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Frau Chakrabortys grüne Kartoffeln

Erde|Umwelt Technik|Digitales

Frau Chakrabortys grüne Kartoffeln
Indien erobert einen weiteren Hightech-Bereich: die grüne Gentechnologie. Das Ziel der Forscher sind Kartoffeln und Bananen mit mehr Nährwert.

Vor dem Fototermin zupft Subhra Chakraborty noch einmal zärtlich an ihren Schützlingen, wischt ein paar Erdkrümel weg, dreht sie zur schönsten Seite. Dann nimmt die kräftige Frau im hellblauen Sari die braunen Knollen mit beiden Händen und präsentiert sie stolz der Kamera, als hätte sie soeben ein paar Goldnuggets aus dem Boden geholt. „Die sehen eigentlich ganz normal aus, oder?“

Chakraborty ist natürlich keine Goldsucherin, sondern Biotechnologin an der renommierten Jawaharlal Nehru University (JNU) in Neu Delhi. Die Knollen in ihren Händen sind dennoch kleine Kostbarkeiten: Prototypen einer gentechnisch veränderten Kartoffel, der so genannten Protato. Sie gehört zu den ersten nahezu marktreifen Gentech-Pflanzen, bei denen es nicht nur um Schädlingsresistenz oder höhere Erträge geht, sondern vor allem um höheren Nährwert. Mindestens genauso wichtig: Sie ist ein Hightech-Produkt komplett „made in India“.

Das Forscherteam um Assis Datta, den Leiter des „National Centre for Plant Genome Research“ (NCPGR) auf dem JNU-Campus und seine wichtigste Mitarbeiterin Subhra Chakraborty hat mit der Protato bewiesen, dass es das molekularbiologische Handwerk beherrscht. Die Wissenschaftler isolierten aus der Amaranth-Pflanze, dem eiweißreichen „Wunderkorn der Indios“, das AmA1-Gen und pflanzten es in die Kartoffel ein. Die so entstandene Protato vereint die Vorteile beider Pflanzen. Sie ist so billig und robust wie die Kartoffel und lässt sich leicht in großen Mengen anbauen. Zugleich verfügt sie über den deutlich höheren Gehalt an ernährungswichtigen Aminosäuren und den hohen Proteingehalt von Amaranth, etwa 45 Prozent mehr als normale Kartoffeln – daher der Name Protato statt Potato.

Die Proteinkartoffel symbolisiert das wachsende wissenschaftliche und wirtschaftliche Selbstbewusstsein des Subkontinents. Sie ist kein Produkt aus den Laboren von transnationalen Agrarkonzernen wie die Gentech-Baumwolle – der „ BT-Cotton“ – von Monsanto, die die indischen Bauern bereits anbauen. Die Protato ist ein unbestritten indisches, öffentlich finanziertes Gewächs, mit dem keine Firma Kasse machen kann: Datta und Chakraborty haben sich die Protato patentieren lassen, die Rechte aber zur Nutzung freigegeben. „Jeder, der eine Idee hat, soll mit unserem Wissen arbeiten können“, versichert Datta.

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Gemüse Marke Eigenbau wird der grünen Gentechnik in Indien und anderen Schwellenländern vermutlich noch mehr Auftrieb geben. Zwar liegen die Vereinigten Staaten mit über der Hälfte der transgenen Anbauflächen auf der Welt immer noch weit vorn. Aber die Schwellenländer holen auf, berichtet die Nonprofit-Lobbyorganisation ISAAA (International Service for the Acquisition of Agri-Biotech Applications) in ihrem im Januar veröffentlichten Jahresbericht: 2004 ist zum ersten Mal die transgene Anbaufläche in den Entwicklungsländern stärker gewachsen (um 7,2 Millionen Hektar) als in den Industrieländern (um 6,1 Millionen Hektar). 90 Prozent der Landwirte, die transgene Pflanzen anbauen, stammen aus Schwellen- und Entwicklungsländern.

Die Vorteile sind auf den ersten Blick plausibel: In den besonders heftig von Schädlingen heimgesuchten Tropen versprechen genveränderte herbizidresistente Nutzpflanzen einen größeren Vorteil gegenüber dem traditionellen Anbau als in den gemäßigten Breiten. Zudem können auch wenig gebildete Kleinbauern leicht mit genveränderten Pflanzen umgehen, bei denen die Vorteile einfach im Produkt eingebaut sind. Die komplizierten Vorschriften der biologisch-dynamischen Landwirtschaft wären für sie eher verwirrend.

„Das Potenzial der grünen Gentechnik beweist die bereits erwähnte BT-Baumwolle, die dank des gentechnischen Eingriffs ein eigenes bakterielles Toxin gegen Schädlinge produziert“, sagt Matin Qaim, Agrarökonom an der Universität Hohenheim bei Stuttgart. Er fand heraus, dass der Ertrag bei Feldversuchen auf gut 150 indischen Farmen im Durchschnitt um 80 Prozent stieg. „ Unsere Forschung zeigt, dass transgene Sorten eine praktikable Lösung sein können“, sagt Qaim. „Wir haben Baumwolle untersucht, aber die Ergebnisse ließen sich prinzipiell auf Nahrungsmittelpflanzen übertragen, weil sie ähnliche Ertragseinbußen durch Schädlinge haben“, erklärt sein kalifornischer Forschungspartner David Zilberman, Agrar- und Ressourcenökonom an der University of Berkeley. Bei Entwicklungsländern mit hohem Bevölkerungswachstum und stagnierenden Ackerlandflächen käme man um die grüne Gentechnik nicht herum.

Neben China und Südamerika werde deshalb Indien maßgeblich dazu beitragen transgene Pflanzen weiter durchzusetzen, folgert ISAAA-Vorsitzender Clive James: „Gentechnisch veränderte Pflanzen haben den Durchbruch geschafft und werden eine Schlüsselrolle für den Wachstumsmarkt der Zukunft einnehmen.“

Ein trauriges Szenario, meint Devinder Sharma, einer der prominentesten Kritiker der grünen Gentechnik in Indien. Der studierte Agrarwissenschaftler und freie Publizist ist auch in Deutschland bekannt: Der Gründer des Forums „Biotechnology and Food Security“ diskutiert schon mal mit Verbraucherschutzministerin Renate Künast auf einem Podium und wird selbst in Kommissionen des Deutschen Bundestages gehört.

In seiner Wohnung nahe der Nehru-University sitzt Sharma im traditionellen Baumwoll-Punjabi vor einer Kollektion von Konferenzplakaten und an die Wand gepinnten Namenskärtchen aus den USA, Kanada und Deutschland und wettert wortmächtig und mit den Armen wedelnd gegen Protato, Gentech-Reis und BT-Baumwolle: „ Alles Seifenblasen aus dem Mülleimer der Gen-Industrie.“

Qaim und Zilberman unterstellt Sharma Befangenheit. Sie hätten ignoriert, dass sich das teure Saatgut je nach Bodenbeschaffenheit oder Klima nicht überall in Indien erfolgreich einsetzen lasse. Oft entwickelten die Schädlinge bereits nach wenigen Jahren Resistenzen gegen das Gift der Gentech-Pflanzen. Dann müssten die Bauern noch zusätzlich Geld für Pestizide aufbringen. Dies treibe die Landwirte angeblich in Abhängigkeit und in Armut, sogar Selbstmorde habe es deshalb bereits gegeben.

Vor allem aber bezweifelt Sharma, dass eine mögliche Produktivitätssteigerung mithilfe der Gentechnik die Armut und den Hunger in Indien, Bangladesch oder Pakistan verringern könnte. Dort sind nach Angaben der UNO-Landwirtschaftsorganisation FAO 20 bis 30 Prozent der Bevölkerung unterernährt.

„Und was bringt der hochgelobte Golden Rice mit seinem gesteigerten Vitamin-A-Gehalt, wenn die Armen noch nicht mal den normalen Reis bezahlen können?“ Mit herkömmlichem Anbau ließe sich oft eine genauso große Ernte erwirtschaften wie im veränderten Hochertragsanbau. Das habe sich in Bangladesch gezeigt. Die beste Waffe gegen den Hunger in Indien sei eine bessere Vorratshaltung und Verteilung, denn eigentlich habe das Land ausreichend Nahrungsmittel, selbst die Mangelgebiete produzierten Überschüsse. „Doch viele Tonnen fressen die Ratten und ein weiterer Teil verrottet“, meint Devinder Sharma.

Er hat in den Nährwerttabellen nachgeschlagen und festgestellt, dass normale Hülsenfrüchte zehnmal mehr Proteine besitzen als die genveränderten Kartoffeln. „You say protato, I say pulses (Hülsenfrüchte)“, formuliert er in Anspielung auf einen Song von Ella Fitzgerald. „Leute, esst Bohnen! Die Protato ist doch nur ein weiteres Trojanisches Pferd der internationalen Gen-Industrie.“

Doch von solchen Argumenten lassen sich die JNU-Wissenschaftler kaum beeindrucken. „Natürlich kann man mit einer einzigen Gentech-Pflanze nicht den Hunger in der Welt oder auch nur in Indien beseitigen“, sagt Assis Datta. „Aber mit zwei oder drei solcher Pflanzen können wir vielleicht dazu beitragen, und das wäre doch schon etwas.“

Und der massige Institutsdirektor fährt fort: „Indien kann es sich nicht leisten, das Potenzial der genveränderten Pflanzen unbeachtet zu lassen.“ Was die Hülsenfrüchte angeht: „Die sind für die Armen schlicht zu teuer.“

In Indien zähle ganz allein der Preis, urteilt auch Ranjana Smetacek, die als Monsanto-Lobbyistin in einer Villa im Regierungsviertel von Delhi residiert. Den Bauern sei egal, was mit dem Saatgut geschehe, „Hauptsache der Ernteertrag stimmt“. Sie bestreite auch gar nicht, dass Devinder Sharma mit seiner These Recht hat, die absolute Nahrungsmittelproduktion im Lande könne alle Menschen sättigen. „Aber in der Praxis wird nicht umverteilt, das hat inzwischen wohl jeder außer Sharma kapiert“, schimpft die elegante Mitdreißigerin: „Die Genkritiker jetten durch die Welt und verklären die Armut.“ Dabei wollten die Menschen Wohlstand und Fortschritt. „Meinen Sie, in Indien würde auch nur ein Mensch in den Bioladen gehen?“

Ein Streit über Pro und Kontra der Gentechnik findet in Indien kaum statt. Kritiker wie Devinder Sharma werden vielleicht noch in Delhi und Bombay gehört, ansonsten kennt man sie eher in Europa als im eigenen Land. Unwidersprochen kann daher Datta versichern, dass Bauern und Verbraucher gerne auf genveränderte Produkte wie die Protato zurückgreifen werden, sobald sie von ihrem verbesserten Nährwert hören. „Die Menschen werden diese Produkte lieben!“ Schon versprechen Minister in den indischen Zeitungen eine flächendeckende Schulspeisung mit der Gentech-Kartoffel.

Es bestehe wenig Zweifel, dass bald die Protato-Pflanzen auf indischen Felder blühen werden, versichert auch die Gentechnikerin Chakraborty, während sie gemeinsam mit ihrem Chef durch die Räume führt, wo unter bläulichem Kunstlicht Tausende von zarten Kartoffelsetzlingen in Reagenzgläsern auf die nächste Runde draußen auf dem Acker warten. In mehrjährigen Feldversuchen wurde bereits sichergestellt, dass die Setzlinge gleich bleibende Qualität liefern. In Tierversuchen wurden sie auf Toxizität und Allergene getestet. Jetzt prüfen die Behörden das Kartoffel-Experiment. „Sobald wir deren Okay haben, können wir an die Vermehrung gehen und die Kartoffel auf den Markt bringen“, seufzt Chakraborty. „Endlich!“

Die Protato wurde noch in den alten, engen Laboren entwickelt, wo der Putz bröckelt und Kabel herumhängen – Indien, wie man es sich vorstellt. Eigentlich ist die Zeit ja knapp, aber diesen Eindruck will Datta dann doch noch korrigieren. Schnell lässt er seinen Chauffeur den eierschalenfarbenen Ambassador vorfahren, raus aus dem Campus, wo Studenten an einem Gebäude gerade ein Plakat aufgehängt haben: „The only solution is revolution.“ Der Wagen fährt vorbei an Bougainvillea-Hecken, streunenden Hunden, ruckelt über die Schlaglöcher im Asphalt.

Ein paar Straßen weiter bleibt die Limousine vor einer gigantischen Baustelle auf freiem Feld stehen: Auf 60 000 Quadratmetern entsteht hier der Neubau des National Centre for Plant Genome Research: ein riesiger futuristischer Bau, der einen Max-Planck-Direktor glücklich machen könnte. Eigene Wohnhäuser stehen für Forscher und Gastwissenschaftler bereit, weite Flächen für Versuchsfelder. Datta springt aus dem Auto, holt tief Luft und beschreibt mit einem Arm einen weiten Bogen über das Gelände, als spräche ein Feldherr: „Das hier wird Indiens biotechnologisches Silicon Valley.“

An Selbstbewusstsein mangelt es den Forschungsdirektoren nicht, auch nicht im südindischen Thiruchirapalli, abgekürzt „ Trichy“. Die goldene Schrift auf der purpurfarbenen Plakette über der Stoßstange des blitzblanken Tata-Jeeps kündigt es an: Hier kommt S. Sathiamoorthy, der „Director of the Banana Institute“. Sein Fahrer grinst nur, wackelt mit dem Kopf und sagt „Sorry“, als er beim Voranpreschen eine Straßenkuh streift, die hier immerhin als heiliges Tier gilt. Sathiamoorthy ist ein Mann mit einer Mission.

Als Chef des NRCB (National Research Centre on Banana) von Amts wegen oberster Bananenforscher des Landes soll S. Sathiamoorthy die mit 40 Millionen Tonnen Jahresproduktion wichtigste Nutzpflanze Indiens vor dem Verderben bewahren. Deshalb hat auch ihm der Staat vor wenigen Jahren ein großzügiges, modern ausgestattetes Forschungsgebäude auf die grüne Wiese gestellt. An den Toren wachen Soldaten mit geschultertem Gewehr.

Beim Rundgang durchs Institut führen Sathiamoorthys Mitarbeiter die Widersacher der Banane vor. Schwarze Käfer krabbeln über die Handflächen der Laboranten, Faden- und Rundwürmer winden sich in Bechergläsern. Mit ernstem Blick hält Raman Thangavelu zwei Reagenzgläser in die Höhe, in denen der Schimmel wuchert: „Das sind die beiden größten Plagen.“

Bereits vor 50 Jahren hatte der Pilz mit dem Namen „Fusarium wilt“ die Panamakrankheit ausgelöst, die zur Folge hatte, dass die damals vorherrschende Bananensorte Gros Michael ausgelöscht und durch die südchinesische Cavendish ersetzt wurde, die sich auch in deutschen Supermärkten findet.

Seit etwa 30 Jahren breitet sich jedoch mit Black Sigatoka eine neue Pilzkrankheit aus, die zum Beispiel in Kuba die Bananenproduktion zeitweise fast ganz zum Erliegen gebracht hat und in anderen Ländern den Ertrag um fast 50 Prozent reduzierte. Insbesondere die Monokulturen in den großen südamerikanischen Plantagen haben den Schädlingen den Weg frei gemacht. Und da Kulturbananen nicht geschlechtlich vermehrt werden, kann der Genpool der Pflanzen den Pilzen nichts entgegensetzen.

Nur durch extremen Pestizid-Einsatz können manche Anbaugebiete in Südamerika und Afrika die Produktion überhaupt noch aufrecht erhalten. Sathiamoorthy berichtet, wie er bei einem Besuch in Kamerun erfahren habe, dass dort die für den Export bestimmten Bananen bis zu 40-mal pro Ernte mit Pestiziden besprüht wurden. „ Ihr Menschen in Westeuropa esst die giftigsten Bananen der Welt“, sagt der Forscher mit einem schiefen Lächeln.

Der biologische Wettbewerbsvorteil der indischen Bananen lag bislang in ihrer genetischen Vielfalt. Rund 1000 unterschiedliche Bananensorten zählen die Botaniker. Aber natürlich pflanzen auch die südindischen Bananenbauer vor allem die wenigen wirklich ertragreichen und populären Sorten an. Nicht zuletzt deshalb sind Black Sigatoka und Varianten wie Yellow Sigatoka mittlerweile in Südindien angekommen.

Ortstermin auf einer Plantage beim Dorf Koppu im Bundesstaat Tamil Nadu. Bauer Dharmaraj, 39, ein Hüne in Jeans und Streifenhemd, mit dem weißen Punkt der Hindus auf der Stirn, führt durch seinen Bananenwald, einen der größeren im Ort. Goldengrün schimmert die Tropensonne durch die weit aufgefächerten Blätter, dazwischen blauer Himmel – alles sehr idyllisch.

Doch dann dreht Dharmaraj ein Blatt um und weist auf eine braune Stelle, entdeckt woanders ein spinnennetzartiges Gewebe. „ Dabei ist es dieses Jahr nicht schlimm. In schlechten Jahren machen wir wegen der Schädlinge 40 Prozent Ernteverlust. Und wenn die Samen bereits infiziert sind, gibt es auch schon mal 90 Prozent Verlust.“

Abhilfe tut Not: Massiver Gifteinsatz ist in Indien schon aus Kostengründen keine Option. Auch resistentere Sorten lassen sich nicht einfach auf konventionellem züchterischem Wege einkreuzen, weil die als Stecklinge vermehrten Bananen keine Samen besitzen. Es kann Jahrzehnte dauern, um eine neue Bananensorte zu züchten. „ Deshalb ist die Gentechnik der beste Weg, eine schädlingsresistente Banane zu entwickeln“, folgert Sathiamoorthy.

Sein Kapital ist die Genbank des Instituts. „Seit 1965 erforschen die Wissenschaftler des NRCB die Eigenschaften der indischen Bananensorten, seit neun Jahren suchen wir gezielt nach seuchen- und krankheitsresistenten Genen“, erläutert Sathiamoorthy. „Und wir sind fündig geworden.“ Deshalb habe man sich mit den Biotechnologen der katholischen Universität Leuwen in Belgien zusammengetan, wo der führende Bananengenetiker der Welt arbeitet: Rony Swennen. Trichy liefert die Gene, Leuwen die Technologie. Gerade sind Sathiamoorthys Leute in Leuwen zum Training. Und so könnte es sein, dass in wenigen Jahren aus einem südindischen Labor eine transgene Banane eine Reise um die Welt antreten und dem schädlichen Pilz Black Sigatoka den Garaus machen wird. So zumindest träumt Sathiamoorthy.

Ach was, noch viel mehr könnte sich der Bananendirektor vorstellen, der aus seiner Verachtung der südamerikanisch-europäischen Bananenconnection keinen Hehl macht. „Die indische Regierung sollte endlich die notwendigen Schritte unternehmen, um die Artenvielfalt in Europa und den USA bekannt zu machen“, schimpft er. „Wenn die Europäer wüssten, wie unterschiedlich Bananen schmecken können, würden sie wahrscheinlich nach mehr als einer Sorte verlangen!“

Wenn die Deutschen, die Engländer und die Spanier doch nur etwas von der roten Bergbanane Rasthali wüssten. „Die sieht nach nichts aus, ist schrecklich fleckig, schmeckt aber ungeheuer gut nach Apfel – und hilft gegen Magengeschwüre.“ Sobald man die Schädlingsprobleme im Griff habe, könne man sich daran machen, auch dieses kosmetische Problem auf transgenem Weg zu lösen. Sathiamoorthy beugt sich an seinem Schreibtisch nach vorn, schaut mit stechendem Blick durch seine dicken Brillengläser: „Meinen Sie, die Europäer wären an solchen Bananen interessiert?“

Zurück zu den Kartoffeln: Im Central Potato Research Institute in Shimla im Bundesstaat Himachal Pradesh haben die Forscher vor Kurzem eine neue Lieferung der von Subhra Chakraborty entwickelten Kartoffeln bekommen. Die Versuchsfelder stehen bereit, um auch hier die Laborgewächse aus der Hauptstadt zu testen, in den Vorgebirgen des Himalajas, wo bereits die weißen Spitzen der Schneeberge vom Horizont grüßen, wo es im Winter bitter kalt wird, aber die Kartoffeln das wichtigste Lebensmittel sind.

An der Einfahrt zum Institut hat man einen rosafarbenen Marmorobelisken errichtet, in den alle neuen Kartoffelsorten eingraviert werden. 35 Namen stehen dort bereits, etwa: Kufri Kisan, Kufri Chandramukli oder Kufri Chipsona-2.

Fragt man Direktor Paul Khurana nach der Zukunft der indischen Gentechnik, zeigt der Forscher mit der Hornbrille und der Wollmütze mit seinem Daumen stumm auf das Papier, dass an einer Wand seines Büros zwischen einem Gandhi-Porträt und einem Kartoffelfoto hängt: „Was die Welt braucht, sind mehr Menschen, die sich auf das Unmögliche spezialisieren.“

Davon sind auch Assis Datta und sein Team in Delhi überzeugt: Schon sprießen neben den Protato-Setzlingen erste genveränderte Tomaten. Bald sollen dort auch Reis-, Cassava-, Soja- und Spinatpflänzchen wachsen. ■

ANDREA SCHUHMACHER lebt in München und berichtete in bdw 9/2003 aus Äthiopien über den Kampf gegen die Schlafkrankheit.

Andrea Schuhmacher

Ohne Titel

• Indische Forscher entwickeln Gentech-Produkte gezielt für den indischen Markt.

• Sie verändern die Eiweißzusammensetzung und machen die Pflanzen robuster.

• Ihre Forschung soll vor allem die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nährstoffen verbessern und und trifft darum kaum auf Ablehnung.

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