Der Alltags-Pädagoge

Deutschlands Note „5″ in der Pisa-Studie hat Joachim Schroeder nicht überrascht. Denn er meint, dass an deutschen Schulen viel zu wenig auf die sprachlichen und kulturellen Eigenheiten der Kinder eingegangen wird. Der gebürtige Stuttgarter ist Professor für Sonderpädagogik an der Universität Frankfurt am Main und beschäftigt sich seit 1992 mit der Bildungssituation in der Bundesrepublik. Derzeit untersucht er, wie sich der Mathematikunterricht in kulturell gemischten Gruppen am besten gestalten lässt. „25 Jahre lang ging es in der Ausländerpädagogik vor allem um Sprachunterricht“, moniert der 43-Jährige. „ Mathematik, dachte man, das kann jeder. Doch auch die Begriffsbildung von Zahlen und das Verstehen von Sachaufgaben will gelernt sein.“

In über zehn Projekten hat Schroeder bereits über Bildung geforscht – von Schulreformen in Lateinamerika bis zur Auswirkung von Zuwanderung und Verarmung auf die Bildungssituation in Hamburg zwischen 1880 und 1990. Anfang der neunziger Jahre hatte der Hauptschullehrer und Sozialpädagoge als Sozialarbeiter in der Tübinger Familienhilfe und einem Stuttgarter Flüchtlingslager gearbeitet. In Baden-Württemberg beteiligte Schroeder sich an der Konzipierung der so genannten Jugendschule in Tübingen. Sie soll als eine zweijährige Verbindung von Sonder-, Haupt- und Berufsschule den Übergang ins Arbeitsleben erleichtern. Dabei stehen Alltagsprobleme im Vordergrund: Wie finde ich einen Job, wie führe ich einen Haushalt, wie vermeide ich Schulden? Auch das Pisa-Dilemma will Schroeder sehr praktisch lösen: Er sucht zur Zeit Freiwillige , die Patenschaften für benachteiligte Kinder übernehmen und sie in ihrer Freizeit betreuen.