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„Ich MÜSSTE DA STEHEN, ICH MÜSSTE DA STEHEN!“

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„Ich MÜSSTE DA STEHEN, ICH MÜSSTE DA STEHEN!“
Anfang Oktober wird die nächste Handvoll Nobelpreisträger verkündet. Was ist das eigentlich für eine Spezies, die da ausgezeichnet wird? Beobachtungen unter Preisträgern.

Jedes Jahr im Sommer ist das malerische Bodensee-Städtchen Lindau für ein paar Tage in der Hand der internationalen Forscherelite. Dann ist Nobelpreisträger-Tagung. Seit 1951 treffen dort abwechselnd Preisträger aus den Bereichen Physik, Chemie, Medizin und Wirtschaftswissenschaften mit Nachwuchsforschern aus aller Welt zusammen. Es gibt Vorträge und Podiumsdiskussionen, viele gesellige Veranstaltungen und für die jungen Forscher und Forscherinnen ausgiebig Gelegenheit, mit den „ Nobels“ zu diskutieren. Im vergangenen Jahr waren die Chemiker an der Reihe. 23 Laureaten waren anwesend – alles Herren, Durchschnittsalter um die 70. In diesem Jahr war das Meeting – wie alle fünf Jahre – interdisziplinär besetzt. Die Veranstalter konnten 59 Nobelpreisträger begrüßen, darunter immerhin 3 Frauen – und 690 junge Forscher, die mit den Größen diskutierten. Viele Journalisten waren da, Film- und Fernsehteams, Fotografen. Sie lockte die kurzzeitig größte Dichte an Nobelpreisträgern weltweit. Jedes Jahr nutzt Fotograf Volker Steger die Tagung, um den einen oder anderen Laureaten vor die Linse zu bekommen. Ganz oben auf Stegers Wunschliste stand 2009 der britische Chemiker Sir Harold W. Kroto. Mit zwei amerikanischen Kollegen erhielt „ Harry“ 1996 den Nobelpreis für die charismatischste Entdeckung, die Chemikern in den letzten Jahrzehnten gelungen ist: den „ Buckyball“, ein Molekül aus 60 Kohlenstoff-Atomen, das aussieht wie ein Fußball. Krotos Charisma steht dem des C60-Moleküls in nichts nach. Er ist Wis- senschaftler, Künstler, ein „ strenggläubiger Atheist“ (O-Ton Kroto), ein exzellenter Redner und begabter Pädagoge. Die Medien reißen sich um ihn. Nach einem fulminanten Vortrag, den die Jungforscher mit stürmischem Beifall bedachten, bekommt Steger laut Plan ein paar Minuten Zeit für das Fotoprojekt. Kaum ist Kroto im provisorischen Studio, greift er schon zum Stift, den Steger für ihn bereithält. Nach wenigen Strichen ist klar: Es wird der Buckyball. Mit kräftigen Strichen entsteht der Umriss, einzelne Felder füllt Kroto rot aus. Eine kritische Musterung, ein paar Korrekturen, die Signatur – und nach fünf Minuten ist die Zeichnung fertig. Weitere fünf Minuten zum Posieren, dann hat der Fotograf seine Optik im Kasten. Noch ein paar Worte, dann steuert Kroto die Tür an. Er hat es eilig, irgendwer oder irgendwas wartet immer auf einen Nobelpreisträger. Ob er noch zwei, drei Fragen beantworten kann? Kroto hält inne, überlegt kurz und setzt sich wieder. Für Fragen hat er offenbar Zeit – viel Zeit, denn es werden weit mehr als zwei oder drei.

Kroto ist kein Einzelfall. Die Preisträger erweisen sich in der Bodensee-Atmosphäre als umgänglich. Sie genießen es, gefragt zu werden und ausführlich antworten zu können. In den Pausen sind sie vom Nachwuchs umringt. Der diskutiert, will Autogramme, lässt sich nur zu gern mit den Granden fotografieren. „Man wird hier in einer Weise ernst genommen“, urteilt Kroto, „wie es sonst selten passiert.“ Dies sei ein Ort, „wo man sich gelegentlich wie ein Rockstar vorkommt“. Im Leben eines Nobelpreisträgers gibt es viele schöne Momente. Die Lindau-Tagung ist einer davon.

Die meisten Forscher sind angenehme Menschen. Kein Wunder – sie machen das, was ihnen Spaß bringt und bekommen noch Geld dafür. Nobelpreisträger sind die angenehmsten. Sie haben das Edelste erreicht, was ein Wissenschaftler hier auf Erden erreichen kann. Die großen Lebens- und Karrierekämpfe sind ausgefochten. Sie müssen nichts und niemandem mehr etwas beweisen. Sie stehen über den Dingen. Man überschüttet sie, nicht nur in Lindau, mit Anerkennung und Zuneigung. Sie sind, wie die amerikanische Soziologin Harriet Zuckerman 1977 in ihrem Standardwerk „Scientific Elite“ festgestellt hatte, Nutznießer des Matthäus-Effekts, benannt nach dem Verfasser des gleichnamigen Evangeliums. Wissenschaftlich gesehen beschrieb der Evangelist einen Prozess positiver Rückkopplung, als er verkündete: „Denn wer da hat, dem wird gegeben werden.“

Der Effekt steht, so Zuckerman, für ein sich selbst verstärkendes Belohnungssystem der Wissenschaft mit dem Nobelpreis an der Spitze. Wohl jeder Wissenschaftler, der seit vielen Jahren solide experimentiert, ein paar Papers auf seinem Konto hat, aber nichts, was ihn wirklich aus der Schar Tausender von Kollegen heraushebt, tagträumt dann und wann, wie schön doch ein Nobelpreis wäre. Meist ist ihm aber klar, dass er in einer anderen Liga spielt. Ebenso wissen oder ahnen umgekehrt die wenigen Forscher, die sich realistische Hoffnungen auf eine Reise ins winterliche Stockholm machen können, dass sie zu den Kandidaten gehören. Denn diese Menschen haben bereits von dem Matthäus-Effekt profitiert. Sie veröffentlichen in den renommierten Fachzeitschriften. Ihre Arbeiten werden sehr häufig zitiert und sind bahnbrechend. Sie haben anspruchsvolle Preise erhalten – wie der Jülicher Physiker Peter Grünberg. Er konnte sich 1998 über den Deutschen Zukunftspreis freuen, im Frühjahr 2007 überreichte ihm der japanische Kaiser den renommierten und hoch dotierten Japan-Preis, und acht Monate später krönte der schwedische König sein Werk mit dem Nobelpreis.

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Sie gehören zur Ultra-Elite der Forschung. Aber viele, die ebenso dazu gehören, die bahnbrechende Forschung geleistet haben, warten Jahr um Jahr Anfang Oktober vergeblich auf den Anruf aus Stockholm. „Die Welt ist voll von Leuten, die den Nobelpreis verdient hätten, ihn aber nicht erhalten haben und ihn auch nie erhalten werden.“ So sprach schon 1963 der schwedische Chemiker Arne Tiselius. Er muss es wissen, denn er war selbst Preisträger und Vorsitzender der Stockholmer Nobelstiftung. „Jedes Jahr“, sagt auch Harriet Zuckerman, „haben mehr Wissenschaftler den Nobelpreis verdient, als ihn erhalten können.“ Und jedes Jahr wieder grummeln Wissenschaftler, dass man sie übergangen habe. Und Kollegen machen lautstark geltend, dass der und der Wissenschaftler den Preis verdient habe. Bei anderen Wissenschaftspreisen gibt es solche Beschwerden höchst selten. Aber diese haben auch nicht das Renommee und die Ausstrahlung der vom schwedischen König überreichten Auszeichnung. Der Heidelberger Krebsforscher Harald zur Hausen (Nobelpreis 2008) schilderte in seiner Rede anlässlich des Nobel-Festbanketts die Reaktion seiner dreijährigen Enkelin Hanna, als sie erfuhr, dass ihr Großvater den Nobelpreis erhalten habe. Mit Tränen in den Augen habe sie den Preis auch für sich gefordert. Ein Kollege habe die Geschichte wie folgt kommentiert: „Ihre Enkelin hat den brennenden Wunsch vieler Wissenschaftler ausgesprochen. Nur weinen diese normalerweise nicht in der Öffentlichkeit.“

Manche aber doch, wie der deutsche Physiker Max Born, der in den 1920er-Jahren zusammen mit Werner Heisenberg die mathematischen Grundlagen der Quantenmechanik schuf. Heisenberg erhielt dafür 1932 den Nobelpreis, Born ging leer aus. Der indische Astrophysiker S. Chandrasekar (Nobelpreis 1983) erinnert sich an eine Feier im Jahr 1933, die das Cavendish Labor im englischen Cambridge zu Ehren der Preisträger ausrichtete. Als Heisenberg den Raum betrat und alle stehend applaudierten, habe es bei Born kein Halten mehr gegeben: „Ich müsste da stehen, ich müsste da stehen!“, soll er unter Tränen gestammelt haben. Zwei Jahrzehnte trug Born schwer an dieser Ungerechtigkeit, wie er es nannte. Noch 1953 beklagte er sich in einem Brief an Einstein: „ Er [Heisenberg] hat die Ernte für gemeinsame Arbeit eingeheimst, soweit es äußeren Erfolg, wie Nobelpreis und solche Dinge, betrifft.“ Ein Jahr später erhielt Born doch noch den Preis zugesprochen.

Weniger gut endete ein anderes Nobeldrama. 1983 erhielt der US-Physiker William Fowler den Nobelpreis. Zusammen mit dem britischen Astrophysiker Fred Hoyle hatte er entschlüsselt, wie die schweren Elemente in den Sternen entstehen. Die entscheidenden Beiträge dazu lieferte Hoyle, wie Fowler immer wieder betonte. Doch der Brite ging leer aus. Am stärksten erschütterte das den Laureaten selbst. Als „griechische Tragödie“ hat Don Clayton, einer von Fowlers früheren Studenten, die Geschichte erlebt: Bis an sein Lebensende habe Fowler Hoyles Zurücksetzung beklagt und sich immer weniger an dem Preis freuen können. Hoyle hat sich zu der Geschichte nie geäußert. Nach der Auszeichnung 1983 haben Fowler und er nie mehr miteinander gesprochen. Misstöne begleiten mitunter auch heute die Nobelpreisvergabe:

• Als der schwedische Pharmaforscher Arvid Carlsson 2000 den Medizinpreis erhielt, protestierten über 200 Kollegen dagegen, dass man den Wiener Pharmakologen Oleh Hornykiewicz übergangen habe.

• Schweres Geschütz fuhr drei Jahre später der Mediziner Raymond Damadian auf: Auf ganzseitigen Anzeigen in amerikanischen Tageszeitungen beklagte er heftig, dass man ihn bei der Auszeichnung für die Entwicklung der MRI-Technologie ignoriert habe.

• 2007 wunderte sich der Berliner Chemiker Gerhardt Ertl sehr darüber, dass ihm das Nobelkomitee für seine grundlegenden Arbeiten zur Oberflächenchemie einen ungeteilten Nobelpreis zusprach, sein amerikanischer Kollege Gabor Somorjai für vergleichbare Arbeiten aber leer ausging.

Jedes Jahr erneut hätten viele den Preis verdient, aber nur wenige werden geehrt. Selten gibt es Kritik an den Ausgewählten – doch lamentiert wird über die Übergangenen. Diese müssen sich, wie Zuckerman schreibt, mit dem 41. Sitz begnügen. Die Soziologin bezieht sich damit auf die renommierte Académie franç aise, deren Mitgliederschaft auf 40 sogenannte Unsterbliche begrenzt ist. Wer den 41. Sitz einnimmt, ist den Unsterblichen in jeder Beziehung ebenbürtig, mit Ausnahme davon, dass er auf keinem der begehrten Plätze sitzt. Viel Trost scheint diese Ebenbürtigkeit den Übergangenen nicht zu bieten: Nach Untersuchungen der Universitäten Harvard und Cambridge werden Nobelpreisträger im Schnitt 1,8 Jahre älter als Kollegen, die zwar nominiert, aber nicht ausgezeichnet wurden.

Ein Forscher, der sich Hoffnungen auf einen Nobelpreis macht, hat in der ersten Oktoberwoche unruhige Nächte. Am Montag ermittelt die Nobelversammlung des Karolinska-Instituts den oder die Medizin-Preisträger. An den darauffolgenden Tagen stimmen die Mitglieder der Schwedischen Akademie der Wissenschaften darüber ab, wer die Preise für Physik und Chemie erhält. Meist ist die Abstimmung Routine, denn die zuständigen Komitees haben schon die Vorauswahl getroffen. Anschließend greift der Vorsitzende zum Telefon. Es ist später Vormittag in Europa und Nacht in den USA, wenn das Telefon bei dem oder der Angewählten läutet. Sieht diese Person auf dem Display eine Nummer, die mit 00468 beginnt, weiß sie sich auf bestem Weg zum Olymp.

Nach der Mitteilung hat der Preisträger noch etwa eine halbe Stunde Zeit. Dann endet sein bisheriges Leben. Die Hölle bricht los: Telefonanrufe ohne Ende, Kollegen gratulieren, Journalisten wollen Interviews. Der amerikanische Physiker Roy Glauber, (Physik-Nobelpreis 2005) erlebte den Tag der Verkündigung so: „Es ist, als sei man in einen Wirbelsturm geraten.“ Nahezu ungebrochen hält die Hektik an bis zur Nobelwoche im Dezember. Dann überreicht der schwedische König den Laureaten Medaille und Diplom. Viel hat sich an der Zeremonie im Königspalast seit der ersten feierlichen Vergabe 1901 nicht geändert, nur perfekter ist alles geworden. Später gibt es im Stockholmer Rathaus ein prächtiges Bankett, mit Musik, Ansprachen, Toasts und einem erlesenen Menü. Die Nacht wird durchgefeiert. Ein paar Tage später folgt das Luciafest, zu dem traditionsgemäß schwedische Studenten die Nobelpreisträger einladen. Es ist eine prägende Erfahrung. „Das Ganze war unübertrefflich, die beste Woche des Lebens“, erinnert sich der deutsche Physiker Wolfgang Ketterle, Nobelpreisträger von 2001. „Voller Eleganz, voller Begeisterung für Forschung und Wissenschaft. Das ganze Land feiert.“ Und es geht so weiter. Man ist nun eine öffentliche Person. Der französische Physiker Georges Charpak (Nobelpreis 1992) erhält freien Kaffee, wann immer er im Pariser Universitätsviertel eine Bar betritt. Und der amerikanische Neurologe Eric Kandel (Medizin-Nobelpreis 2000 und Jahrgang 1929) hat festgestellt, dass Frauen, mit denen er am College ein Date hatte, ihn plötzlich wieder interessant finden.

Ein Nobelpreisträger, gleich welchen Fachs, wird automatisch zum Experten für alles. „Man hat mich nach allem nur Möglichen gefragt“, meinte etwa der amerikanische Ökonom Milton Friedmann, Preisträger von 1976, „angefangen bei einem Heilmittel gegen Erkältung bis hin zum Marktwert eines von John F. Kennedy unterschriebenen Briefes“. Gern befragt man die Laureaten nach Themen von global-moralischer Bedeutung. In den 1960er- und 1970er- Jahren war das erst die Bevölkerungsexplosion, dann der Weltfriede. Heute sind es Klima und Energie. Es scheint, als habe der Laureat in den Augen der Öffentlichkeit mit der Nobelmedaille zugleich die päpstliche Gabe erhalten, über Gut und Böse zu befinden. Ein Nobelpreis öffnet Türen, bringt aber auch viel Ablenkung. „Er ist eine märchenhafte, wunderschöne Sache“, meint etwa der israelische Mathematiker Robert Aumann, Preis für Ökonomie 2005. Allerdings sei die Auszeichnung für Forschung, Lehre oder jede Art akademische Arbeit eher hinderlich. Auch der deutschen Molekularbiologin Christiane Nüsslein-Volhard (1995) erging es so: „Der Nobelpreis bedeutete eine starke Unterbrechung meiner Karriere. Er brachte viel Ablenkung und vergeudete Zeit. Es fehlte die Zeit, Neues zu machen.“ Alfred Nobel wollte mit seiner Stiftung das Gegenteil bewirken. Der Preis sollte vielversprechenden Forschern wirtschaftliche Unabhängigkeit bieten und es ihnen ermöglichen, sich „ganz der Forschung zu widmen“. Entsprechend hoch war das Preisgeld. Die ersten Nobelpreise 1901 waren mit je 42 000 Dollar dotiert – das war 70 Mal so viel wie einer der renommiertesten damaligen Preise bot: die von der Royal Society überreichte Rumford-Medaille.

Mithilfe des Preises zukünftige Forschung fördern hätte bedeutet, die naturwissenschaftlichen Preise rasch zu vergeben. Doch das geschieht nur in Ausnahmefällen – etwa 1987, als der Physik-Nobelpreis an Georg Bednorz und Alexander Müller vom IBM-Forschungslabor in Zürich ging. Die beiden hatten ein Jahr davor die Hochtemperatur-Supraleitung in Keramiken aus Kupferoxiden entdeckt. Es war eine spektakuläre Entdeckung, die in Wissenschaft und Öffentlichkeit eine Hype bewirkte, dem sich auch das Nobelkomitee nicht entziehen wollte. In der Regel scheut das Komitee das Risiko einer schnellen Entscheidung. Forscher werden erst bekränzt, wenn ihre Entdeckungen sich bewährt haben. Im Schnitt muss ein Naturwissenschaftler mehr als zwei Jahrzehnte warten, bis das Komitee seine bahnbrechende Entdeckung auszeichnet. Nur wenige sind dann noch die jungen Forscher mit Zukunft, die Alfred Nobel ursprünglich fördern wollte: Physiker sind im Durchschnitt 54 Jahre alt, wenn sie den Olymp erreichen, Chemiker ein Jahr älter, Mediziner 57. Ökonomen, mit durchschnittlich 67 Jahren, fahren meist als Rentner nach Stockholm. Damit ist der Nobelpreis eher ein Preis für das Lebenswerk eines Forschers, auch wenn meistens eine bestimmte Entdeckung ausgezeichnet wird.

Das muss nicht negativ sein: Es passt zum Alter der Laureaten und zu der Verehrung, die man ihnen entgegenbringt. Der Nobelpreis hängt am Träger selbst und ist Teil seiner Person. Wie das kleine Wörtchen „von“ im Namen adliger Geschlechter führt er zu Aufmerksamkeit, Ansehen, Vorteilen und Freiheiten. Freiheit heißt zum Beispiel, etwas anderes machen zu können – wie es etwa der amerikanische Physiker Carl Wieman tat, der 1995 ausgezeichnet wurde. Er erforscht und entwickelt seit vielen Jahren neue Methoden für Physikunterricht und Physikstudium. „Der Nobelpreis“, sagt er, „gibt einem die nötige Glaubwürdigkeit und das Gewicht, um derartige Probleme anzupacken.“ Der Pharmakologe Arvid Carlsson sammelte ähnliche Erfahrungen mit seiner in den 1990er-Jahren gegründeten Firma. Bis zu seinem Nobelpreis im Jahr 2000 hatte die Firma stets Schwierigkeiten, Geldgeber zu finden. Nach dem Preis konnte Carlsson aus mehreren Offerten wählen. Und Peter Grünberg, den man im Forschungszentrum Jülich schon in Rente geschickt hatte, erhielt nach dem Preis von seinem Arbeitgeber einen neuen Vertrag als Helmholtz-Professor.

Rechnet man die Ökonomen dazu, so sind bisher 603 Forscherinnen und Forscher mit einem wissenschaftlichen Nobelpreis ausgezeichnet worden. Exakt 256 waren Mitte Juli dieses Jahres noch am Leben. Die Nobels bilden einen ultra-exklusiven Klub, weit exklusiver als der Adel, zu dem allein in Deutschland immerhin rund 40 000 Personen gehören. Freiherren, Grafen oder Könige erben ihren Titel. Ein Nobelpreisträger hat sich seinen Titel verdient – durch kluge Ideen, Durchhaltevermögen, Einsatz und harte Arbeit. Das ist wahre Nobilität. ■

HEINZ HOREIS beobachtet für bild der wissenschaft seit Jahren die internationale Wissenschaftsszene.

von Heinz Horeis (Text) und Volker Steger (Fotos)

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