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Als im All das Licht anging

Astronomie|Physik Erde|Umwelt

Als im All das Licht anging
Das junge Universum war eintönig und dunkel. Das änderte sich erst, als ein paar Hundert Millionen Jahre nach dem Urknall die ersten Sterne aufflammten. Wie das geschah und welche Eigenschaften diese Megasonnen hatten, enträtseln Astrophysiker nun mit Supercomputern.

Ein mit blossem Auge unscheinbarer Himmelsausschnitt im Sternbild Fornax hat es in sich: Er war das Ziel des tiefsten Blicks ins All – ein Blick in die kosmische Urzeit. Nicht zuletzt ist er schweißtreibenden Außenbordeinsätzen von Astronauten zu verdanken, die im Mai 2009 mit der Weltraumfähre Atlantis noch einmal das Weltraumteleskop Hubble angeflogen hatten (bild der wissenschaft 6/2009, „Der letzte Besuch“). Dabei wurden auch neue Instrumente montiert. Eines davon ist die Wide Field Camera 3. Dank neuer Technologie ist sie im infraroten Spektralbereich 40 Mal empfindlicher als ihre Vorgängerin Nicmos.

Im August 2009 richtete ein Team amerikanischer Astronomen unter der Leitung von Garth Illingworth aus Santa Cruz vier Tage lang das Teleskop auf das Sternbild Fornax. Das Bild, Hubble Ultra Deep Field genannt, zeigt eine Fülle von Galaxien unterschiedlicher Formen, Größen und Entfernungen. Wie so häufig auf astronomischen Aufnahmen, erwiesen sich auch hier die unscheinbarsten Objekte als die interessantesten. In mühsamer Kleinarbeit haben Illingworth und seine Kollegen inzwischen drei extrem lichtschwache und ungewöhnlich rot erscheinende Galaxien identifiziert. Sie sind nach den bisherigen Analysen die fernsten bekannten Sternsysteme überhaupt. Wir sehen sie in dem Zustand, als das Universum 500 Millionen Jahre alt war. Das entspricht nicht einmal vier Prozent des Weltalters von 13,7 Milliarden Jahren. „Diese Galaxien müssen Sterne aus der allerersten Generation enthalten“, ist Volker Bromm von der University of Texas in Austin überzeugt. „Die ersten Sterne bereiteten die Bühne für die gesamte nachfolgende Geschichte der Strukturentstehung im Universum“, fügt der Astronomie-Professor hinzu, der einer der weltweit führenden Experten auf diesem Gebiet ist. Bislang haben die Astronomen diese „Adams und Evas aller Sterne“ nicht direkt beobachten können – aber sie stehen womöglich kurz davor.

Vor dem Licht herrschte Langeweile

Bevor die ersten Gestirne aufleuchteten, sah es im Weltraum ziemlich langweilig aus: Im Urknall waren fast ausschließlich die beiden leichtesten Elemente Wasserstoff und Helium entstanden sowie Spuren von Lithium und Beryllium. Dieses Gas erfüllte den gesamten Raum und war anfangs extrem heiß. Atomkerne und Elektronen sowie diffuse Strahlung bildeten eine einheitliche, undurchsichtige Urmaterie. Weil sich das Universum ausdehnte, kühlte sich die Materie ab. Nach etwa 380 000 Jahren war die Temperatur bis auf rund 3000 Grad Celsius gesunken, sodass Atomkerne und Elektronen sich zu den ersten neutralen Atomen zusammenschlossen. Die Strahlung konnte sich jetzt freier ausbreiten: Der Nebel lichtete sich.

Zwar war das All noch erfüllt von Strahlung aus dem Urknall, aber durch die Expansion des Raumes war deren Wellenlänge bis in den Infrarot- und Radiobereich gedehnt. Für menschliche Augen wäre das Universum in diesem Stadium absolut dunkel gewesen. Diese Finsternis dauerte mindestens 300 Millionen Jahre lang an. Dann entstanden die ersten Sterne. Wie Lampen in einer Stadt, die in tiefer Abenddämmerung liegt, flammten sie nacheinander auf und brachten dadurch allmählich das Licht in die Welt. Um die Eigenschaften dieser Urahnen unserer Sonne zu ergründen, sind die Kosmologen auf die immens hohe Rechnerleistung von Supercomputern angewiesen. Sie füttern die Rechner mit den Gesetzen der Physik und Astrophysik, um die Entstehung der ersten Sterne zu simulieren und deren Eigenschaften zu ergründen. Ganz ohne unbewiesene Annahmen geht das allerdings nicht.

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Ein entscheidender Akteur im damaligen kosmischen Geschehen war die Dunkle Materie. Astrophysiker erschließen ihre Existenz heute aus vielen unterschiedlichen Beobachtungen – mit der verblüffenden Schlussfolgerung, dass es etwa sechsmal mehr Dunkle als normale Materie gibt. Doch worum es sich bei dieser seltsamen Substanz handelt, weiß niemand. Nach der gängigen Theorie besteht sie aus einer unbekannten Art von Elementarteilchen mit besonderen Eigenschaften: Diese Partikel verschlucken kein Licht und senden auch keines aus. Außerdem sind sie elektrisch neutral. Ihre einzige nachweisbare Wirkung ist die Schwerkraft.

Materie-KLUMPEN IN DUNKLEN HALOS

Diese Dunkle Materie sammelte sich in großen Wolken, sogenannten Halos, und verdichtete sich. Die normale Materie wurde von der Schwerkraft der Dunklen Materie mitgezogen und ballte sich in den Halos zusammen. Nach den derzeitigen Modellen zogen sich diese Dunkle-Materie-Halos umso schneller zusammen, je kleiner sie waren. Nach wenigen Hundert Millionen Jahren war in den kleinsten von ihnen die normale Materie so weit verdichtet, dass sie sich nun ohne weitere Hilfe der Dunklen Materie zu einem Stern zusammenziehen konnte. Doch das geschah unter ganz anderen Bedingungen, als sie heute zum Beispiel in unserer Milchstraße herrschen.

Der entscheidende Unterschied: Das Urgas enthielt so gut wie keine schweren Elemente. Auch heute ist deren Anteil sehr gering. So kommen auf jeweils 3000 Wasserstoff-Atome nur etwa ein Kohlenstoff- und zwei Sauerstoff-Atome. Dabei sind das die häufigsten schweren Elemente im Universum. Obwohl sie nur in Spuren vorhanden sind, spielen sie dennoch bei der Sternentstehung eine große Rolle. Sie wirken nämlich als Kühlmittel. Wenn sich heute eine Gaswolke unter der Eigenschwerkraft zusammenzieht und verdichtet, heizt sie sich auf – ähnlich wie Luft in einem Fahrradschlauch, die man mit einer Pumpe zusammenpresst. Das heiße Gas baut einen Druck auf, der der Schwerkraft entgegenwirkt. Sind beide Kräfte gleich groß, kann sich die Materie nicht weiter verdichten, und die Kontraktion stoppt. In dieser Phase treten die schweren Elemente auf den Plan.

In dem heißen Gas schwirren Atome und Moleküle mit hohen Geschwindigkeiten umher und stoßen häufig zusammen. Bei einer solchen Kollision kann eines der Teilchen Bewegungsenergie auf das andere übertragen. Das erste wird dadurch langsamer, während in dem anderen zum Beispiel ein Elektron in einem Atom die gewonnene Energie nutzt, um auf eine höhere Energieschale zu springen. Es ist auch möglich, dass ein Molekül durch den Stoß zu schwingen beginnt. Diese angeregten Zustände halten aber nicht lange vor: Das Elektron fällt auf seine alte Schale zurück, und das Molekül beruhigt sich wieder. Beides geschieht spontan, und dabei wird Energie in Form von Licht abgestrahlt, das aus der heißen Wolke entweicht. Unter dem Strich wird bei diesen Stößen Bewegungsenergie in Licht umgewandelt und aus der Wolke heraustransportiert. Weniger Bewegungsenergie bedeutet kleinere Geschwindigkeiten der Teilchen und damit eine niedrigere Temperatur. Dieser Prozess kühlt somit die Gaswolke, sodass sie sich weiter zusammenzieht, bis ein Stern entstanden ist. All das geschieht im Weltall zurzeit millionenfach und bringt immer wieder neue Sonnen hervor.

heisse PROTOsterne

Im frühen Universum jedoch gab es keine schweren Elemente. Wasserstoff – in seiner molekularen Form H2 – und Helium eignen sich für diese Art der Kühlung aus atomphysikalischen Gründen nicht gut. Dennoch sind Sterne entstanden. Was damals passierte, konnten 2008 die japanischen Theoretiker Naoki Yoshida und Kazuyuki Omukai zusammen mit Lars Hernquist vom Harvard Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge, USA, in den bis dahin aufwendigsten Computersimulationen dieser Prozesse nachvollziehen. Ihr Ergebnis: In einem Dunkle-Materie-Halo, der 500 000 Sonnenmassen an Materie enthielt, zog sich eine Wasserstoff-Helium-Wolke zusammen. Anfangs kühlte molekularer Wasserstoff das Gas ein wenig. Doch als es immer heißer wurde, brachen die chemischen Bindungen der Moleküle auf. Die resultierenden Wasserstoff-Atome kühlten die Materie kaum noch, sodass die Temperatur auf über 10 000 Grad Celsius stieg. Jetzt verhinderte der enorme Druck des heißen Gases die weitere Kontraktion. „Ein Protostern mit nur einem Hundertstel der Masse unserer Sonne war entstanden“, beschreiben die Astrophysiker, was wenige Hundert Millionen Jahre nach dem Urknall geschah.

In seinem Innern reichten Druck und Temperatur noch lange nicht aus, um die für Sterne charakteristische Kernfusionsreaktion zu zünden. Doch der Kernbereich zog immer mehr Materie aus der Umgebung an. Es stürzte bis zu 100 Mal mehr Materie auf die Verdichtungen als bei Sternen, die im heutigen Universum entstehen, haben Volker Bromm und seine Kollegen herausgefunden. „Unsere Simulationen zeigen, dass der Protostern innerhalb von nur einigen Tausend Jahren bis auf 20 Sonnenmassen anwuchs“, erklärt Bromm. Doch erst als sich 100 Sonnenmassen oder mehr angesammelt hatten, war die Schwerkraft groß genug, um den Kern so stark zusammenzudrücken, dass die Kernfusion zündete: Nun war der Stern geboren. Dieses Szenario erklärt eine Eigenschaft, in der sich die Sterne der ersten Generation grundlegend von den heutigen Sternen unterschieden: Sie waren durchschnittlich einige Hundert Mal massereicher und mehrere Millionen Mal heller als unsere Sonne. Ihre energiereiche Strahlung durchdrang das umgebende Gas und heizte es auf. Ein einziger dieser Megasterne konnte um sich herum eine heiße Blase von bis zu 15 000 Lichtjahren Durchmesser erzeugen. Zum Vergleich: Unsere Milchstraße hat einen Durchmesser von 100 000 Lichtjahren.

Wie LÖCHER IN SCHWEIZER KÄSE

Diese Gasblasen durchsetzten das Urgas wie Hohlräume einen Käselaib. Das hatte Folgen für die weitere Sternentstehung: Immer mehr Blasen entstanden, die sich beständig weiter ausdehnten. Die Materie darin war sehr heiß und stark verdünnt, wodurch keine weiteren Sterne entstehen konnten. Das Feuerwerk der ersten Stunde schnürte sich gewissermaßen selbst die Luft ab, sodass sich immer weniger Sterne bildeten. Erst nach weiteren rund 100 Millionen Jahren waren die Bedingungen wieder günstig für die Geburt der nächsten Sterne. „Das Drama des ersten Lichts spielte sich deshalb in zwei deutlich voneinander getrennten Akten ab“, sagt Bromm.

Die erste heiße Ära des Universums lässt sich nicht direkt beobachten. Aus dem Studium ferner Quasare haben Astrophysiker abgeleitet, dass sie etwa 800 Millionen Jahre nach dem Urknall abgeschlossen war. Somit befinden sich die drei jüngst entdeckten Galaxien mitten in dieser ersten Phase der Sternentstehung. Und noch etwas anderes haben die Forscher herausgefunden: Bis zum Ende dieser Ära war das anfängliche Wasserstoff-Helium-Gemisch mit allen schweren Elementen angereichert, die wir heute kennen. Verantwortlich hierfür waren die Sterne der ersten Generation, die in gewaltigen Explosionen ihr Leben beendeten.

Das Feuerwerk der Hypernovae

Im heutigen Universum explodieren sehr massereiche Sterne als Supernovae. Dabei schleudern sie schwere Elemente, die sie in ihrem Innern erbrütet hatten, ins All. Doch was passierte mit den Riesen der Urzeit? Eine astrophysikalische Grundregel lautet: Je massereicher ein Stern ist, desto kürzer ist seine Lebenszeit. Demgemäß wurden die massereichsten Vertreter der ersten Generation nur wenige Millionen Jahre alt. Computersimulationen haben gezeigt: Besaßen die Sterne weniger als 140 oder mehr als 260 Sonnenmassen, brachen sie am Schluss zusammen und begruben den größten Teil ihrer Materie im Innern eines Schwarzen Lochs. In diesem Fall konnten die zuvor erbrüteten schweren Elemente nur in begrenztem Maß ins All gelangen. In dem Bereich zwischen 140 und 260 Sonnenmassen hingegen trat ein ungewöhnliches physikalisches Phänomen auf: die sogenannte Paarinstabilität.

Ein extrem massereicher Stern ist für wenige Millionen Jahre im Gleichgewicht mit der Schwerkraft, die ihn zusammendrückt. Den Gegendruck erzeugt im Sterninnern entstehende energiereiche Gamma-Strahlung. Sie ist so intensiv, dass die Photonen ständig gegen die Gasteilchen stoßen und daher mechanischen Druck ausüben. Wenn der Stern sein Brennmaterial im Zentrum verbraucht hat, setzt die Kernfusion aus, und er bricht zusammen. Hierbei entstehen so extrem hohe Drücke, dass sich Gamma-Photonen in Materie verwandeln. Genauer: Je zwei Photonen werden zu einem Elektron-Positron-Paar (das Positron ist das Antiteilchen zum Elektron). Dies geschieht gemäß Albert Einsteins Formel E = mc2, wonach Energie E und Materie m ineinander umwandelbar sind (c ist die Lichtgeschwindigkeit). Schlagartig fehlen nun plötzlich im Innern des Sterns die Druck ausübenden Photonen, sodass sich der Kollaps verstärkt. Die Folge: Die Materie verdichtet sich, Temperatur und Druck steigen gewaltig an, und es zündet ein letztes Mal eine Kernfusion. Wie eine gewaltige Wasserstoffbombe zerreißt es den gesamten Stern. „Bei einer solchen Paarinstabilitäts-Supernova wird rund die Hälfte der ursprünglichen Sternmasse in schwere Elemente umgewandelt und ins umgebende Medium geschleudert“, erklärt Volker Bromm. Demnach waren diese „Hypernovae“ dafür verantwortlich, dass viele schwere Elemente ins Universum gelangten und nun für die Entstehung von neuen Sternen zur Verfügung standen. Diese hatten zum Teil schon ähnliche Eigenschaften wie heutige Sterne. Insbesondere konnten nun auch die ersten kleineren Sterne mit etwa einer Sonnenmasse entstehen.

Neue Teleskope braucht die Welt

Alle bisherigen Erkenntnisse über die ersten Sterne sind Ergebnisse von Simulationen. Doch auch Supercomputer können sich irren. Letztlich müssen Beobachtungen entscheiden, was im frühen Universum geschah. Das wird größte Anstrengungen erfordern. Selbst mit dem Nachfolger des Weltraumteleskops Hubble, dem frühestens 2014 startenden James Webb Space Telescope, wird der schwache Schimmer einzelner Megasterne wegen der großen Entfernung voraussichtlich nicht erkennbar sein. Besser stehen die Chancen für die Entdeckung von Paarinstabilitäts-Supernovae, die bis zu 100 Mal heller gewesen sein könnten als heutige Supernovae.

Mit einer alternativen Nachweismöglichkeit beschäftigt sich Ralf Klessen von der Universität Heidelberg. Finanziell unterstützt wird er hierin von der Baden-Württemberg Stiftung, die es ihm ermöglicht, Spitzenforscher aus aller Welt für einen begrenzten Zeitraum nach Deutschland zu holen. Gemeinsam mit Volker Bromm, Kazuyuki Omukai, Naoki Yoshida und Tom Abel, einem weiteren Experten von der Stanford University, befasst sich Ralf Klessen mit den Eigenschaften der heißen Blasen um die ersten Sterne.

Ihre Strahlung war so intensiv, dass sie die Elektronen aus den Atomhüllen schoss. Physiker sprechen vom Ionisieren der Materie. Während heutige massereiche Sterne heiße Blasen aus ionisiertem Wasserstoff erzeugen, sollen die Megasterne auch das umgebende Helium ionisiert haben. Dies macht sich durch eine charakteristische Strahlung bemerkbar, deren Nachweis als sicheres Indiz für das Wirken der ersten Sterne gilt. Allerdings sind heutige Teleskope nicht empfindlich genug, um die Strahlung des Heliums nachzuweisen. Erst das James Webb Space Telescope sowie die Großteleskope der nächsten Generation mit Spiegeldurchmessern zwischen 30 und 40 Metern sollten dazu etwa ab 2018 in der Lage sein. Ein weiterer Weg eröffnet sich im Radiowellenbereich. Neutrale Wasserstoff-Atome senden Strahlung mit einer Wellenlänge von 21 Zentimetern aus. Sie wurde etwa 300 Millionen Jahre nach dem Urknall abgestrahlt. Wegen der Expansion des Weltraums hat sich ihre Wellenlänge bis heute auf drei bis vier Meter gedehnt. In diesem Bereich arbeiten Radioteleskope. Doch nur mit dem für das dritte Jahrzehnt dieses Jahrhunderts geplanten Megaprojekt Square Kilometre Array (SKA) ließe sich diese schwache Strahlung nachweisen. Das SKA wird aus einer Vielzahl von Radioteleskopen mit einer gesamten Antennenfläche von einem Quadratkilometer bestehen. Damit könnten die Astronomen das Urgas sogar in dem Zustand beobachten, bevor die ersten Sterne entstanden, und die Bedingungen in den Dunkle-Materie-Halos ermitteln.

URGALAXIEN GESUCHT

Doch bevor es so weit ist, sollte es möglich sein, die ersten Galaxien zu beobachten, die natürlich viel heller waren als die Einzelsterne. Nach heutigen Modellen verschmolzen die Halos, in denen die ersten Sterne entstanden sind, durch den Einfluss der Gravitation miteinander und wurden immer größer. In diesen Schwerkraftfallen sammelten sich die Sterne und bildeten die ersten Galaxien. Die drei schwachen Lichtflecken in der Hubble Ultra Deep Field- Aufnahme sind derzeit die heißesten Kandidaten dafür. Doch bewiesen ist das nicht. Ob diese Galaxien wirklich so weit entfernt sind wie vermutet und wie viele schwere Elemente ihre Sterne enthalten, lässt sich nur mit spektroskopischen Untersuchungen eindeutig klären. Dazu ist aber selbst das runderneuerte Hubble-Teleskop nicht in der Lage. „Das zeigt, wie sehr wir James Webb brauchen“, sagt Garth Illingworth. Bis zu James Webbs Start werden noch Jahre vergehen. Diese Zeit werden Theoretiker nutzen, um ihre Computersimulationen zu verbessern und die Eigenschaften der ersten Sterne genauer vorherzusagen. Denn auch dies ist eine alte Regel: Man findet etwas umso leichter, wenn man weiß, wonach man suchen muss.

THOMAS BÜHRKE ist Journalist und promovierter Astronom. Im Mai berichtete er über den nächsten deutschen Astronauten (bdw 5/2010).

von Thomas Bührke

Die Sternpopulationen

Population III.1: Erste Generation ohne schwere Elemente, entstanden aus dem Urgas

Population III.2: Zweite Generation, ebenfalls ohne schwere Elemente, aber entstanden aus Gas, das Population-III.1-Sterne ionisiert haben

Population II: Sterne aus prozessiertem Material mit einem Millionstel bis einem Tausendstel so viel schweren Elementen wie in der Sonne

Population I: Sterne wie die Sonne mit vergleichbarer Elementhäufigkeit

Rätselhafte Schwergewichte

Schon vor 40 Jahren sagten Theoretiker vorher, dass extrem massereiche Sterne als Paarinstabilitäts-Supernovae explodieren. Doch im heutigen Universum sollte es überhaupt keine geben, weil die schweren Sterne in den letzten Phasen ihrer Existenz einen starken Teilchenwind erzeugen und dadurch so viel Materie verlieren, dass sie am Ende nur noch einige Dutzend Sonnenmassen wiegen. Doch Ende 2009 entdeckte ein internationales Team um Avishay Gal-Yam vom Weizmann-Institut in Rehovot, Israel, eine „ nur“ 1,5 Milliarden Lichtjahre ferne Supernova, die wesentlich heller war und viel mehr schwere Elemente ins All schleuderte als eine normale Supernova. So soll sie allein 22 Sonnenmassen an Silizium und zehn Sonnenmassen an Schwefel erzeugt haben. Gal-Yam vermutet deshalb, dass es sich bei diesem Himmelskörper mit der Bezeichnung SN 2007bi um die erste beobachtete Paarinstabilitäts-Supernova handelt. Zum Zeitpunkt der Explosion hatte sie Modellrechnungen zufolge etwa 100 Sonnenmassen, ursprünglich soll der Stern sogar doppelt so viel Masse besessen haben. Letztlich geklärt ist die Natur von SN 2007bi aber nicht. So ist es noch rätselhaft, warum die Astronomen in der Explosionswolke keinen Wasserstoff nachweisen konnten, der ebenfalls in großen Mengen vorhanden sein sollte.

KOMPAKT

· Die ersten Sterne im Universum bestanden fast nur aus Wasserstoff und Helium und waren vermutlich mehrere Hundert Mal so massereich wie die Sonne.

· Bei gigantischen Explosionen, Hypernovae genannt, reicherte sich der Weltraum mit schweren Elementen an – der Rohstoff für die spätere Entstehung von Planeten.

· Astronomen wollen mit den Teleskopen der nächsten Generation die Hypernovae und die ersten Galaxien entdecken.

EINE KURZE GESCHICHTE DER STERNBILDUNG

Beginn des Jahres Null Urknall

nach 380 000 Jahren erste Atome, kosmische Hintergrundstrahlung wird frei

nach 300 Millionen Jahren erste Sternentstehungswelle (Population III.1)

nach 400 Millionen Jahren zweite Sternentstehungswelle (Population III.2)

nach 400–500 Millionen Jahren erste Sterne mit schweren Elementen (Population II)

nach 500 Millionen Jahren erste Galaxien

nach 5000 Millionen Jahren Sterne mit solarer Elementhäufigkeit (Population I)

Mehr zum Thema

LESEN

Frühere Artikel zur Sternentstehung in bild der wissenschaft 10/2003, 6/2004, 12/2004, 6/2006, 5/2007, 10/2007, 10/2008, 4/2009

Aktueller Übersichtsfachartikel: Volker Bromm u.a. The formation of the first stars and galaxies In: Nature, Bd. 459, S. 49–54 (2009)

INTERNET

Veröffentlichungen und Videoanimationen von Volker Bromm: www.as.utexas.edu/~vbromm/

Hubble Ultra Deep Field: firstgalaxies.org/hudf09

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