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Da draußen ist keiner!

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Da draußen ist keiner!
Die Menschheit – allein in der Milchstraße. Wenn es außerirdische Zivilisationen gäbe, hätten wir wohl längst mit ihnen Kontakt geknüpft. Deshalb ist die Wahrscheinlichkeit groß, daß wir die einzige intelligente Art in der Galaxis sind.

Sind wir allein im All? Ist die Antwort nicht offensichtlich: „ Natürlich sind wir nicht allein“? Immerhin gibt es über 100 Milliarden Sterne allein in unserer Milchstraße. Wir haben inzwischen harte Indizien dafür, daß viele davon Planeten besitzen. Wer genauer nachdenkt, stößt jedoch auf Schwierigkeiten. Denn selbst wenn es nur bei jedem tausendsten Stern eine hochentwickelte Zivilisation gäbe, würden allein in der Milchstraße mindestens 100 Millionen bewohnte Planeten existieren. Doch dann sollten sich Außerirdische auf unserer Erde tummeln, und der Raum sollte ausgefüllt sein mit Nachrichten und Raumsonden zwischen den Kulturen. „Wenn es Außerirdische gibt, wo sind sie?“ hatte deshalb der Physiker und Nobelpreisträger Enrico Fermi schon vor Jahrzehnten gefragt. Fermis berühmt gewordenes Paradox ist noch immer das schlagendste Argument gegen die Existenz vieler außerirdischer Zivilisationen in der Milchstraße. Denn schon mit unseren heute bekannten technischen Möglichkeiten ließe sich die Entfernung zwischen den Sternen überbrücken. Die naheliegendste und einfachste Methode ist der Funkkontakt mit den extraterrestrischen Intelligenzen. Freilich: In welche Richtung soll man suchen, und auf welcher Frequenz? Seit den sechziger Jahren lauschen Teleskope nach außerirdischen Botschaften. Manche werden gezielt auf nahe Sterne gerichtet, andere laufen gleichsam „huckepack“ mit der astronomischen Forschung, wieder andere scannen systematisch den gesamten Himmel. Doch bis heute konnte kein Signal identifiziert werden, das eindeutig von außerirdischen Zivilisationen stammt. Wir könnten freilich auch selbst aktiv werden und versuchen, uns bei den Außerirdischen zu melden. Das erfordert jedoch einen gigantischen Aufwand. Wollte man in alle Richtungen senden, weil ungewiß ist, wo die nächste Zivilisation liegt, wäre eine Sendeleistung erforderlich, die dem gegenwärtigen Energieverbrauch der Menschheit entspricht – etwa 1013 Watt –, um einen Umkreis von etwa 1000 Lichtjahren zu erreichen. Und mit jeder Verzehnfachung der Reichweite erhöht sich die Sendeleistung um das Hundertfache. Um einmal quer durch unsere Milchstraße zu funken, bräuchten wir daher 10000mal mehr Energie, als uns heute weltweit zur Verfügung steht. Und man müßte nach kosmischen Zeitmaßstäben wohl mindestens mehrere zigtausend Jahre lang ununterbrochen senden, bis eine außerirdische Zivilisation zufällig einmal auf unsere abgestrahlte Frequenz stößt. Doch Funksignale sind nicht unbedingt der beste Weg, um kosmische Entfernungen zu überbrücken. Warum senden, wenn man auch hinfliegen könnte? Schon in den siebziger Jahren hat das Daedalus-Projekt der British Interplanetary Society gezeigt, daß mit heute im Prinzip möglicher Technologie ein automatisches Raumschiff zu unseren Nachbarsternen fliegen könnte. Mit einem gepulsten Fusionsantrieb könnte das Raumschiff auf zwölf Prozent der Lichtgeschwindigkeit beschleunigen und würde beispielsweise Barnards Stern, der sechs Lichtjahre entfernt ist, in 50 Jahren erreichen. NASA-Studien zufolge lassen sich – freilich mit einem gigantischen Aufwand – sogar Weltraum-Archen konstruieren, die bis zu zehn Millionen Individuen Platz bieten und theoretisch jahrhundertelang autark existieren können. Astronomen schätzen, daß sich lebensfreundliche Planeten durchschnittlich etwa 30 Lichtjahre voneinander entfernt befinden. Weltraumarchen mit Daedalus-Antriebstechnologien würden also einen Flug zu solchen Planeten innerhalb von etwa 300 Jahren schaffen. Hätten die Kolonisten ein typisches Bevölkerungswachstum von etwa einem Prozent pro Jahr, und würde ein Teil von ihnen nach einer Regenerationszeit von 5000 Jahren erneut ins All aufbrechen, dann könnte eine Zivilisation innerhalb von etwa drei bis vier Millionen Jahren die ganze Galaxis besiedeln. Dieser Zeitraum ist klein im Vergleich zum Alter unseres Universums von etwa 13 Milliarden Jahren. Wenn es viele andere Zivilisationen gäbe, dann hatten etliche davon schon genügend Zeit, um die Milchstraße zu kolonialisieren. Aber vielleicht haben die Außerirdischen kein Interesse für eine Besiedlung der Galaxis (Beschaulichkeits-Hypothese). Oder diese Zivilisationen existieren nicht lange genug, um den Sprung ins All zu schaffen, weil sie sich vorher durch nukleare Kriege vernichten (Selbstzerstörungs-Hyphothese). Vielleicht soll die Erde gar als eine Art Naturschutzgebiet oder urtümliches „Freiwildgehege“ erhalten werden und sich ungestört entwickeln (Zoo-Hypothese). Oder die Menschen gelten einfach noch nicht als reif genug für den Club der galaktischen Zivilisationen und werden deshalb gemieden (Isolations-Hypothese). Das sind nur einige Gründe, die Fermis Paradox lösen könnten. Es gibt allerdings eine Reihe von Einwänden gegen diese Überlegungen. Beispielsweise können sich die Einstellungen außerirdischer Zivilisationen im Lauf der Zeit wandeln. Und selbst wenn viele Kulturen keine Raumfahrt-Ambitionen haben, genügt im Prinzip eine einzige extraterrestrische Zivilisation, die den Weltraum kolonisiert oder mit sich selbst vermehrenden Robotersonden erforscht, daß im Lauf der letzten Jahrmillionen alle lebensfreundlichen Planeten in der Milchstraße besucht worden sind – auch die Erde. Ferner muß für viele Zivilisationen die Motivation, ihren Planeten zu verlassen, mit der Zeit wachsen. Denn ihr Heimatstern leuchtet nicht ewig. 700 Millionen ehemals lebensfreundliche Sternensysteme in der Galaxis sind bereits ausgebrannt, hat Ben Zuckerman von der University of California in Los Angeles ausgerechnet. Sollte es 100 Millionen extraterrestrische Kulturen in unserer Milchstraße geben, dann hätte über eine Million dieses Schicksal bereits ereilt. Doch wenn das Überleben auf dem Spiel steht, werden alle Gründe gegen die Weltraumfahrt – beispielsweise Kosten oder Missionsrisiken – obsolet. All diese Überlegungen machen es sehr wahrscheinlich, daß nur wenige Zivilisationen in der Milchstraße existieren. Hinzu kommt, daß die Entstehung von Leben und Intelligenz aus biologischen Gründen sehr unwahrscheinlich ist. Deshalb dürfte die Antwort auf die Ausgangsfrage „Sind wir allein?“ konsequenterweise lauten: Es gibt nur uns in der Milchstraße, sonst niemanden! Ist Intelligenz die Ausnahme? Die Chance für einen Kontakt mit außerirdischen Zivilisationen hängt nicht nur von zahlreichen astronomischen Randbedingungen ab, sondern auch von der Wahrscheinlichkeit, wie häufig Leben überhaupt aus unbelebter Materie entsteht, komplexe Organisationsformen erreicht, Intelligenz und technologische Fähigkeiten entwickelt und der Selbstzerstörung entgeht. Alle diese Wahrscheinlichkeitsfaktoren müssen miteinander multipliziert werden. Wissenschaftler streiten zwar über den daraus resultierenden Wert, aber die meisten sind sich einig, daß er ziemlich klein ist. Interessanterweise sind es gerade die Biologen, die die Wahrscheinlichkeit für die Existenz außerirdischer Zivilisationen besonders skeptisch beurteilen. Zu den Pessimisten gehören viele bedeutende Evolutionsbiologen wie Ernst Mayr, Theodosius Dobzhansky, George Simpson und Francisco Ayala. Hauptproblem sind sogenannte „kritische Evolutionsschritte“ , deren Einzelwahrscheinlichkeiten selbst über das Alter unserer Erde hinweg gesehen gegen Null tendieren. Wie viele es davon gibt, ist umstritten. Es scheinen mindestens fünf zu sein, manche Biologen führen mehrere Dutzend an. Ein kritischer Schritt ist beispielsweise der Übergang von unbelebter Materie zu den ersten Organismen (bild der wissenschaft 1/1998, „Der Streit um die Einmaligkeit“), ein anderer die Erfindung der Photosynthese, ein dritter die Entstehung der Vielzelligkeit und so weiter. Auch der Übergang von höher entwickelten Lebensformen zu intelligenten ist keinesfalls selbstverständlich. Es gibt, so der Evolutionsbiologe Stephen Jay Gould, in der Natur anscheinend nicht nur keine eingebaute Entwicklungsrichtung zu größerer Komplexität, sondern erst recht keine zur Intelligenz. Manche Forscher wie der französische Nobelpreisträger Jacques Monod glauben daher, daß die Entstehung intelligenter Wesen so unwahrscheinlich ist, daß sie möglicherweise nirgendwo sonst im uns bekannten Kosmos stattgefunden hat. UW

Ulrich Walter

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