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Die hellsten Sterne der Gutenberg-Galaxis

Allgemein

Die hellsten Sterne der Gutenberg-Galaxis
Das Schicksal von Planeten, Sternen und Galaxien – und die Suche nach Gott im Universum. In den neuen Astronomie-Büchern geht es ums Ganze.

Einer der über 100 Milliarden Sterne in der Milchstraße ist für uns lebenswichtig – die Sonne. Deren Kinder, Die Planeten, stellen die beiden Journalisten David McNab und James Younger in Bild und Wort vor – ein prachtvoller Band, der auch die Nostalgie vergangener Forschungsunternehmen spiegelt. Für kundige Leser bietet er allerdings wenig Neues. Selbst aktuelle Fotos von Mars und Jupiter gibt es kaum.

Die fehlen zwar völlig in David Morrisons Steckbrief der Planetenwelten, doch dafür informiert der Direktor der Raumfahrtabteilung des Ames Research Center der NASA sehr sachkundig über unsere Nachbarn im All. Viele Fotos zeigen die phantastischen Landschaften, und die exzellenten Grafiken erleichtern das Verständnis der manchmal schwierigen Zusammenhänge.

Jedem, der sein Astrowissen auffrischen oder erst anlegen möchte, sei das übersichtliche Buch gleichen Namens von Hans-Ulrich Keller empfohlen. Der Direktor des Planetariums in Stuttgart hat alle wichtigen Zahlen, Daten und Fakten der Astronomie zusammengestellt. Viele Tabellen präsentieren die wichtigsten Informationen auf einen Blick.

„Ein Report zur Lage des Universums“ stammt von Timothy Ferris. In der deutschen Übersetzung heißt das Buch irreführend Chaos und Notwendigkeit. Leicht verständlich und doch detailliert skizziert der renommierte kalifornische Astronom und Wissenschaftsjournalist die modernen Vorstellungen vom Aufbau und Anfang des Universums, seiner Geometrie und Entwicklung. Da das amerikanische Original bereits 1997 erschienen ist, fehlen leider jüngere wichtige Forschungserkenntnisse. Einige davon sind in einer aktuellen Artikelsammlung zum Thema kosmologie zusammengestellt. Darin berichten zahlreiche Fachleute kurzweilig, zum Teil aber auch ziemlich anspruchsvoll von ihren Erkenntnissen.

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Um den Beginn des Universums geht es in Das kleine Buch vom Big Bang von Craig J. Hogan, Astronom an der University of Washington in Seattle. Von vielen ähnlichen Werken unterscheidet es sich durch seine kompakte Darstellung und hohe Informationsdichte. Ein Glossar hilft, wichtige Begriffe rasch zu verstehen. Gute Grafiken veranschaulichen abstrakte Sachverhalte.

Das andere Extrem der Zeit haben Fred Adams von der University of Michigan und Greg Laughlin von der University of California in Berkeley als Thema gewählt: die Physik der Ewigkeit. Die Astrophysiker haben das bislang umfassendste Bild vom Ende des Alls beschrieben. Sie unterscheiden Fünf Zeitalter des Universums: Das Zeitalter der Urmaterie vom Urknall bis zur Bildung der Atome. Das Zeitalter der leuchtenden Sterne, in dem wir leben. Das Zeitalter der entarteten Sterne, in dem es allmählich finster wird, weil dem Universum der Brennstoff ausgeht. Das Zeitalter der Schwarzen Löcher, in dem die gewöhnliche Materie zerfallen ist und die Schwerkraftfallen und Sternruinen dominieren. Und das Zeitalter der Dunkelheit, in dem selbst die Schwarzen Löcher verdampft sind, ein lebensfeindlicher, beinahe leerer Raum sich endlos weiter ausdehnt und die Zeit allmählich ausklingt. Nicht in einem furiosen Knall, sondern im langsamen Zerfall endet also alle Pracht und Herrlichkeit.

Bei diesen Aussichten drängen sich philosophische Gedanken auf. Über den Wandel der Weltbilder, Die Vollzähligkeit der Sterne, die Menschen und Geschichten hinter der Geschichte der Astronomie und viele andere Aspekte hat der 1996 verstorbene Philosoph Hans Blumenberg im Lauf von über drei Jahrzehnten brillante Essays, Glossen und Betrachtungen verfaßt.

Die Stabilität der Welt ist demgegenüber ein schwergewichtiges Thema. Der Gießener Wissenschaftstheoretiker Berthold Suchan erzählt die Forschungsgeschichte der Kosmologischen Konstante, die von Albert Einstein 1917 in die Relativitätstheorie eingeführt wurde, um das damalige statische Weltbild zu retten. Das mißlang, aber Einsteins – nach eigenem Bekunden – „größte Eselei“ feiert in den letzten Jahren eine stürmische Wiedergeburt: Die Kosmologische Konstante – eine mysteriöse Vakuumenergie – bestimmt tatsächlich die großräumige Struktur und Dynamik des Universums. Leider geht Suchan auf diese neuen Erkenntnisse kaum ein.

In jüngster Zeit sind die gewaltigen Fortschritte in der Kosmologie wieder Anlaß für einen Dialog zwischen Naturwissenschaftlern und Theologen geworden. Zwei neue Bücher belegen, daß diese Gespräche konstruktiv geführt werden können. Zu einer fiktiven Weltraummission auf der Suche nach Gott sind Arnold Benz, Astrophysiker an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich, und Samuel Vollenweider, Neutestamentler an der Evangelisch-Theologischen Fakultät Bern, aufgebrochen. Sie diskutieren buchstäblich über Gott und die Welt: Gibt es eine ordnende, schöpferische Macht im oder hinter dem Universum?

Um die Frage nach Kosmologie und Kreativität und um das Verhältnis von Wissenschaft und Religion kreist auch der Gedankenaustausch zwischen dem Teilchenphysiker Jürgen Audretsch von der Universität Konstanz und dem Neutestamentler Hans Weder von der Universität Zürich. Mit der Ausdehnung des Wissenshorizonts in der Astronomie wächst eben das Bedürfnis nach Orientierung. Angesichts der Expansion des virtuellen Raumes in der Cyberrealität wurde die „Gutenberg-Galaxis“, wie Marshall MacLuhan die Welt des Gedruckten genannt hatte, schon als kosmisches Fossil abgestempelt. Doch bisher gehen offenbar immer wieder neue strahlende Sterne am Bücherhimmel auf. David McNab, James Younger DIE PLANETEN C. Bertelsmann 1999, DM 20,–

David Morrison PLANETENWELTEN Spektrum Akademischer Verlag, 1999 DM 25,–

Hans-Ulrich Keller ASTROWISSEN Franckh-Kosmos 2000, DM 49,90

Timothy Ferris: CHAOS UND NOTWENDIGKEIT Droemer, 2000, DM 58,–

KOSMOLOGIE Spektrum der Wissenschaft Dossier, 2000, DM 16,80

Craig J. Hogan: DAS KLEINE BUCH VOM BIG BANG dtv, 2000, DM 17,50

Fred Adams, Greg Laughlin FÜNF ZEITALTER DES UNIVERSUMS Deutsche Verlags-Anstalt 2000, DM 39,80

Hans Blumenberg DIE VOLLZÄHLIGKEIT DER STERNE Suhrkamp, 2000 DM 32,90

Berthold Suchan DIE STABILITÄT DER WELT Mentis, 1999 DM 68,–

Arnold Benz, Samuel Vollenweider EINE WELTRAUMMISSION AUF DER SUCHE NACH GOTT Patmos, 2000 DM 49,80

Jürgen Audretsch, Hans Weder KOSMOLOGIE UND KREATIVITÄT Evangelische Verlagsanstalt, 1999 DM 26,80

Rüdiger Vaas

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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

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