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REVOLUTION, KLAPPE 2

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REVOLUTION, KLAPPE 2
Die Grüne Revolution hat ein paar Hundert Millionen Menschen das Leben gerettet. Doch nun ist es Zeit für einen Neustart, mahnt der Göttinger Agrarökonom Matin Qaim.

„REIN TECHNISCH ist es möglich, eine Weltbevölkerung von zehn Milliarden Menschen zu ernähren”, war Norman Borlaug bis zu seinem Tod 2009 überzeugt. Als in den 1960er-Jahren in vielen Ländern der Dritten Welt Hungerkatastrophen drohten, wurde der US-Agrarforscher zum Vater der „Grünen Revolution”. Die Zuta-ten: Hochertrags-Getreidesorten, intensive Bewässerung sowie der flächendeckende Einsatz von Mineraldünger und Pestiziden (beschrieben in bild der wissenschaft 12/2009, „Billig oder bio – was braucht die Welt?”). 1944 hatte Borlaug in Mexiko mit der Züchtung besondes ertragreicher Weizensorten begonnen. Weltbank und Rockefeller-Stiftung gaben Forschungsgelder. 1961 wurde auf den Philippinen das International Rice Research Institute (IRRI) gegründet – mit dem Ziel, den Nassreisanbau in Asien zu intensivieren. Der Durchbruch kam 1966, mit der als „Wunderreis” bezeichneten Sorte IR8. Durch größere Körner und kürzere Halme trieb sie die Ernten in Südostasien von einem Rekord zum nächsten.

„Die Grüne Revolution hat die Erträge verdreifacht und damit mehrere Hundert Millionen Menschen vor dem Hungertod bewahrt”, erkennt Matin Qaim an. Der Professor für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung an der Universität Göttingen sieht aber auch unliebsame Folgen: „Durch den verstärkten Einsatz von Agrarchemie gab es negative Folgen für die Umwelt. Die müssen durch weitere technologische Entwicklungen reduziert werden.” 40 Prozent der Landfläche weltweit werden agrarisch genutzt. Durch intensive Bewirtschaftung schreitet die Bodenerosion rasch fort – verstärkt durch den Klimawandel mit Unwettern, Hochwasser und Dürren.

Diese Faktoren haben den Erfolgstrend der vergangenen Jahrzehnte gedreht. In China etwa könnten nach Schätzungen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) die Ernten bis 2050 gegenüber heute um zehn Prozent sinken. 1960, vor Beginn der Grünen Revolution, lebten 3 Milliarden Menschen auf der Erde – derzeit sind es 6,8 Milliarden. Bis 2050 rechnen Demographen mit 9,2 Milliarden Erdbewohnern. Gegenwärtig sind eine Milliarde Menschen mangelernährt. Gleichzeitig steigt in den Schwellenländern parallel zum wachsenden Wohlstand die Nachfrage nach tierischen Nahrungsmitteln – was Pflanzen-Biomasse bindet. Angesichts dessen fordert Matin Qaim: „Der Ertragszuwachs muss verdoppelt werden, um der Nachfrage gerecht zu werden – ein bloßes ‚Weiter so‘ wird nicht reichen. Wir brauchen eine zweite Grüne Revolution, die vorrangig die Produktivität der Kleinbauern in den Entwicklungsländern steigert, denn dort sind Hunger und Armut am größten.” Qaims besonderes Anliegen: der Einsatz von Gentechnik. „ Sie bietet erhebliches Potenzial, vor allem bei der Züchtung stresstoleranter Pflanzen.”

Auch Erwin Grill, Professor für Botanik an der Technischen Universität München, setzt auf Gentechnik: „Das in den Wildpflanzen vorhandene genetische Potenzial gilt es verstärkt zu nutzen, im Hinblick auf Trockentoleranz, Nährstoffeffizienz und Schädlingsresistenz.” Albert Engel, Agrar- und Ernährungsexperte der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit, fordert: „Um grüne Gentechnik erfolgreich einzusetzen, müssen auch die Rahmenbedingungen für den Zugang der Kleinbauern zu hochwertigerem Saatgut verbessert werden. Die entwickelten Sorten müssen als öffentliches Gut allen Nutzern frei zur Verfügung stehen.”

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1970 erhielt Norman Borlaug den Friedensnobelpreis. „Mehr als jede andere Person unserer Zeit” habe er durch seine Pionierarbeit dazu beigetragen, „eine hungrige Welt mit Brot zu versorgen”, urteilte die Stockholmer Nobelpreis-Jury. Nun sind Grüne Revolutionäre der zweiten Generation aufgerufen, in Borlaugs Fußstapfen zu treten. Gunnar Henze ■

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