Forscher der Chinesischen Akademie der Wissenschaften wollen in einer groß angelegten Umsiedlungsaktion die vom Aussterben bedrohten chinesischen Flussdelfine (Lipotes vexillifer) retten. Die Zahl der fast blinden Tiere, die nur im Jangtse vorkommen, hat drastisch abgenommen. Vor 50 Jahren waren in dem chinesischen Fluss noch 6000 Delfine heimisch, heute sind es nach optimistischen Schätzungen noch 100 Exemplare. Zu schaffen machen den Säugern nach Ansicht der Wissenschaftler um Zhu Zuoyan Wasserverschmutzung, Austrocknung, der Bau von Dämmen sowie illegaler Fischfang mit Schleppnetzen und der zunehmende Schiffsverkehr auf dem drittlängsten Fluss der Welt. Als letzten Ausweg sehen die Forscher eine Umsiedlung der Delfine in ein Naturreservat der Provinz Hubei, dessen Flüsse zum Teil aus dem Jangtse gespeist werden und deshalb ein ähnliches Ökosystem aufweisen. Die Kosten des Projekts werden auf sechs Millionen Euro geschätzt. Artenschützer wie die Whale and Dolphin Conservation Society warnen jedoch vor der Aktion: Der Fang und Transport der scheuen Tiere berge ein hohes Verletzungsrisiko und verursache möglicherweise tödlichen Stress. Außerdem sei völlig unklar, ob sich die Flussdelfine an die neue Umgebung gewöhnen würden. Es sei bestenfalls möglich, dass das vorgeschlagene Reservat das Überleben der Art verlängern, aber nicht sichern kann.
Hans Groth