Als Ersten erwischt es einen peruanischen Fischer auf dem Pazifik. Fische und ein seltsames Etwas aus der Tiefe greifen sein kleines Boot an. Dann zerschlagen Wale Ausflugsschiffe vor der kanadischen Küste, degenerierte Hummer vergiften Paris, und vor Norwegens Küste zerstören Würmer den Meeresgrund. Was anfangs wie eine zufällige Verkettung ungewöhnlicher Ereignisse erscheint, erpuppt sich bald als Großangriff, der die Existenz der Menschheit bedroht. „Die Natur“ wehrt sich anscheinend gegen die Zerstörung der Meere und schlägt zurück.
Das könnte auch der Inhalt eines naiven Öko-Romans mit „ verderbten Menschen“ und „lieber Natur“ sein – aber Frank Schätzing hat mit „Der Schwarm“ einen intelligenten Wissenschafts-Thriller geschrieben, in dem die Frage von Gut und Böse nicht so einfach zu beantworten ist.
Schätzing kommt aus der Werbebranche, doch für seinen Roman hat er sich gründlich in die Meereskunde eingearbeitet. Was er über Verhaltensforschung, Methangaslager im Meer, giftige Mikroorganismen oder Monsterwellen schreibt, hat Hand und Fuß: Fast alle Hintergrundinformationen haben auch in bdw gestanden. Natürlich ist sein Buch Science-Fiction, aber die Fakten sind gut recherchiert und manches von dem, was Schätzing sich ausgedacht hat, könnte so ähnlich passieren.
Schätzings Thriller ersetzt ein Sachbuch der Meereskunde und ist trotzdem immer spannend und gut verständlich erzählt. Schätzing schreibt in der Tradition von Ken Follett und Michael Crichton. Er startet mit einem Knaller und er schafft es auf 1000 Seiten, die Spannung zu steigern. Seine Hauptprotagonisten – der norwegische Meeresbiologe Sigur Johanson, der kanadische Walforscher Leon Anawak und die US-Amerikaner Samantha Crowe, die nach außerirdischer Intelligenz sucht, sind Charaktere, deren Schicksal den Leser fesselt.
Schätzing lässt sogar einige real existierende Wissenschaftler mitspielen und mitkämpfen – zum Beispiel die deutschen Meeresforscher Prof. Gerhard Bohrmann (Bremen) und Prof. Erwin Suess (Kiel). Bohrmann wird bei seinem Versuch, die Menschen an den Atlantikküsten zu retten, von manipulierten Haien angegriffen, gegen die er sich nicht wehren kann, obwohl er ein erfahrener Taucher ist. Suess und Bohrmann begleiten Schätzing bei Leseveranstaltungen. Über ihr Schicksal als Romanfiguren sei hier nichts verraten.
„Der Schwarm“ ist schon im März – wenige Wochen nach seinem Erscheinen – in die Bestseller-Listen aufge- stiegen. Verständlich: Wer Thriller, die Wissenschaft und das Meer liebt, den bringt „Der Schwarm“ zum Schwärmen.
Frank Schätzing DER SCHWARM Kiepenheuer und Witsch Köln 2004 1001 S., € 15, 80 ISBN 3–8118–2074–5
Thomas Willke, bdw-Redakteur für Biowissenschaften