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Willkommen im Club!

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Willkommen im Club!
Reiner Korbmann über die Probleme der deutschen Forscher mit der Öffentlichkeit

Es begann vor über 35 Jahren. Damals kehrte der deutsche Wissenschaftler Heinz Haber aus den USA zurück und brachte die Idee von „Public Science“ mit. „Öffentliche Wissenschaft“ forderte er: Forscher sollten allen Bürgern – nicht nur wenigen Experten – von ihrem Tun und ihren Ergebnissen berichten. Im Januar 1964 gründete Haber bild der wissenschaft. Später mahnte Bundeskanzler Helmut Schmidt bei deutschen Professoren ihre „Bringschuld“ gegenüber der Öffentlichkeit an. Er meinte das gleiche.

Frühjahr 1999: Der Generalsekretär des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft, Prof. Manfred Erhardt, zitiert vor der „Heiligen Allianz“, den Spitzen der großen Forschungsorganisationen, aus einer Stellenanzeige von bild der wissenschaft: „… daß wissenschaftliche Inhalte korrekt wiedergegeben werden, es aber gleichermaßen Vergnügen bereitet, sie zu lesen.“ Und fährt fort: „Knapper läßt sich unser Anliegen von ‚Public Understanding of ScienceO nicht auf den Punkt bringen.“ Danach unterschreiben die acht Forschungsbosse eine Selbstverpflichtung zum „Dialog Wissenschaft und Öffentlichkeit“: Sie wollen die Kommunikation mit den Bürgern suchen und fördern.

Willkommen im Club! Lange genug hat es gedauert, bis sich der Gedanke, daß auch Forschung den ständigen Gedankenaustausch mit der Gesellschaft braucht, durchgesetzt hat. Es könnte ein historischer Tag sein: Der Elfenbeinturm wird eingerissen. Forscher begreifen sich nicht mehr als Lehrmeister der Gesellschaft, sondern als Helfer bei der Lösung von Problemen. Sie hören den Bürgern zu, nehmen die Öffentlichkeit ernst und versuchen zugleich, ihrer Stimme Gehör zu verschaffen. Aber sie lassen sich auch hinterfragen, sind sogar bereit, die eigene Position zu korrigieren. Es könnte.

Doch der Forscher zeigt ein ganz anderes Gesicht. Die Maßnahmen, die angesprochen werden, zielen alle auf eines ab: Wissenschaft besser und professioneller zu präsentieren. Öffentlichkeitsarbeit statt gesellschaftlicher Dialog. Ein 500000 Mark-Aktionsprogramm des Stifterverbandes solle Impulse geben, millionenteure Festivals sind geplant, Auszeichnungen und Kongresse sowie ein Workshop zum Uralt-Thema „Wissenschaft und die Medien“. Natürlich blitzt überall die Vorstellung durch, daß der Bürger nur genug informiert werden muß, um alles zu akzeptieren, was die Herren Wissenschaftler vorschlagen – von der Höhe der Budgets bis zu den Risiken gentechnisch veränderter Nahrungsmittel.

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Das sind Rezepte aus den siebziger Jahren, in den USA und in Großbritannien längst erprobt – und als unzureichend erkannt. Wer wie ich als Wissenschaftsjournalist von der Idee der Partnerschaft zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit motiviert ist und mitzuhelfen versucht, sie zu realisieren, der konnte sich an diesem Tag 20 Jahre jünger fühlen.

Unsere Gesellschaft hat sich in dieser Zeit drastisch verändert: Auf dem Weg in die Wissensgesellschaft werden alle mit Informationen überflutet; was fehlt, sind Gedankenaustausch, Überzeugungskraft, Glaubwürdigkeit. Geblieben aber ist offensichtlich die Ignoranz mancher Forscher, die nicht gemerkt haben, was um sie herum geschieht: Von Dialog reden, ohne zu sehen, daß Zuhören der wichtigere Teil eines Gesprächs ist; nicht realisieren, daß Forschung mehr Transparenz braucht, nicht nur Aufmerksamkeit; erkennen, daß Vertrauen eine Frage des eigenen Verhaltens ist, nicht der Information.

Ein erster Schritt ist nach langer Zeit gemacht, doch der zweite ist schon überfällig. Der Brite Sir John Krebs brachte es in Bonn auf den Punkt: „Noch wichtiger als ‚Public Understanding of ScienceO ist, daß die Wissenschaft lernt, die Öffentlichkeit zu verstehen.“

Reiner Korbmann

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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

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