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Freiburger Bioware Team: www.molbiotech.uni-freiburg.de/iGEM/bioware2010.htm

iGEM 2010: 2010.igem.org/Main_Page

BioBricks Foundation: bbf.openwetware.org/

STUDENTEN BASTELN KÜNSTLICHES LEBEN

Die Studenten haben sich viel vorgenommen: „Wir möchten Viren dazu bringen, Tumorzellen zu zerstören. Sie sollen diese infizieren und eigentlich harmlose Substanzen in den Zellen in giftige Wirkstoffe umwandeln – ohne dabei gesundes Gewebe zu gefährden.“ So erklärt Adrian Fischer das Projekt des „Bioware“ -Teams der Universität Freiburg. Während die meisten Kommilitonen den Sommer genießen, konzentrieren sich die angehenden Biologen auf ihre Laborarbeit. „Wir möchten beim Finale im November ganz vorne mit dabei sein“, sagt Fischer.

Bereits im Februar dieses Jahres haben sich 19 Freiburger Biologiestudenten zusammengeschlossen, um am iGEM (international Genetically Engineered Machine Competition) teilzunehmen, dem größten internationalen Nachwuchs-Event der synthetischen Biologie. Die angehenden Biologen um Adrian Fischer, Patrick Schindler und Jessica Günzle treten dabei gegen 120 andere Teams aus aller Welt an. Der vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston ausgeschriebene Wettstreit wird seit 2003 ausgetragen. Mitbegründer ist Drew Endy, ähnlich Craig Venter ein Pionier der Erschaffung künstlichen Lebens. Am 8. November 2010 wird er bei der Abschlussveranstaltung in Boston dem Gewinner-Team die iGEM-Trophäe überreichen: einen überdimensionalen Legostein.

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Die Forscher-Olympiade gilt als Paradenummer der synthetischen Biologie. Diese noch junge Disziplin der Lebenswissenschaften ist eine Weiterführung der Gentechnik: Wo bislang nur einzelne Gene manipuliert wurden, sind nun ganze Organismen das Objekt der Bio-Ingenieure. Maßgeschneiderte Mikroorganismen sollen künftig das schädliche Treibhausgas Kohlendioxid recyceln, Ölteppiche auf dem Meer auffressen oder günstigen Biokraftstoff produzieren. Für solche und noch viele andere denkbare Anwendungsmöglichkeiten schuf Craig Venter, berühmt seit seiner ultraschnellen Entschlüsselung des menschlichen Genoms, in diesem Jahr das erste Bakterium mit einem komplett künstlichen Erbgut. Er möchte diesen Organismus, den er „Mycoplasma mycoides JCVI-syn1.0″ getauft hat, als Baugerüst benutzen und ihn durch die passenden Wunsch-Gene ergänzen. Drew Endy, Professor an der Stanford University, ist einer der radikalsten Vertreter der neuen Bewegung. Der Gen-Ingenieur will neues Leben aus DNA-Bausteinen basteln. Schon als Kind habe er gerne mit Lego gespielt, sagt er. Heute benutzt er die Bausteine der Natur. Zurzeit ist er mit der Isolierung dieser „BioBricks“ beschäftigt. Die Wissenschaftler sammeln die Gen-Sequenzen an einer zentralen Stelle, dem „Register der standardisierten Bioteile“, das bereits über 3500 Einträge verzeichnet und unter der Schirmherrschaft eines weltweiten Vereins, der gemeinnützigen „BioBricks Foundation“, steht.

KOSTENLOSE BAUPLÄNE

Jeder der einzelnen Bauteile hat eine klar definierte biologische Funktion. Manche kodieren nur ein einzelnes Protein, während andere hochkomplexe Aufgaben durchführen, vergleichbar mit einem elektronischen Schaltkreis. Die Wissenschaftler müssen sich nur noch die gewünschten Teile herauspicken und sie zu Biomaschinen zusammenfügen. Zudem sorgt die BioBricks Foundation auch für hochmotivierten Nachwuchs. Im Rahmen des iGEM-Wettbewerbs verschicken die Wissenschaftler die Bio-Bausteine ihres Katalogs an die teilnehmenden Teams. „Und wir stellen die von uns neu hergestellten Bauteile wiederum der Allgemeinheit zur Verfügung“, sagt Fischer. „Andere Wissenschaftler können kostenlos die genetischen Baupläne bekommen und für ihre Forschungszwecke einsetzen.“

Auch die Freiburger Nachwuchswissenschaftler haben sich dem Bau von Bio-Bausteinen verschrieben. Unter der Leitung ihrer iGEM-erfahrenen Betreuer, unter anderem Kristian Müller, Juniorprofessor an der Universität Freiburg, sind sie nun bei der MIT-Gen-Olympiade dabei. Die Freiburger mussten sich erst durch Hunderte von wissenschaftlichen Artikeln wühlen, bis ihnen die zündende Idee für ihren Wettbewerbsbeitrag kam. „Es ist unser eigenes Projekt. Von der Suche eines Sponsors bis hin zur Planung und Durchführung der Laborarbeit und dem Einkauf von Labormaterial organisieren wir alles selbstständig“, erzählt Adrian Fischer. Doch ganz auf sich gestellt sind sie nicht: „ Unsere Betreuer haben uns in die notwendigen Labortechniken eingeführt, und sie haben jederzeit ein offenes Ohr für Probleme.“ Die Studenten stellen sich einer besonders schweren Herausforderung. Sie verfolgen einen innovativen Ansatz zur Behandlung von Krebs. „Bei einer Krebserkrankung lassen sich normale und entartete Zellen nur schwer unterscheiden. Daher wird bei der Behandlung oft gesundes Gewebe in Mitleidenschaft gezogen, mit den aus Chemo- und Strahlentherapie bekannten Nebenwirkungen“, erklärt der Nachwuchswissenschaftler Fischer. Dies soll mithilfe eines für den Menschen ungefährlichen Virus verhindert werden. „Wir wollen das Virus dazu bringen, gezielt Krebszellen anzusteuern. So kann ein in der Virushülle verpackter Wirkstoff direkt am Ort der Erkrankung eingreifen.“ In die Tumorzellen eingeschleuste Gene liefern den Bauplan zur Synthese von Enzymen, die an Ort und Stelle ungiftige in giftige Substanzen umwandeln und so gezielt den Krebs bekämpfen.

VIRUSHÜLLE UMGESCHNEIDERT

Zu gewährleisten, dass diese Gen-Fähren ausschließlich die entarteten Zellen ansteuern, ist einer der wesentlichen Arbeitsschritte des Projekts. „Krebszellen besitzen spezifische Rezeptoren auf ihrer Oberfläche. Wir verändern die Hüllproteine des Virus derart, dass es gezielt an diese Rezeptoren andockt und nicht etwa gesunde Zellen angreift“, erklärt Fischer. „Zudem schützen wir die Viren vor dem Zugriff durch das Immunsystem, indem wir bestimmte Aminosäurereste auf der Hülle entfernen. So erreichen die Viren unbehelligt ihr Ziel.“ Bis Ende Oktober müssen die Arbeiten abgeschlossen sein und die Ergebnisse der Jury vorliegen. Dann wird es für die Studenten auch Zeit, ihre Koffer zu packen, um in der folgenden Woche ihre Ergebnisse in Boston zu präsentieren. ■

von Gwydion Brennan

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