Schlafprobleme? Angstzustände? Künftig zückt der Arzt bei solchen Beschwerden vielleicht ein Parfümfläschchen, statt ein Rezept für Valium auszustellen. Denn laut einer neuen Studie könnte ein synthetischer Duftstoff mit einem schweren jasminähnlichen Aroma auf das Gehirn genauso wirken wie Benzodiazepine, Barbiturate und Co. Im Labor dockt er nämlich an exakt denselben Rezeptor an – und verstärkt dadurch ähnlich wie die Beruhigungsmittel die Wirkung eines dämpfenden Gehirnbotenstoffs namens GABA.
Bis es die duftende Beruhigung auf Rezept gibt, wird es allerdings noch dauern, denn: „Wir wissen bisher nicht, wie der Duft auf Menschen wirkt“, bedauert der Bochumer Duftforscher Hanns Hatt, der den Effekt entdeckt hat. Bei Mäusen hat sich die Schnüffelkur schon bewährt: Der blumige Geruch beruhigt die Tiere, lässt sie leicht einschlafen und scheint auch angstlösend zu sein – genau wie Valium. Dennoch könnte es beim Menschen ein Problem geben: „Der Duft wirkt nicht wie viele andere Geruchsstoffe über die Nase, sondern direkt aufs Gehirn“, erläutert Hatt. Dazu muss der Duftstoff, der heute schon für den Einsatz in Waschmitteln und Kosmetika unter dem Namen Vertacetal vertrieben wird, über die Lunge ins Blut und dann ins Gehirn gelangen. Ob er dort aber in ausreichenden Mengen ankommt, ist nicht sicher. Hatt und seine Kollegen wollen daher möglichst schnell eine Studie mit Freiwilligen starten, um diese Frage zu klären.
Sollte das Ergebnis positiv ausfallen, könnten der Jasminduft und seine chemischen Verwandten Valium und Konsorten ausstechen: Es besteht Hatts Ansicht nach eine gute Chance, dass sie im Gegensatz zu den Benzodiazepinen nicht süchtig machen.