Wie kamen Sie darauf, Tanzschaffende mit Neurowissenschaftlern zusammenzubringen?
Ich beschäftige mich schon lange damit, wie ich Bewegungsausführungen mithilfe von Denkprozessen verbessern kann. Durch Zufall erhielt ich eine Anfrage der Abteilung Neurokognition und Biomechanik der Universität Bielefeld, die für ein Forschungsprojekt Tänzer brauchte. Seither arbeiten wir zusammen.
In welcher Weise befruchtet die Hirnforschung Ihre Arbeit?
Die Entdeckung der Spiegelneuronen und das Wissen über ihre Funktion sind für Tanzpädagogen unglaublich wichtig. Sie sorgen dafür, dass man auch Bewegungen, die man nicht ausführt, sondern nur sieht, im Gehirn verarbeitet. Das ausschließliche „Üben, üben, üben” ist damit als pädagogisches Konzept überholt.
Nutzen Sie die Forschungsergebnisse bereits zum Einstudieren von Tänzen?
Ich habe aufgrund neurologischer und biomechanischer Erkenntnisse eine Lehrmethode entwickelt, die den Kanon des klassischen Tanzes auf wenige Kernelemente reduziert. So lässt sich die innere Architektur komplizierter Bewegungsabläufe gut vermitteln, und man vermeidet, dass falsche Bewegungen antrainiert werden.
Wenn Sie Hirnforscher wären, welchen Aspekt des Tanzens würden Sie noch genauer untersuchen?
Im Moment tappen wir alle im Dunkeln, was einen guten Choreografen ausmacht. Erst der choreografierte Tanz offenbart das Talent. Hier könnte die Hirnforschung einen wichtigen Beitrag zur Begabungsdiagnostik leisten.