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Die graue Maus unter den Zahlen

Astronomie|Physik

Die graue Maus unter den Zahlen

In jeder Klasse gibt es so eine oder so einen. Meistens ist es ein Mädchen, nur manchmal ein Junge. Ihr Motto lautet „nur nicht auffallen“. Sie sitzt nicht in der ersten Reihe, aber auch nicht ganz hinten. Sie war nicht die Erste, die ein Profil auf Facebook hatte, aber inzwischen hat sie eins. Noch besitzt sie kein iPhone, aber bald wird sie eins haben – denn sie will nicht die letzte sein. Sie hat ein Gespür dafür, sich so rechtzeitig einzuklinken, dass sie sagen kann „ich war dabei“. Eine typische graue Maus.

Aber sie kann Mathe! Keiner weiß warum, aber irgendwie versteht sie, was in Mathe abgeht. Sie kann das Zeug sogar ihren Mitschülern erklären. Und vor allem: Sie macht ihre Hausaufgaben und stellt sie bereitwillig zur Verfügung. Manche schreiben nur ab, für andere ist das immerhin ein Anlass, kurz darüber nachzudenken. Sie ist selbst für die Jungs unverzichtbar, die sie sonst keines Blickes würdigen. Sie ist ein wichtiges Mitglied der Klassengemeinschaft.

Genauso ist die 10. Eigentlich furchtbar langweilig. Sie hat keine nennenswerten Eigenschaften und schwankt unentschieden zwischen Extremen hin und her.

Dagegen gibt es andere Zahlen mit fantastischen Eigenschaften: die Primzahlen, die nur zwei Teiler haben. Oder die Zahlen, die besonders viele Teiler haben – wie die 6, 12, 24 und 60. Oder auch die Quadratzahlen und die Fibonacci-Zahlen, die in der Natur vorkommen.

Und die 10? Welche Eigenschaften hat sie? Gut, 10 ist eine gerade Zahl. Aber das ist keine besondere Auszeichnung, denn die Hälfte aller Zahlen ist gerade.

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Wie sieht es mit Teilern aus? Okay, 10 hat nicht ganz wenige Teiler (sie ist ja keine Primzahl), aber auch nicht wahnsinnig viele: außer der 1 und der 10 gerade mal 2 und 5. Sie hält sich in der Mitte. Graue Maus eben.

Nun ja, ein paar interessante Eigenschaften hat die 10 dann doch: Wenn man die vier ersten natürlichen Zahlen addiert, erhält man 1 + 2 + 3 + 4 = 10. Die dreieckige Figur aus Punkten – vier auf der Grundlinie, darüber drei, darüber zwei und einer an der Spitze – nannten die Pythagoreer „Tetraktys“ (Vierheit). Aufgrund dieser Figur sahen die Pythagoreer die 10 als vollkommen an, eine Zahl, in der das Wesen der Zahlen an sich zum Ausdruck kommt. Zugegeben. Aber: Viel mehr loben kann man nicht.

Die 10 spielt in unserem Leben nur aufgrund des Dezimalsystems eine Rolle. Schon vor Jahrtausenden haben die Menschen Stellenwertsysteme benutzt: die Babylonier das 60er-System, die Maya das 20er-System. In mechanischen Rechengeräten wie dem römischen Abakus wurde das Dezimalsystem vorweggenommen.

Erfunden hat man es allerdings in Indien. Der Schlüssel war die Erfindung der Null im 8. Jahrhundert – danach trat das Dezimalsystem seinen Siegeszug an. Durch die Ausbreitung des Islam kam es mit der Null im Gepäck über Spanien und Frankreich nach Italien und Deutschland. Heute rechnet die ganze Welt zur Basis 10, ein unglaublicher Triumph. Neben der Tatsache, dass man mit dem Dezimalsystem alle Zahlen mit nur zehn Ziffern darstellen kann und deshalb auch mit großen Zahlen bequem rechnen kann, hat es sich auch deswegen durchgesetzt, weil wir zehn Finger haben. Aus diesem Grund ist die 10 – und mit ihr alle Zehnerzahlen – so bedeutsam für unser Leben.

Wir finden Zahlen, die hinten eine Null haben, besonders eindrucksvoll. Firmenjubiläen werden in Zehnerjahren gefeiert: 50 Jahre, 80 Jahre, 100 Jahre. Und wir erleben unsere runden Geburtstage als besondere Schwelle.

Die Majestät und Würde der 10 kommt zudem in den „zehn Geboten“ zum Ausdruck. Hier zeigt sich der Charakter der Zahl im Abgeschlossenen und Endgültigen: In den zehn Geboten ist alles gesagt, man braucht kein elftes.

Als Kind habe ich ein Buch gelesen, aus dem mir nur eine Szene in Erinnerung ist: Der Held der Geschichte ist ein Junge, der sich sehr auf seinen zehnten Geburtstag freut. Er begründet das so: „Der zehnte Geburtstag ist etwas ganz besonderes. Denn zehn wird man nur einmal“ – so wie diese Mathe-Kolumne in bild der wissenschaft!

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