Röntgenuntersuchungen sind Aus der Medizin nicht mehr wegzudenken. Sie retten das Leben vieler Patienten, weil sie Ärzte Krankheiten frühzeitig erkennen lassen. Aber die Medaille hat auch eine Kehrseite: Statistisch gesehen ist die Röntgendiagnostik in Deutschland für etwa 1,5 Prozent aller Krebserkrankungen bei Menschen unter 75 verantwortlich. Das sind jährlich fast 2000 Erkrankungen. Strahlenschützer setzen daher auf neue Röntgensysteme, die mit deutlich weniger Strahlung auskommen.
Trotz Kernspin- und Computertomographien sind immer noch 80 Prozent aller Aufnahmen ganz normale Röntgenbilder – vor allem von Lunge, Knochen, Gelenken oder Blutgefäßen. Bereits Anfang der Neunzigerjahre kamen die ersten Geräte in die Kliniken und Praxen, mit denen die Bilder digital erfasst und gespeichert werden. Das spart Zeit und Kosten – es müssen keine Filme entwickelt werden, Verbrauchsmaterialien fallen nicht an, und oft lassen sich Unklarheiten, bei denen früher Wiederholungsaufnahmen nötig gewesen wären, durch nachträgliche Optimierung der Bilder ausräumen. Auch die Archivierung und Weiterleitung der Daten ist wesentlich einfacher. Doch um eine mit herkömmlichen Röntgenfilmen vergleichbare Qualität zu erreichen, benötigen viele dieser ersten digitalen Systeme eine etwas höhere Strahlendosis. Ein Grund für die mangelnde Effektivität: Anstelle des Films, den die Strahlen direkt schwärzen, sind mehrere Zwischenschritte erforderlich. Die Geräte arbeiten mit so genannten Speicherfolien, die von Röntgenstrahlen zur Lumineszenz angeregt werden. Diese Lichtsignale werden dann Bildzeile für Bildzeile per Laser ausgelesen und zu einem digitalen Bild zusammengebaut.
Erst seit wenigen Jahren gibt es Gerätetypen, die die Strahlenbelastung nach Schätzung der Deutschen Strahlenschutzkommission um 30 bis 50 Prozent reduzieren können. Sie arbeiten mit so genannten Festkörperdetektoren, die beispielsweise eine 0,5 Millimeter dünne Selen-Schicht enthalten. In ihr werden Röntgenstrahlen direkt in elektrische Ladungen umgewandelt, und das umständliche Digitalisieren per Laser entfällt. Doch die Kosten für diese Geräte liegen je nach Ausstattung im oberen fünfstelligen Bereich, und sie rentieren sich deshalb nur für Kliniken und sehr große radiologische Praxen. Die meisten Ärzte bleiben bei den altbewährten, aber strahlungsintensiveren Röntgengeräten.
Doch auch hier sehen viele Experten ein erhebliches Einsparpotenzial. Denn mit jährlich 1,6 Untersuchungen pro Einwohner wird in Deutschland so viel geröntgt wie in keinem anderen Land der Welt. Prof. Ulrich Mödder vom Institut für Diagnostische Radiologie der Universität Düsseldorf nennt als Grund: „Anders als in den meisten europäischen Staaten können in Deutschland Fachärzte Röntgenuntersuchungen nicht nur veranlassen, sondern auch selbst durchführen.” Nur jede fünfte ambulante Röntgenaufnahme macht hierzulande ein Radiologe. In den anderen Fällen „überweisen” Orthopäden oder Internisten ihre Patienten zum Röntgen an sich selbst. Das ist nicht nur bequem für die Patienten, sondern auch eine zusätzliche Einnahmequelle für die Ärzte. Dr. Ulrich Fricke
COMMUNITY Kontakt
Deutsche Röntgengesellschaft
Straße des 17. Juni 114 10623 Berlin Tel: 030/916070–0
www.drg.de
Lesen
Günter Goretzki
Medizinische Strahlenkunde Urban & Fischer
München 2004
€ 39,95