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Roteiro – der EM-Ball

Astronomie|Physik Gesellschaft|Psychologie

Roteiro – der EM-Ball

Demnächst rollt wieder der Ball. Wenn die Fußball-Europameisterschaft begonnen hat, werden die Zeitungen und die Fernsehprogramme voll sein mit Berichten aus den Trainingslagern, Experten-Interviews – und den Wehwehchen der Spieler. Die Emotionen werden hochkochen, die Spiele werden mal so, mal so sein – und wenn alles vorbei ist, hat es jeder eigentlich schon vorher gewusst.

Dabei gerät leicht die Hauptsache aus dem Blick, der Fußball selbst. Der Ball, das Objekt der Begierde. Natürlich muss zu jedem internationalen Großereignis der Ball neu designed werden – sonst würde ja niemand neue Bälle kaufen. Diesmal hat man sich etwas besonders Attraktives einfallen lassen. Der EM-Ball ist silbern und erinnert an die Erdkugel, die aufgemalten Linien symbolisieren die Längen und Breitengrade. Die große Entdecker- und Eroberertradition Portugals lebt wieder auf. Am deutlichsten wird das beim Namen des Balls: Roteiro, so hieß das Logbuch des portugiesischen Entdeckers und Seefahrers Vasco da Gama (1469 bis 1524).

Die schöne Oberfläche des Balls kann aber nicht verbergen, wie es drunter aussieht, das heißt aus welchen Teilen der Fußball zusammengenäht wurde. Das sind regelmäßig angeordnete Vielecke, und zwar Sechsecke und Fünfecke. Wenn Sie den Roteiro in die Hand nehmen, fühlen Sie es. Sie können sich aber auch einen Fußball vorstellen. Dabei denken Sie sicher an einen schwarz-weißen Ball, bei dem die schwarzen Flecken gleichmäßig verteilt sind. Die schwarzen Teile sind die Fünfecke und die weißen die Sechsecke.

Ihre Vorstellung sagt Ihnen, dass ein Fußball im Grunde weiß ist und nur einzelne schwarze Flecken hat. Dies ist richtig: Es gibt 20 (weiße) Sechsecke und nur 12 (schwarze) Fünfecke. Mit Sechsecken alleine wäre man aufgeschmissen. Denn Sechsecke passen so perfekt zusammen, dass sie eine Ebene bilden. Da jeder Winkel genau 120 Grad beträgt, addieren sich drei zu 360 Grad, dem ebenen Vollwinkel. Mit anderen Worten: Mit regulären Sechsecken entsteht beim besten Willen nichts Fußballähnliches. Mit Fünfecken alleine könnte man einen „runden“ Körper machen: Zwölf Fünfecke ergeben den Dodekaeder (Zwölfflächner), einen der „ platonischen Körper“, die schon der griechische Philosoph Platon untersucht hat.

Aber der Dodekaeder wäre für die heutigen Ball-Artisten mit ihrer filigranen Technik viel zu unrund. Deshalb hat man den Fußball mit 32 Teilen gewählt – ein Kompromiss zwischen optimaler Rundung und überschaubarer Zahl der Teile. Weitere Möglichkeiten, Körper aus regelmäßigen Vielecken zu bilden, habe ich in meiner Kolumne 11/2000 gezeigt.

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So ein Fußball muss ja nun aber auch hergestellt werden. Die Teile werden zusammengenäht, und zwar so, dass alle Nähte innen sind. Wie das geht? Ihre spontane Meinung, dass der Ball links genäht und dann nach rechts umgestülpt wird, kann nicht richtig sein – dann müssten Sie den Ball auch wieder nach links stülpen können!

Aber im Grunde ist die Idee schon richtig: Der Ball wird so lange links genäht, bis man ihn gerade noch umstülpen kann. (Dazu sind kleine, kräftige Hände nützlich, deshalb werden viele Bälle in Kinderarbeit hergestellt. Auf Ihrem steht aber sicher, dass er nicht in Kinderarbeit hergestellt wurde.) Nach dem Umstülpen sind noch nicht alle Nähte gesetzt. Die letzten werden mit groben Stichen so genäht, dass man am Ende nur an einem Faden zotteln muss – und alles zieht sich zusammen!

Mein Tipp für die Europameisterschaft: Wenn Sie zu viel Frust mit Ihrer Mannschaft erleben, dann denken Sie doch einfach an die mathematische Schönheit des Fußballs! ■

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