Dass sich das globale Klima verändert, davon sind inzwischen die meisten Wissenschaftler überzeugt. Der Klimawandel äußert sich nicht nur durch den Anstieg der Temperaturen, sondern auch durch häufigere Extremereignisse wie Stürme, Überschwemmungen und Hitzewellen. Dabei spielt es eine große Rolle, wie Ökosysteme mit ihren Populationen und Lebensgemeinschaften reagieren. Bekannt ist, dass Ökosysteme mit einer großen Artenvielfalt stabiler sind und klimatische Extreme besser verkraften. Doch wie verhält es sich bei Lebensgemeinschaften, die nur von wenigen Pflanzen- und Tierarten dominiert werden?
Forscher des Max-Planck-Instituts für Limnologie in Plön um Thorsten Reusch haben dazu mit Kollegen des Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften in Kiel Seegraswiesen in der Ostsee untersucht. Sie bestehen normalerweise nur aus ein oder zwei Pflanzenarten, sind aber dennoch sehr produktiv, weil sie Nährstoffe umsetzen, Lebensraum für Fische, Muscheln, Schnecken und Seesterne bieten und die Küstenerosion eindämmen. Die wenigen Arten der Seegraswiesen weisen allerdings eine große Vielfalt von „Genotypen” auf – von Individuen mit unterschiedlicher genetischer Ausstattung.
Die Wissenschaftler, die Experimentalflächen mit unterschiedlicher genetischer Artenvielfalt angelegt hatten, profitierten von der Hitzewelle im Sommer 2003. Durch die hohen Temperaturen starben viele der Flachwasserlebewesen. Die Biologen beobachteten, wie das Ökosystem in den nächsten Monaten reagierte. Ergebnis: Die Test-Seegraswiesen mit vielen Genotypen erholten sich deutlich schneller und wiesen am Ende des Sommers mehr Biomasse und Pflanzendichte auf als Flächen, die genetisch einheitlicher waren.
Überrascht waren die Forscher, dass sie in den vielfältigen Flächen trotz der lebensfeindlich hohen Wassertemperaturen zudem mehr Muscheln, Krebse und Schnecken fanden.
Laut Reusch haben diese Ergebnisse erhebliche Auswirkungen auf den Naturschutz und das Umweltmanagement, da sie zeigen, dass es wichtig ist, genetische Vielfalt genauso wie Artenvielfalt zu schützen und zu erhalten.