitenbilder der Erde zeigte. Diese Bilderschau erwies sich als unerwartet erfolgreich. „Jetzt kehren wir die Blickrichtung um: Statt vom Weltall auf die Erde, schauen wir von der Erde in den Weltraum“, sagt die Geschäftsführerin der Gasometer Oberhausen GmbH, Jeanette Schmitz. Die Ausstellung erstreckt sich über zwei Etagen. Im Erdgeschoss wandelt man durch ein Modell des Sonnensystems. Die Sonne und ihre Planeten bilden als Skulpturen die Stationen, die von imposanten Fotowänden umgeben sind. Diese zwei mal drei Meter großen Tafeln zeigen die schönsten Aufnahmen der Planeten und ihrer Monde. In solchen Ausmaßen hat man diese Fotos noch nie gesehen – sie sind nicht nur informativ, sondern auch ein ästhetischer Genuss. Wie das technisch gelungen ist, bleibt das Geheimnis des Fotografen Wolfgang Volz – eine treibende Kraft hinter den „Sternstunden“. Er hat auch die Fertigung des Mondes überwacht, bis hin zur Entscheidung, mit welcher Fadensorte die Stoffbahnen vernäht werden. Doch die Visualisierung unseres Sonnensystems ist nur eines der Anliegen dieser Ausstellung. „Sie zeigt unser Sonnensystem als einen gewaltigen Lebensprozess des Werdens und Vergehens“, sagt Ausstellungskurator Peter Pachnicke. Dahinter steckt eine der fundamentalsten Erkenntnisse der Astrophysik: Das Universum ist einem ständigen Wandel unterworfen. Sterne entstehen, spenden ihren Planeten Licht und Wärme und vergehen wieder – entweder als Weiße Zwerge, als Neutronensterne oder als Schwarze Löcher. Die Sterne produzieren schwere chemische Elemente wie Sauerstoff, Stickstoff und Kohlenstoff, die auch für das Leben auf der Erde unerlässlich sind. Ein faszinierender Gedanke: Jedes Kohlenstoff-Atom in unserem Körper wurde vor vielen Milliarden Jahren im Inneren eines Sterns erzeugt und gelangte dann durch Sternenwinde und Supernovae ins Weltall, wo es als Rohstoff für die Erde zur Verfügung stand. Deswegen zeigt die Ausstellung neben den Planetenbildern auch Himmelsaufnahmen von Sternentstehungsgebieten, Planetarischen Nebeln und Supernova-Überresten. Texttafeln thematisieren spannende Aspekte: Wie entsteht ein Planetensystem? Warum haben sich die Planeten so unterschiedlich entwickelt? Wie wird das Sonnensystem enden? Komplettiert wird die Reise durch die Welt der Planeten und Sterne von einer Ausstellung im zweiten Stock mit Leihgaben von Raumfahrtunternehmen und Technikmuseen. Sie zeigt historische Fernrohre, Messgeräte und Himmelskarten ebenso wie moderne Geräte der Weltraumforschung. Außerdem werden hier die für das Leben auf der Erde wichtigsten Himmelskörper im Detail vorgestellt: Sonne und Mond. Über allem schwebt der Erdtrabant. Von einer im Halbrund aufgebauten Tribüne aus kann man ihn genau betrachten – und hier ist er wirklich zum Greifen nahe. Eine geschickte Beleuchtung simuliert zudem die Mondphasen und lässt ihren 28-tägigen Rhythmus auf etwa zehn Minuten schrumpfen.

VOM GICHTGAS ZU DEN STERNEN

Was die Ausstellung zu einem ganz besonderen Erlebnis macht, ist der Ort: der Gasometer Oberhausen. Das 1929 von der Gutehoffnungshütte errichtete Gebäude ist mit 117 Meter Höhe und 68 Meter Durchmesser das größte dieser Art in Europa. Es nahm ursprünglich Gas auf, das als Abfallprodukt der Hochöfen anfiel. Dieses sogenannte Gichtgas wurde anfangs für die Feuerung der Öfen in den Walzwerken und später in den Öfen der Kokerei Osterfeld verwendet. So musste das wertvollere Koksgas nicht mehr für diesen Zweck verwendet werden, sondern konnte beispielsweise an die Ruhrchemie verkauft werden.

Der „Riese am Kanal“, wie die Oberhausener ihren Gasometer gerne bezeichnen, diente also als Zwischenspeicher. Technisch war es notwendig, dass das Gas nicht den gesamten Gasometer füllte. Es musste komprimiert und sein Volumen verringert werden. Hierzu diente eine 207 Tonnen schwere Stahlscheibe, die das Gas wie ein Deckel abschloss und sich dem jeweiligen Füllstand entsprechend auf und ab bewegte. Heute steht die ehemalige Gasdruckscheibe auf Stahlpfeilern und bildet die Decke des Erdgeschosses. Im Grunde ist dieses imposante Industriedenkmal nicht nur Ort der Ausstellung, sondern ein Bestandteil von ihr. Und wer sich sattgesehen hat an den beeindruckenden Exponaten und Bildern, der kann mit einem gläsernen Aufzug am Mond vorbei auf das über 100 Meter hohe Dach des Gasometers fahren. Dort mag jeder Besucher selbst entscheiden, was ihn mehr fasziniert: der Blick nach oben zu den Sternen oder nach unten auf das pulsierende Ruhrgebiet. ■

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Der Text stammt von THOMAS BÜHRKE (links). Der promovierte Physiker und Astronom arbeitet als Wissenschaftsjournalist bei Heidelberg. Die Fotos sind das Werk von WOLFGANG VOLZ (rechts), einem weltweit arrivierten Wissenschafts- und Technikfotografen. Der Vorsitzende der Jury „deutscher preis für wissenschaftsfotografie“ und Exklusiv-Fotopartner des Künstlerehepaars Christo und Jeanne-Claude („Verhüllter Reichstag“ ) ist einer der Kuratoren der Ausstellung am Gasometer Oberhausen.

von Thomas Bührke

KOMPAKT

· Die Ausstellung im Gasometer Oberhausen zeigt den Prozess des Werdens und Vergehens im Kosmos – und ein riesiges Modell des Mondes.

· Astrofotos werden in bislang unerreichter Größe gezeigt, dazu kommen Leihgaben von Raumfahrtunternehmen und Technikmuseen.

WUNDER DES SONNENSYSTEMS

… heißt der Untertitel der Ausstellung „Sternstunden“, die der Gasometer Oberhausen bis zum 10. Januar 2010 zeigt. Zu sehen in der Essener Str. 3, 46047 Oberhausen, Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr, Tel. 0208/ 8 50 37 30, Internet: www.gasometer.de

Eintritt: 7 Euro (ermäßigt: 5 Euro)

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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

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Tan|bur  〈m. 1 od. m. 6; Mus.〉 in Arabien u. Persien gebräuchl., lautenartiges Zupfinstrument mit drei od. vier Stahlsaiten [→ Tambour … mehr

♦ mi|kro|bio|lo|gisch  〈Adj.; Biol.〉 die Mikrobiologie betreffend, zu ihr gehörend

♦ Die Buchstabenfolge mi|kr… kann in Fremdwörtern auch mik|r… getrennt werden.

♦ In|tru|si|ons|schutz  〈m.; –es; unz.〉 Technik, mit der das unerwünschte Eindringen von Personen od. anderen Lebewesen in einen bestimmten Bereich verhindert wird

♦ Die Buchstabenfolge in|tr… kann in Fremdwörtern auch int|r… getrennt werden. Davon ausgenommen sind Zusammensetzungen, in denen die fremdsprachigen bzw. sprachhistorischen Bestandteile deutlich als solche erkennbar sind, z.B –transigent, –transitiv mehr

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