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Deutschland sucht die Super-Batterie

Allgemein

Deutschland sucht die Super-Batterie
Unternehmen und Forschungsinstitute arbeiten fieberhaft an neuen Konzepten für marktfähige E-Mobile. Das A und O dabei sind leistungsstarke, sichere und schnell aufladbare Akkus.

Akkus erleben einen zweiten Frühling. Die im Prinzip alte Technologie zum Speichern von elektrischer Energie, die bis vor Kurzem bei vielen Forschern nicht gerade als sexy galt, soll den Weg in die Zukunft der Mobilität ebnen: als Energielieferant für Elektromotoren in Automobilen. Vor allem Lithium-Ionen-Akkus sind gefragt als potenzielle Stromspeicher für künftige E-Mobile. Länder wie Frankreich, die USA, Japan und China pumpen Milliarden Euro in die Erforschung neuer Materialien und technischer Kniffe für die aufladbaren Batterien. Auch Unternehmen aus Asien und Amerika investieren kräftig in die Entwicklung und Fertigung von Akkumulatoren. So entwickelt General Electric zusammen mit staatlichen amerikanischen Stellen einen Hybrid-Bus, in dem Lithium-Ionen-Akkus stecken. Vor den Toren New Yorks errichtet das US-Unternehmen eine neue Batteriefabrik, die 2011 mit der Produktion starten soll. In Deutschland hat die Bundesregierung einen „Nationalen Entwicklungsplan Elektromobilität“ ausgerufen und investiert in diesem Rahmen 700 Millionen Euro. Das Geld erhalten bundesweit neu gegründete Kompetenznetzwerke von Universitäten, Forschungsgesellschaften und Automobilherstellern. Das Ziel: Bis 2020 sollen rund eine Million Autos mit Elektroantrieb über deutsche Straßen surren.

Ein Vergleich belegt, wie bescheiden dieser Plan ist: Die Zielmarke von einer Million E-Autos entspricht der Zahl an Fahrzeugen des japanischen Herstellers Mazda, die heute in Deutschland zugelassen sind – und damit einem Anteil von 2,4 Prozent aller 41,3 Millionen am 1. Januar 2009 zugelassenen Automobile. Die Internationale Automobilausstellung (IAA) im September 2009 in Frankfurt am Main dokumentierte den mageren Status Quo: Zwar präsentierten fast alle Hersteller Elektrofahrzeuge. Doch dabei handelte es sich meist um Studien oder sogenannte Innovationsträger, die in drei, vielleicht auch erst in fünf Jahren in Kleinserien auf den Markt kommen sollen. Die ausgestellten glänzenden Karossen konnten die Hauptprobleme der E-Automobile nicht verbergen: lange Ladezeiten, geringe Reichweiten, hohe Anschaffungskosten und Probleme mit der Sicherheit.

Künftige Akkumulatoren müssen hohen Anforderungen genügen: Die Energiespeicher müssen in Minuten voll geladen sein – und nicht wie bisher erst nach Stunden –, sie müssen schnell viel Leistung abgeben können und genug Kapazität haben, um Fahrten über mehrere Hundert Kilometer zu ermöglichen. Gleichzeitig müssen die Akkus sicher, robust und preiswert sein. Noch arbeiten viele Autohersteller nicht selbst an der Entwicklung der Technologien, um diese Anforderungen zu erfüllen. Stattdessen haben fast alle großen deutschen Automobilunternehmen eilig Allianzen mit Batterieherstellern geschmiedet: Daimler mit Evonik, VW mit Sanyo, BMW mit Bosch und Samsung. Und die Autokonzerne holen sich gerne Rat bei unabhängigen Forschungsinstituten. Zum Beispiel beim Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart: Dort betreibt Joachim Maier, Leiter der Abteilung Physikalische Chemie, Grundlagenforschung zur Lithium-Ionen-Technologie. Sie soll langfristig helfen, den Tank im Auto durch einen Akku zu ersetzen.

Leicht und Wieselflink

„Aus elektrochemischer Sicht schränken die Molekularmasse und andere spezifische Eigenschaften die Auswahl der Werkstoffe für Elektrolyte und Elektroden in Fahrzeugbatterien stark ein“, sagt Maier. Favorit der Forscher für den Akku der Zukunft ist das Leichtmetall Lithium. Ein Blick ins Periodensystem der Elemente verrät, warum: Lithium ist nach Wasserstoff und Helium das drittleichteste chemische Element. „Die Molekülmasse ist sehr gering, Lithium ist hochreaktiv und seine Ionen bewegen sich sehr schnell“, nennt Maier die Vorteile. „Man kann deshalb bei gleicher Masse deutlich mehr Energie speichern als in Akkus, die auf Blei oder Nickel basieren.“

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Mit Lithium lässt sich demnach die Kapazität – die verfügbare Ladungsmenge eines Akkus – steigern, ohne dass der Akku dazu schwerer werden muss. Anwendung findet das Metall in Lithium-Ionen-Zellen, die sich durch eine hohe Energiedichte auszeichnen: Sie können gegenüber anderen Akkutypen deutlich mehr Energie pro Kilogramm speichern. Das erhöht die Reichweite eines damit ausgerüsteten Elektrofahrzeugs. Zum Vergleich: Die Energiedichte eines Lithium-Ionen-Akkus liegt bei 120 bis 190, die von Nickel-Metallhydrid-Akkus, die in vielen bisherigen Elektrovehikeln stecken, beträgt 60 bis 80 Wattstunden pro Kilogramm.

Bisher noch brandgefährlich

Joachim Maier und seine Mitarbeiter wollen die Lithium-Ionen-Akkus weiter verbessern. „Damit sich die Akkumulatoren rasch laden und entladen lassen, müssen die Lithium-Ionen schnell durch den Elektrolyten fließen“, sagt der Stuttgarter Max-Planck-Forscher. Besonders rasch gelingt der Ionentransport in flüssigen organischen Elektrolyten. Die haben allerdings auch Nachteile: Sie sind zwar gute Ionenleiter, andererseits aber leicht entzündlich – ein großes Problem beim Einsatz im Auto. „Man kennt das von Laptop- oder Handy-Akkus, die durch Überladen oder Beschädigung in Brand geraten oder gar explodieren können“, sagt Elektrochemiker Jens Tübke, Koordinator des Fraunhofer-Netzwerks Batterien, in dem das Know-how von 15 Fraunhofer-Instituten gebündelt wird. Das Netzwerk ist Teil des 2009 gegründeten Projekts „Fraunhofer Systemforschung Elektromobilität“ – eines Zusammenschlusses von 34 Fraunhofer-Instituten. Gemeinsam mit der deutschen Automobilindustrie wollen die in diesem Projekt kooperierenden Forscher Deutschland wieder auf einen Spitzenplatz bei der Elektromobilität führen.

Dazu müssen die Autobauer vor allem gegenüber der asiatischen Konkurrenz aufholen. Die Fraunhofer-Forscher entwerfen und erproben grundlegende Fahrzeugkonzepte, Methoden zur Erzeugung und Verteilung von elektrischer Energie, die Integration der Technik in alltagstaugliche Autos – und sie entwickeln neue Technologien zur Energiespeicherung. Ein vielversprechendes Verfahren hat Tübkes Kollege Kai-Christian Möller am Fraunhofer-Institut für Silicatforschung in Würzburg entwickelt: Statt auf flüssige Elektrolyte setzt er auf ein nicht brennbares, ionenleitfähiges Polymer. Damit lässt sich die Sicherheit von Lithium-Ionen-Akkus erheblich verbessern: Nach einem Unfall können Polymer-Elektrolyte nicht auslaufen und brennen. Wie alle festen Elektrolyte haben Polymere aber den Nachteil, Ionen relativ schlecht zu leiten. Der Grund ist vor allem ihr loser Kontakt zu den Elektroden. „Wir versuchen dieses Manko auszugleichen, indem wir im Material regelrechte Pfade für die Ionen anlegen, auf denen sie sich schnell und ungehindert zwischen den Elektroden bewegen können“, erklärt Möller. Auf diese Weise gelang es bereits, die Leitfähigkeit von Polymer-Elektrolyten auf das Zehnfache zu steigern. Damit können es die Polymere locker mit Flüssigelektrolyten aufnehmen. Als nächsten Schritt wollen die Fraunhofer-Forscher das Material fit für den Einsatz in Fahrzeugen machen.

Riesenhafte Oberfläche

Max-Planck-Forscher Joachim Maier hat eine ähnliche Idee im Köcher. Sie vereint die Vorteile von Flüssig- und Feststoffelektrolyten und heißt „Nasser Sand“. Er entsteht, wenn der mit Lithiumsalz angereicherte Elektrolyt mit unzähligen Nanopartikeln aus Siliziumdioxid vermengt wird. Das Siliziumdioxid, dessen Nanopartikel zusammengenommen eine riesige Oberfläche haben, entzieht dem Lithiumsalz viele negativ geladene Ionen und bindet diese. Danach stehen mehr positiv geladene Lithium-Ionen für den Stromtransport bereit. Die Folge: Die Leitfähigkeit steigt. Das nahezu feste und formbare Gemisch – daher der Name „Nasser Sand“ – vereint in sich mehrere nützliche Eigenschaften: Es ist leicht zu verarbeiten, schwer entflammbar und hat dank seiner gelartigen Beschaffenheit einen guten Kontakt zu den Elektroden. Allerdings: Es dauert noch, bis marktreife Akkus mit Nassem Sand verfügbar sind. In drei bis fünf Jahren könnten sie zunächst als Energiespeicher in Laptops, Elektroschraubern oder Digitalkameras zum Einsatz kommen. Hersteller von Elektroautos müssen vielleicht sogar noch zehn Jahre warten, ehe sie die Akkus mit dem Fraunhofer-Polymer in ihren Fahrzeugen einbauen können. Denn dafür müssen die Akkus noch deutlich leistungsfähiger werden. Außerdem müssen etliche Zellen zusammengeschaltet und zuverlässig elektronisch gemanagt werden.

Ziel: Nachladen in der Kaffeepause

Trotz aller Fortschritte: Den perfekten Akku zu bauen erscheint fast unmöglich. Denn eine weitere wesentliche Forderung an Auto-Akkus lautet: Die aufladbaren Batterien müssen bei Bedarf schnell große elektrische Ströme liefern können – etwa um kraftvoll bergauf zu beschleunigen. Gleichzeitig müssen sie in der Lage sein, viel Energie zu speichern, um eine große Reichweite des Wagens zu ermöglichen. Auch das Nachladen des leeren Akkus muss schnell gehen, damit ein Autofahrer sein Elektromobil zum Beispiel während einer Kaffeepause wieder mit Strom auftanken kann. Mit der bisherigen Technologie ist das kaum möglich. Denn Akkus haben zwar eine große Kapazität, doch die Elektroden verhalten sich beim Entladen und Laden sehr träge.

Joachim Maier ist der Lösung dieser Schwierigkeit einen großen Schritt näher gekommen: Er hat eine Pulvermischung aus Lithiumoxid und dem Metall Ruthenium hergestellt, die als negativer Pol eines Akkus dient. Die Kombination verbindet eine hohe Speicherfähigkeit mit einem schnellen Ladungstransport. „In der Elektrode bleibt die Ladung getrennt, wie in einem Kondensator“, sagt Maier. „Sie wird deshalb schnell aufgenommen und kann auch schnell wieder abgegeben werden.“ Gleichzeitig lässt sich mit der neuartigen Elektrode genauso viel Ladung speichern wie mit der Elektrode eines herkömmlichen Akkus. Doch auch diese Technologie steckt noch in den Kinderschuhen und wird die Forschungslabors wohl nicht so schnell verlassen.

In den USA ist derzeit eine Variante des Lithium-Ionen-Akkus auf dem Vormarsch, die zumindest schon ein etwas schnelleres Laden und Entladen ermöglicht. Dafür sorgt eine Lithium-Eisen-Phosphat-Verbindung, die in poröse Kohlenstoff-Elektroden eingelagert wird. Die Poren dieser Elektroden sind zwischen 2 und 50 Nanometer klein. Wie Wasser in einem weitverzweigten Flussdelta können Lithium-Ionen und Elektronen in das fein verästelte Netz der Elektroden-Hohlräume strömen. Dadurch ist viel Ladung schnell speicherbar und verfügbar. Der Elektrogerätehersteller Black & Decker baut solche Akkus bereits in Bohrmaschinen ein.

Ein Unternehmen, das von den Erkenntnissen der Forschung profitiert, ist die Li-Tec Battery GmbH. Die Firma wurde 2005 gegründet und gehört seit Ende 2008 dem Chemie- und Energiekonzern Evonik und dem Automobilbauer Daimler. Vom sächsischen Kamenz aus haben 200 Mitarbeiter zur Aufholjagd der deutschen Industrie im Rennen um die Technologieführerschaft bei Lithium-Ionen-Akkus geblasen. „Die Lithium-Ionen-Technologie ist ein hart umkämpfter Markt“, sagt Li-Tec-Marketingchefin Claudia Brasse. Experten schätzen das Marktvolumen für 2020 auf bis zu 40 Milliarden Dollar (27 Milliarden Euro). Heute sind es 900 Millionen Dollar. Ab 2012 sollen Elektroautos und Hybridfahrzeuge, die mit Akkuzellen von Li-Tec ausgerüstet sind, serienmäßig vom Band laufen.

Der Clou des „Cerio“-Akkus aus Sachsen: Er verfügt über eine mit Keramik-Partikeln beschichtete hauchdünne und biegsame Membran. Dieser „Separator“ trennt Kathode und Anode zuverlässig voneinander und ist trotzdem durchlässig für Lithium-Ionen, die beim Laden der Zelle von der Kathode durch den Ionenleiter mit der Trennmembran zur Anode wandern. Beim Entladen bewegen sie sich in umgekehrter Richtung zurück zur Kathode und setzen dabei elektrische Energie frei. Der besondere Aufbau soll die Akkus sicherer und langlebiger machen. So verkraftet der Separator unbeschadet Temperaturen von 700 Grad Celsius. Die Brandgefahr ist so gebannt. Dabei ist die Zelle, die das Format einer Wandfliese hat, nur zwölf Millimeter dünn. „100 Cerio-Zellen mit einer Kapazität von je 40 Amperestunden genügen, um ein Elektroauto 150 Kilometer weit fahren zu lassen“, sagt Brasse. Und Tests belegen: Die Zellen halten rund 400 000 Kilometer durch. Damit ist ein Austausch der teuren Akkupacks in einem durchschnittlichen Autoleben nicht nötig.

Noch 2010 will die Firma e-Wolf aus Neuenrade bei Lüdenscheid den Leichtbau-Sportwagen „e1″ auf den Markt bringen. Der exotische Renner wird angetrieben von Cerio-Zellen, die 110 Kilowatt (150 PS) Leistung für eine Spitzengeschwindigkeit von 250 Kilometer pro Stunde bereitstellen und 300 Kilometer Reichweite ermöglichen sollen. Dank der leichten Akkupacks wiegt der Flitzer weniger als 500 Kilogramm. Eine andere Zielgruppe spricht das Nutzfahrzeug „Fumo E1″ von Multicar aus dem thüringischen Waltershausen an. Ab 2010 soll der ebenfalls durch Cerio-Zellen mit Strom versorgte Mini-Lkw Stadtwerken, Gärtnereien und Baufirmen angeboten werden. Multicar verspricht eine Reichweite von 200 Kilometern für das 120 Kilowatt starke Vehikel. 2012 will auch Daimler Ernst machen – und einen mit Li-Tec-Zellen ausgerüsteten E-Smart auf den Markt bringen. Mehrere Mercedes-Modelle sollen folgen. Die Pläne bringen die Fertigung bei Li-Tec in Schwung: 2009 wurden in Kamenz etwa 300 000 Zellen produziert, ab 2011 sollen es mehrere Millionen pro Jahr sein. Allerdings: Allein der japanische Weltmarktführer Sanyo stellt pro Jahr über 700 Millionen Lithium-Ionen-Akkus her.

Zäher Fortschritt

Unternehmen wie Li-Tec zeigen, dass sich die aussichtsreichen Lithium-Ionen-Akkus schon heute in Autos einsetzen lassen. „Es gibt viele hoffnungsvolle Ansätze“, sagt Fraunhofer-Experte Jens Tübke. „Aber ein Elektroauto, das alle Ansprüche erfüllt, die man heute an einen Benziner stellt, wird es in den kommenden zehn Jahren wahrscheinlich nicht geben.“ Das liegt auch an den langen Entwicklungszeiten: „Beim Lithium-Eisen-Phosphat-Akku hat es acht Jahre gedauert, bis die Technik praxisreif war“, stellt Tübke fest. „Und die Auto- mobilindustrie entwickelt ihre Modelle über ähnlich lange Zeiträume.“ Claudia Brasse von Li-Tec pflichtet bei: „Es handelt sich um eine komplexe Technologie, in der man Kompetenzen aus Physik, Elektrochemie und Mechatronik miteinander verbinden muss – daher sind Kooperationen zwischen Industrie und Forschung so wichtig.“ Brasse ist zuversichtlich, dass die Zusammenarbeit letztlich von Erfolg gekrönt sein wird: „ Deutschland hinkte international lange hinterher, doch nun holen wir zügig auf.“ Dafür hat allein Evonik bislang rund 100 Millionen Euro in die Batterie-Entwicklung gesteckt. Weitere Mittel fließen aus einem 59 Millionen Euro umfassenden Fördertopf des Bundes. Brasse ist überzeugt, dass deutsche Hersteller in etwa zwei Jahren das Niveau der asiatischen Konkurrenz erreichen oder übertreffen können.

Den Umstieg lange verpasst

Das Klammern an Altbewährtem war bisher das Problem der deutschen Autoindustrie, die das Geschäft vor allem mit Entwicklung und Verkauf von Verbrennungsmotoren und Antriebstechnik verdient. Für die Konstruktion von Energiespeichern, Hybrid- und Elektroantrieben kann dieses Wissen kaum genutzt werden. Auch deshalb wird plötzlich so viel Geld in die Entwicklung alternativer Antriebskonzepte gepumpt: Man hat über Jahrzehnte den Einstieg in den Umstieg verpasst. Weil Öl knapper und teurer wird, wird zwangsläufig auch die Investitionsbereitschaft in die Akku-Technologie wachsen. Damit wird wahrscheinlich auch ein für die Autokäufer entscheidendes Manko beseitigt: der hohe Preis. Die frühere Bundesregierung von Union und SPD bezifferte den Mehrpreis für ein Elektroauto auf 5000 Euro und plante ab 2012 eine Prämie für Autokäufer in Höhe dieser Summe, um den Markt anzukurbeln. Fraunhofer-Experten rechnen mit satten 15 000 Euro Aufpreis für eine Akkutechnik, mit der Fahrten von über 100 Kilometern möglich sind. „Steigt die Nachfrage für Stromantriebe, werden allerdings die Kosten niedriger“, erwartet Jens Tübke. Die Preise für Hochleistungsakkus könnten gegenüber heute rasch um die Hälfte sinken, sobald die Massenproduktion anläuft. Dennoch: Ob der Preis eines Elektro-Smarts je mit den Kosten der konventionellen Version des Kleinwagens vergleichbar sein wird, ist zweifelhaft. ■

Martin Borré ist Technikjournalist in Köln und Mitgründer des Redaktionsbüros Viermann. Dieser Beitrag ist sein Debüt in bdw.

von Martin Borré

Viel älter als Otto

Die Idee, Fahrzeuge mit elektrischem Strom zu bewegen, ist nicht neu. Den ersten praxistauglichen Elektromotor entwickelte der deutsch-russische Ingenieur Hermann von Jacobi bereits 1834 – rund 40 Jahre bevor Nicolas August Otto den später nach ihm benannten Verbrennungsmotor erfand. Um das Jahr 1900 waren batteriebetriebene Fahrzeuge auf den Straßen sogar häufiger zu sehen als solche, die zum Antrieb Benzin verbrannten. Deutsche Ingenieure waren besonders innovativ: So präsentierte Ferdinand Porsche auf der Weltausstellung 1900 in Paris sein Elektroauto „ Lohner-Porsche“, das über Radnabenmotoren an der Vorderachse verfügte.

Der aus Böhmen stammende Fahrzeugpionier erkannte schon damals den größten Vorteil des Elektroantriebs: seine hohe Effizienz. Denn elektrisch betriebene Automobile brauchen weder ein Getriebe noch andere mechanische Elemente zur Kraftübertragung. Doch die vor 100 Jahren verfügbaren Stromspeicher ermöglichten nur kurze Fahrten von ein paar Dutzend Kilometern, bevor sie zeitraubend wieder aufgeladen werden mussten. Daher hatten die E-Vehikel keine Chance. Zwar stellte Ferdinand Porsche 1901 noch das weltweit erste Hybridfahrzeug vor – doch als Benzin in großen Mengen lieferbar und damit erschwinglich wurde, begann die Epoche der Verbrennungsmotoren.

Kompakt

· Lithium ist das Material der Wahl für künftige Automobil-Batterien.

· Polymere, Nanopartikel oder Keramik- membranen sollen die Brandgefahr von Lithium-Ionen-Akkus bannen.

E-Mobil, Marke Eigenbau

Wie kamen Sie auf diese Idee?

E-Autos interessieren mich schon lange. Mir gefällt der Umweltaspekt, vor allem aber die Technik. Die Automobilhersteller zeigen seit Jahren Studien und geben Versprechen ab – aber sie bringen keine Autos auf den Markt. Mich hat gereizt zu zeigen, dass es möglich ist, mit bescheidenen Mitteln ein Elektroauto zu bauen. Inklusive aller Bauteile und TÜV-Gebühren habe ich rund 12 000 Euro investiert.

Woher hatten Sie das Know-how und die Bauteile?

Ich habe etwas Physik und Informatik studiert. Und ich bin ein Bastler, der vieles ausprobiert und neugierig ist. In einem Jahr habe ich rund 1300 Arbeitsstunden in das Projekt gesteckt. Noch mehr Zeit als in der Werkstatt habe ich aber vor dem PC verbracht. Die richtigen Bauteile zu finden, ist manchmal aufwendig. Die Steuerung habe ich bei eBay ersteigert, den Standard-Motor für 400 Euro gekauft.

Was war technisch besonders schwierig?

Bis heute habe ich keine richtige Akku-Ladestandsanzeige. Auch die Heizung war ein Problem, weil ich ja ohne Verbrennungsmotor keine Wärme erzeuge. Der TÜV verlangt aber ein Heizgebläse für die Frontscheibe. Also musste ich eine elektrische Heizung einbauen.

Wo haben Sie die Akkus her?

Ich habe 150 Lithium-Eisenphosphat-Zellen in China bestellt. Jede Zelle liefert 20 Amperestunden Strom bei 3,2 Volt Spannung. Der Pack wiegt nur 80 Kilogramm und kostete 5000 Euro – das ist recht preiswert für die gebotene Leistung.

Wie lief die TÜV-Prüfung?

Die TÜV-Mitarbeiter waren skeptisch. So was sehen die nicht jeden Tag. Die Akkus hatte ich im Kofferraum untergebracht, das war aber zu unsicher. Daher habe ich sie in den Motorraum gepackt. Ansonsten war den Prüfern der Corsa etwas zu rostig. Kein Wunder: Der ist Baujahr 1994.

Mehr zum Thema

Internet

Nationaler Entwicklungsplan Elektromobilität der deutschen Bundesregierung: www.bmbf.de/de/13886.php

Fraunhofer-Magazin „weiter.vorn“ 4/09 mit dem Titelthema Elektromobilität (als pdf): www.fraunhofer.de/Images/ weitervorn4– 2009_tcm7–28099.pdf

Arbeitsgruppe von Joachim Maier am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung: www.fkf.mpg.de/maier

Gute Informationen über Elektrofahrzeuge: www.zukunft-elektroauto.de

Keramik-Separatoren für Lithium-Ionen- Batterien – nominiert für den Deutschen Zukunftspreis 2007: www.deutscher-zukunftspreis.de/content/team-2–0

Umfassende Übersicht zu Elektroautos: www.hybrid-autos.info/elektro-fahrzeuge

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