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Unsichere Lebensversicherung

Gesundheit|Medizin

Unsichere Lebensversicherung

Werdende Eltern bekommen spätestens ab dem dritten Schwangerschaftsmonat über Kliniken und Frauenärzte stapelweise Werbematerial in die Hände, in denen nur „das Beste für Ihr Kind“ versprochen wird. Immer häufiger gibt es nicht nur Infos zu geländegängigen Kinderwagen und Blähungen verhindernden Saugflaschen, sondern auch Angebote von Blutbanken, die das Nabelschnurblut des Babys einfrieren. Denn dieses enthalte schließlich Stammzellen, die dem Kind später einmal gegen viele Krankheiten helfen könnten. Für etwa 2000 Euro bewahren die Firmen dieses „kostbare Gut der Zukunft“ über einen Zeitraum von 20 Jahren auf. Das Kind habe dann gewissermaßen eine biologische Lebensversicherung, beispielsweise gegen Leukämie.

Bisher sind lediglich 3 von 1000 Elternpaaren bereit, Geld für diesen Service auszugeben. Und nach Meinung vieler Experten ist diese Skepsis berechtigt. So hat beispielsweise der EU-Ethikrat, der die europäische Kommission zu neuen Technologien berät, die Wahrscheinlichkeit ausgerechnet, mit der das Blut in den ersten 20 Lebensjahren eines Kindes tatsächlich gebraucht wird. Sie liegt bei 1 zu 20 000. Außerdem stehe bis jetzt der klare Beweis aus, dass die Stammzellen tatsächlich zur Heilung von Parkinson, Diabetes, Krebs oder Herzinfarkt beitragen können. In einem Bericht des Gremiums vom März 2004 heißt es: „Es ist hoch hypothetisch, dass eigenes Nabelschnurblut zukünftig von irgendeinem Wert ist.“ Einige EU-Berater hätten die kommerziellen Nabelschnurbanken am liebsten gleich verboten. Die Mehrheit missbilligt zwar die Banken, sieht in einem Verbot jedoch einen zu starken Eingriff in die Unternehmensfreiheit und die Wahlfreiheit der Eltern.

Durchaus sinnvoll sind für die EU-Experten dagegen Non-Profit-Blutbanken. Diese lagern das Nabelschnurblut kostenfrei ein, allerdings nicht für den Eigenbedarf, sondern beispielsweise für einen passenden leukämiekranken Empfänger. Bei Leukämie ist der Nutzen von Nabelschnurstammzellen nachgewiesen – aber man braucht hierbei keine körpereigenen Zellen.

Prof. Günter Fuhr vom Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik in St. Ingbert will das Einfrieren des eigenen Nabelschnurbluts trotz aller Einwände nicht verdammen. „ Allerdings ist die Methode derzeit noch nicht ausgereift“, meint der Forscher. „Es ist zum Beispiel fragwürdig, dass alle Blutzellen zusammen eingefroren werden – also auch die roten Blutkörperchen. Viel sinnvoller wäre es, diese vorher abzutrennen, da dann die Überlebensrate der aufgetauten Stammzellen steigt.“ Darüber hinaus sei es ungeschickt, das gesamte Blut in einer Portion einzufrieren und nicht aufgeteilt in kleine Einheiten. Dann hätte man für mehrere Therapieversuche ausreichend Material. An Fuhrs Institut wird gerade eine „ Kryoforschungsbank“ eingerichtet, um herauszufinden, wie sich kleinste Zellmengen möglichst lange konservieren lassen.

Allerdings meint auch Fuhr, dass Nabelschnurblut langfristig nicht die optimale Quelle für Stammzellen ist: „Ich bin mir sicher, dass wir spätestens in ein oder zwei Jahren auch bei Erwachsenen geeignete Zellen für eine Therapie mit körpereigenen Stammzellen finden werden. Alles deutet darauf hin, dass es sie im Körper gibt. Aber noch ist unklar, wo.“ Dr. Ulrich Fricke

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Medinfo im September: Chirurgie

COMMUNITY Lesen

Christine Hauskeller

HUMANE STAMMZELLEN Pabst Science Publishers 2002, € 20,–

Internet

Stellungnahme der EU-Ethik-Beratergruppe:

europa.eu.int/comm/ european_group_ethics/docs/avis19_en.pdf

Quellenangaben und Links zu allen medinfo-Themen:

www.wissenschaft.de

Kontakt

Prof. Günter Fuhr

Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik IBMT Ensheimer Straße 48

66386 St. Ingbert

www.ibmt.fhg.de

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