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Surfen ohne Strippe

Allgemein

Surfen ohne Strippe
Drahtlos und schnell ins Internet – WLAN macht’s möglich. Immer mehr öffentliche Plätze und Heimbüros sind mit dem raffinierten Funknetz ausgerüstet.

Wer in der Münchener Nobelherberge Vier Jahreszeiten eincheckt, erwartet etwas Besonderes. Tatsächlich gibt es seit etwa einem Jahr neben dem üblichen Plüsch und Pomp noch einen – unsichtbaren – Grund, in der Luxusherberge abzusteigen: Vier im Gebäude versteckte Antennen ermöglichen es Besitzern eines Laptops oder Persönlichen Digitalen Assistenten (PDA), in der Lobby des Hotels ohne störende Kabel im Internet zu surfen. Die Technik hinter dem neuen Service heißt Wireless Local Area Network (WLAN), sprich: „welan“, was übersetzt so viel wie drahtloses lokales Netz heißt. Thomas Luz, Projektmanager im Vier Jahreszeiten, ist begeistert: „Der Internetzugang ist vier- bis fünfmal schneller als ein DSL-Anschluss.“ Macht Pi mal Daumen eine Übertragungsleistung von mehr als 3 Megabit pro Sekunde – maximal schafft eine WLAN-Funkverbindung sogar bis zu 11 Megabit pro Sekunde. Billig ist das Rudelsurfen im Hotel aber nicht: Zwei Stunden kosten 9,50 Euro, 24 Stunden schlagen mit 29 Euro zu Buche – damit wolle man verhindern, dass das renommierte Hotel zu einem Internetcafé verkommt, sagt Luz. Der Gast braucht eine WLAN-Karte für seinen Laptop, den es auch leihweise an der Rezeption gibt. Dort bekommt er auch einen persönlichen Zugangscode. Dann ist alles ganz einfach, verspricht Luz: „ Browser-Fenster öffnen, Code eintippen, surfen!“ Auch am Münchener Flughafen müssen Reisende nicht auf den Internetzugang verzichten. 20 WLAN-Antennen leuchten weite Teile des Terminals und der Lounges aus. Rund 700 verschiedene Nutzer pro Monat zählt Johann Götz, Gruppenleiter Netzdienste am Airport. „Wir sind noch in der Einführungsphase, deshalb kostet der Service vorerst nichts“, wirbt Götz. Vielen Unternehmen ist das Ziehen von teuren und unflexiblen Kabelstrippen ein Gräuel – deshalb ist dort die Vernetzung von Computern mit WLAN seit Jahren üblich. Nun erobert die Funktechnik auch öffentliche Plätze, an denen viele Menschen zusammenkommen. Die Universität Bremen hat große Teile ihres Campus mit derzeit 250 Funkknoten über- zogen, damit die 750 registrierten Nutzer ins Internet gehen oder untereinander Daten austauschen können. Am Anfang hätten sich die Studenten vor allem Filme oder Bilder aus dem Internet geladen und damit das Netz in die Knie gezwungen, gibt Niels Pollem zu. „Diese pubertäre Nutzung ist aber ausgestanden“, sagt der WLAN-Organisator der Bremer Uni. Der WLAN-Hype hat mehrere Gründe. Erstens ist die Technik ausgereift und hat ihre Zuverlässigkeit in der Praxis schon vielfach bewiesen – anders als UMTS, das sich noch in der Testphase befindet. Zweitens ist die Datenübertragung schneller als bei dem Bluetooth-Standard. Drittens bietet WLAN dem Finanzminister keine Möglichkeit, mit der Versteigerung von Funklizenzen Milliarden Euro in seine Kasse zu spülen. Der Frequenzbereich zwischen 2,4 und 2,483 Gigahertz gehört weder dem Staat noch einzelnen Netzbetreibern, sondern steht jedermann kostenlos zur Verfügung. Nur die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) wacht über die Nutzung der Frequenzen. Gerade hat sie zusätzliche Frequenzen für WLAN freigegeben und damit der Technik einen weiteren Push verliehen. Dank fallender Preise setzt sich WLAN auch zu Hause oder in kleinen Bürogemeinschaften immer mehr durch. Für unter 500 Euro findet ein PC, Laptop oder PDA drahtlosen Anschluss ans Internet. Dafür bekommt der Käufer einen so genannten Access-Point, der beispielsweise mit einem DSL- oder Glasfaseranschluss verbunden wird, sowie eine Funkkarte für den Computer. Beim Laptop verschwindet die keksförmige Karte in einem Steckplatz, nur die Antenne steht einen Fingerbreit am Gehäuse über. Jeder weitere PC, der ins drahtlose Netz eingebunden wird, schlägt mit weiteren 150 Euro zu Buche. Wer nur PCs vernetzen will ohne Internetübergang, kann auf den Access-Point verzichten und mit den WLAN-Karten ein Ad-hoc-Netz aufbauen, zum Beispiel für Onlinespiele zwischen mehreren Computern oder für Besprechungen unter Geschäftsleuten. Bedenken der Bevölkerung wegen einer Gesundheitsgefährdung durch Elektrosmog sind bei WLAN nicht zu erwarten. Die Sendeleistung darf 100 Milliwatt nicht überschreiten, gängige Access-Points mit nur einem Sendekanal liefern in der Regel nur 35 Milliwatt. Zum Vergleich: Ein D-Netz-Handy funkt mit bis zu zwei Watt. Sogar Krankenhäuser nutzen WLAN-Funknetze. Geringe Sendeleistung bedeutet allerdings auch geringe Reichweite. Für ein Einfamilienhaus mit Garten genügt sie auf jeden Fall, allerdings nimmt mit zunehmender Entfernung von der Basisstation die Geschwindigkeit ab. Außerdem sollte man sich während des Datentransfers nicht bewegen, denn schon das Verschieben des Laptops auf dem Tisch treibt die Datenübertragungsrate kurzzeitig in den Keller. Ein Pferdefuß ist der schlechte Datenschutz in WLAN-Netzen. Der Jurist Maximilian Dornseif von der Uni Bonn spürte in der Region um Bonn und Köln innerhalb eines Monats 283 WLANs auf, die Hälfte davon ungeschützt. Die in den Geräten enthaltene Verschlüsselung ist oft ausgeschaltet, weil die meisten Nutzer diese Funktion gar nicht kennen. Ohnehin wurde die Verschlüsselung von Hackern bereits geknackt, allerdings mussten sie dafür große Datenmengen von über einem Gigabyte abfangen. Für den privaten Gebrauch ist WLAN – bei eingeschalteter Verschlüsselung – also einigermaßen sicher. Einige Computerfreaks machen sich aus dem Leichtsinn vieler WLAN-Betreiber einen Freizeitspaß. „Wardriving“ heißt der Sport, bei dem sie in Städten mit ihren Antennen nach ungeschützten Funknetzen schnüffeln und auf Kosten der Besitzer im Internet surfen. In London haben die Wardriver Zeichen vereinbart, die sie mit Kreide – der so genannten Warchalk – auf Hauswände malen, hinter denen ein WLAN-Hotspot steckt.

„Eine Bedrohung für UMTS“

bild der wissenschaft: Wie sehen Sie die Zukunft von WLAN? Schimansky: Da ist wirklich Musik drin. Viele Unternehmen vernetzen ihre Arbeitsplätze mit WLAN, weil es flexibler und billiger ist. In Konferenzen ist die Vernetzung der Teilnehmer längst selbstverständlich. Viele Außendienstmitarbeiter kommen gar nicht mehr ins Büro, sondern fahren auf den Parkplatz vor der Firma und saugen sich die Daten auf ihren Laptop. Selbst auf Baustellen hat sich WLAN durchgesetzt. Wer WLAN kennen gelernt hat, will den Komfort auf Reisen, beim Einkaufen oder zu Hause nicht mehr missen. bdw: Die Technik ist ausgereift. Warum gibt es dann nicht schon viel mehr WLAN-Hotspots in den Ballungsräumen? Schimansky: Die großen Mobilfunknetzbetreiber haben kein Interesse an WLAN, weil es das eigene Geschäft stört. Der Impuls muss von Dienstleistern kommen, die mit WLAN einen Mehrwert bieten wollen. Möglichkeiten gibt es jede Menge: Plattenläden könnten Kunden mit Musik zum Runterladen locken, Tankstellen würden Verkehrsinformationen liefern, die Bahn könnte in ihren Zügen aktuelle Fahrpläne bereit halten. In Finnland und den USA gibt es Hotels, wo man sich mit seinem PDA über WLAN einchecken kann. Umfragen in Finnland haben ergeben, dass die Kunden viel lieber in Läden gehen, wo es ein WLAN-Netz gibt. bdw: Welche Chancen hat da noch das künftige UMTS-Mobilfunknetz? Schimansky: WLAN ist ganz klar eine Bedrohung für das UMTS-Geschäft. Bis UMTS auf den Markt kommt, werden sicher noch drei Jahre vergehen. Bis dahin werden die neuen PDAs mit eingebautem GSM-Modul zum Mobiltelefonieren und einem WLAN-Modul für den Internetzugang schon einen großen Marktanteil gewonnen haben.

Ralf Butscher

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