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Die Asbest-Killer

Allgemein

Die Asbest-Killer
Ein kriechender Roboter und ein Spray mit Geheimrezept: Neues zur Asbest-Sanierung.

Wie eine Manschette umfaßt Boa das Rohr. Dabei kriecht der Roboter unbeirrt über ein Gewirr von kreuz und quer verlaufenden Dampf- und Heißwasserleitungen. Weder radioaktive Strahlung noch dunkle und stickige, für Menschen unzugängliche Winkel können ihn dabei schrekken. Mit großer Kraft beißt er in Lagen von asbesthaltigem Isolationsmaterial und versprüht dabei einen klebrigen Schleim.

Ein Forscherteam an der Carnegie Mellon Universität in Pittsburgh unter der Leitung des Kybernetikers Hagen Schempf hat den Roboter speziell für die Sanierung von asbesthaltigen Rohrisolationen entwickelt – der Name Boa steht für „Big On Asbestos“.

Nicht nur in den USA galt Asbest bis zur Entdeckung seiner krebserregenden Wirkung als eine Art Wundermaterial, das überall zum Einsatz kam. Allein in Deutschland wurde es vor seinem Herstellungsverbot 1993 in über 3000 Produkten des täglichen Lebens verarbeitet. Spitzenreiter war die Bauindustrie. Asbesthaltige Verkleidungen, Kabelisolierungen, Dämm- und Brandschutz-Materialien finden sich heute als Altlasten in Plattenbauten, Freizeit- und Militäranlagen und in öffentlichen Gebäuden. Roboter Boa saniert schnell und sicher Rohrisolationen aus krebserzeugendem Asbest.

Prominentestes Objekt in Deutschland: der Palast der Republik in Berlin mit geschätzten Sanierungskosten von 91 Millionen Mark. Angesichts solcher Kosten sind neue wissenschaftliche Methoden zur ungefährlichen und schnellen Asbestsanierung gefragter denn je.

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Roboter Boa ist schnell: Zehnmal flinker als ein Arbeiter schneidet die ferngesteuerte Maschine mit ihren scharfen Zangen Lage um Lage der Asbestisolierung ab und befeuchtet die gelösten Teile mit Wasser. Das Schneidesystem paßt sich dabei automatisch an die Stärke des Materials an. Staub und feine Partikel werden gleichzeitig mit einem rasch trocknenden Kleber dingfest gemacht und gelangen so nicht in die umgebende Raumluft. Wasser und Asbeststücke lassen sich anschließend mit Hilfe einer Vakuumleitung absaugen, die Fasern werden in staubdichten Kunststoffsäcken entsorgt.

Wissenschaftlern am Brookhaven National Laboratory in Upton, New York, fanden einen nicht minder attraktiven Weg, um Chrysotil-Asbest unschädlich zu machen. Zusammen mit dem Chemieunternehmen W. R. Grace & Co. aus Boca Raton, Florida, entwickelten sie eine Schaumlösung aus Phosphorsäure und geringen Mengen von Fluorid-Ionen, die direkt vor Ort auf Asbest- und Brandschutz-Produkte aufgesprüht wird.

Die genaue chemische Zusammensetzung der Lösung halten die Forscher bis zum Abschluß des Patentierungsverfahrens noch geheim. Innerhalb von 24 Stunden zieht der Schaum in das Material ein, greift das im Asbest enthaltene Magnesiumoxid an und wandelt mehr als 99 Prozent der Asbestfasern in ungefährliche mineralische Klümpchen um.

Der große Vorteil: Die behandelten Materialien schützen auch nach der Neutralisierung der Asbestfasern zuverlässig vor Feuer und können somit an Ort und Stelle weiter ihre Funktion erfüllen. Bei Tests erwies sich der verbliebene Stoff bis auf minimale Rückstände von Hydrogenfluorid als gesundheitlich unbedenklich. Erprobt wurde der neue Schaum bisher nur bei Brandschutz-Produkten, die von W. R. Grace hergestellt wurden. Die Wissenschaftler gehen aber davon aus, daß die Schaum-Methode auch bei den meisten anderen Fabrikaten funktioniert.

Almut Bruschke-Reimer

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