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Künstliche Polarlichter

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Künstliche Polarlichter
Mit Radiowellen läßt sich die Ionospähre zum Leuchten bringen. Das sorgt nicht nur für ein himmlisches Spektakel, sondern erhellt auch die turbulenten Prozesse in der Hochatmosphäre.

Der Funkverkehr mit Satelliten wird von Wolken in der Ionosphäre immer wieder beeinträchtigt. Mit neuen Beobachtungsverfahren der Vorgänge hoch über der Erde wollen Wissenschaftler diese Störeffekte rechnerisch eliminieren. Normalerweise ist die Ionosphäre unsichtbar. Doch manchmal entfesselt das Bombardement energiereicher Sonnen-Teilchen in dieser Schicht der Erdatmosphäre in 100 bis 500 Kilometer Höhe ein gespenstisches Glühen: Die Partikel regen vor allem Sauerstoff-Atome in der Luft an, rotes oder grünes Licht auszusenden. So entstehen die Polarlichter.

Sie lassen sich auch künstlich erzeugen: Starke Radiowellen können Elektronen in bestimmten Bereichen der Ionosphäre so stark beschleunigen, daß sie die Sauerstoff-Atome dort zum Leuchten bringen – ähnlich wie es die energiereichen Teilchen von der Sonne tun. Jetzt ist es Wissenschaftlern um Michael Kelley von der Cornell University im US-Bundesstaat New York gelungen, niedrig schwebende Plasmawolken in der sogenannten sporadischen E-Schicht durch ein solches künstliches Polarlicht sichtbar zu machen. Damit ist ein Störenfried des Funkverkehrs dingfest geworden.

Von dieser Schicht wissen die Forscher bislang nur, daß sie aus einzelnen Ionen-Wolken in 80 bis 120 Kilometern Höhe besteht, die sich häufig im Sommer am frühen Abend bilden. Sie setzen sich zusammen aus Eisen- und Magnesium-Ionen, die von staubkorngroßen Mikrometeoriten freigesetzt werden, wenn diese in der Atmosphäre verglühen. Die Ionen haben eine Lebensdauer von einigen Stunden. Wieso sie sich zu bestimmten Jahreszeiten in Wolken konzentrieren, war lange rätselhaft, denn der Meteoriteneinfall ist das ganze Jahr über relativ konstant. Erst vor wenigen Jahren zeigten Messungen mit Raketen, daß Winde in der Hochatmosphäre zusammen mit dem Erdmagnetfeld der Grund sind. Die Winde ändern ihre Stärke und Richtung mit der Höhe und nehmen dabei die Teilchen mit. Die Metall-Ionen können allerdings nur in Richtung der Feldlinien fliegen und nicht senkrecht dazu. Beide Kräfte – Winde und Magnetfelder – führen dazu, daß sich die Ionen im Sommer manchmal in den beobachteten Wolken ansammeln.

Äußerst lästig sind die Wolken für den Kurzwellen-Funkverkehr, da sie elektromagnetische Wellen im Megahertz-Bereich streuen. Bei der modernen Satellitennavigation stören sporadische E-Schichten dagegen kaum, da sie Wellen mit einer Frequenz von einigen Gigahertz nur leicht schwächen. „Nur bei sehr präzisen Messungen, wenn es um eine Genauigkeit von Zentimetern oder Millimetern geht, muß man die Ionosphäre berücksichtigen“, sagt Ionosphärenforscher Kristian Schlegel, Professor am Max-Planck-Institut für Aeronomie in Katlenburg-Lindau. „Kennt man die Elektronendichte der Ionosphäre, kann man die Fehler herausrechnen.“

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Vielleicht läßt sich das schon bald verbessern. Kelleys Team konnte mit den Radiowellen zeigen, daß die Plasmawolken, die sich teilweise 25 bis 50 Kilometer weit über den Himmel erstrecken, keineswegs homogen sind, sondern zahlreiche Lö-cher haben. „Dies ist die erste Methode, um die horizontale Struktur einer sporadischen E-Schicht sichtbar zu machen“, schreiben die Forscher in den Physical Review Letters. Für ihre Messungen benutzten sie das größte Radioteleskop der Welt in Arecibo (Puerto Rico) als Sender. Dank der 300 Meter großen Antenne konnten sie die Radiowellen mit hoher Energie relativ punktförmig in die Luft schicken. Das starke elektrische Feld der Wellen beschleunigt Elektronen so, daß deren Energie ausreicht, um Sauerstoff-Atome zum Leuchten zu bringen. Kelley und Kollegen wollen ihr „Mini-Polarlicht-Labor“ jetzt gezielt in den Sommermonaten einsetzen, wenn sporadische E-Schichten häufig sind.

Ute Kehse

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