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Benimmkurs für Roboter

Technik|Digitales

Benimmkurs für Roboter
Heute helfen Roboter vor allem bei der industriellen Produktion. Künftig sollen sie sich auch im Alltag nützlich machen. Dazu müssen die Automaten-Menschen einiges lernen, was sie bislang nicht nötig hatten.

Wo Roboter bereits am Werk sind

Wenn „Rover“ seinen gefiederten Schützlingen Beine macht, wird eifrig gewatschelt am Silsoe Research Institute im englischen Bedford. Die Wissenschaftler des Forschungsinstituts haben mit Rover einen Roboter entwickelt, der eigenständig Gänse hüten kann. Der auf drei Rädern durchs Gelände rollende zylinderförmige Geselle von der Größe einer Tortenschachtel ist per Funk mit einem stationären Rechner verbunden, der wiederum ständig Bilder von einer auf dem Hof angebrachten Kamera empfängt. Anhand der Kameraaufnahmen berechnet der Computer, wie Rover seine Kurven um das Federvieh drehen muss, um die Gänse zusammenzuhalten und stressfrei zu einem bestimmten Punkt ihres Geheges zu treiben – und dirigiert den rollenden Hirten entsprechend.

Was wie ein skurriles Produkt verspielter Wissenschaftler anmutet, liegt voll im Trend der aktuellen Forschung. Denn weltweit tüfteln Forscher und Ingenieure an einer neuen Gattung von Robotern, die kaum etwas gemein haben mit den langarmigen und monströsen Arbeitsknechten in Industriebetrieben. Doch während solche Industrieroboter aus den Produktionshallen vor allem im Automobilbau längst nicht mehr wegzudenken sind, stehen die so genannten Serviceroboter erst am Anfang ihrer Karriere.

Der Grund dafür ist das weitaus komplexere Innenleben und das viel höhere Maß an Eigenständigkeit, das Serviceroboter gegenüber ihren Kollegen aus der Produktion auszeichnet. Anders als diese, die in einer weitgehend unveränderlichen Umgebung immer wieder dieselben Handgriffe nach einem festen Programm verrichten, agieren Serviceroboter fast autonom, sind mobil und stehen in ständigem Austausch mit ihrer Umgebung. Sie nehmen mit Hilfe von Sensoren Eindrücke von außen auf, lernen dank einer gewissen Intelligenz ständig dazu und sind in der Lage, eigene Entscheidungen zu treffen. Zudem haben viele Serviceroboter direkten Kontakt zu Menschen oder Tieren. Das erfordert eine sensible Rücksichtnahme der Automaten.

Das Ziel der Entwicklung: Die leblosen Gesellen sollen den Menschen in seiner alltäglichen Umgebung unterstützen, indem sie ihm schwere, langweilige oder unangenehme Tätigkeiten abnehmen. Oder sie sollen Aufgaben übernehmen, die für den Menschen gefährlich oder gar unmöglich wären – etwa Arbeiten in engen Umgebungen, unter Wasser oder in radioaktiv verstrahlten Bereichen.

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So werden weltweit Forschungsroboter entwickelt, die im Meer oder in Binnenseen auf Tauchfahrt gehen, um Bilder nach oben zu senden, Proben zu entnehmen oder Temperatur und Strömung zu messen. Wartungs- und Reparaturroboter helfen beim Instandhalten unter Wasser liegender Hafenanlagen oder am Meeresgrund verlaufender Pipelines und Datenkabel. Auch bei der Inspektion von unterirdischen Abwasserkanälen sollen bald Serviceroboter zum Einsatz kommen. Allein in Deutschland ist das Kanalnetz über 400 000 Kilometer lang. Fast drei Viertel dieses Netzes bestehen aus Rohren, die zu eng sind, um von Menschen begangen werden zu können. Bricht ein Kanal, etwa durch den Druck von Baumwurzeln oder als Folge einer Verstopfung, bleibt meist nichts anderes übrig, als ihn freizulegen, um die Schäden zu ermitteln und zu reparieren. Die ferngelenkten Maschinen, die schon seit Jahren für Kontrollen in Kanälen eingesetzt werden, haben einen stark eingeschränkten Aktionsradius, da sie per Kabel gesteuert und mit Energie versorgt werden müssen.

Für Abhilfe soll ein autonomer Inspektionsroboter sorgen, den Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für Autonome Intelligente Systeme (AIS) in St. Augustin bei Bonn entwickelt haben. „Makro“ besteht aus mehreren aktiv bewegten Segmenten, mit denen er sich wie eine Schlange völlig eigenständig durch Kanalrohre winden kann. Er verfügt über verschiedene Sensoren und eine digitale Karte des Kanalsystems, wodurch er selbst seinen Weg durch das verzweigte unterirdische Labyrinth findet.

Ein völlig anderes Betätigungsfeld haben Roboter in der Landwirtschaft, etwa beim Schutz von Kulturpflanzen vor Schädlingen: So macht „SlugBot“, eine Entwicklung von Forschern der University of the West of England in Bristol, Jagd auf Schnecken. Der Roboter, der sich mit Hilfe von GPS orientiert, kurvt über die Äcker und hält mit einer Rotlichtlampe und einer speziellen Kamera Ausschau nach den gefräßigen Weichtieren. Hat er eine Schnecke ausfindig gemacht, packt er sie mit einem Greifarm und befördert sie in einen Sammelbehälter, den er später zu einem Biogaskonverter bringt. Dort werden die Tierkörper zersetzt, wobei Methan entsteht, aus dem in einer Brennstoffzelle elektrische Energie gewonnen wird. Bis zu zehn Schnecken pro Minute kann SlugBot so einsammeln und verwerten.

Serviceroboter, die bei der Ernte von Gemüse helfen, stehen im Fokus niederländischer Wissenschaftler. Am Institut für Umwelt- und Agrartechnik des Wageningen University and Research Centre entstand ein automatischer Gurkenpflücker: ein mobiler Roboter, der sich an den Heizungsrohren großer Gewächshäuser entlang hangelt und nach reifen Gurken sucht, die er mit einem Spezialmesser pflückt. Trickreich ist die Methode, mit der der Ernteroboter die grünen Gurken von den ebenfalls grünen Blättern und Stängeln unterscheidet. Er nutzt aus, dass die Früchte wegen ihres höheren Wassergehalts infrarotes Licht einer bestimmten Frequenz stärker reflektieren als die übrigen Bestandteile der Pflanze. Durch Beleuchten mit dem entsprechenden Infrarotlicht und Analysieren des reflektierten Lichtanteils spürt der stählerne Erntehelfer die reifen Gurken auf, mit einer Stereobildkamera ermittelt er ihre genaue Position. Einen ähnlich arbeitenden Roboter haben die Forscher in Wageningen für das Pflücken von Gewächshaus-Tomaten entwickelt. Beide Roboter befinden sich derzeit im Teststadium.

Besonders hoch sind die Anforderungen an Serviceroboter, die in ihrem Operationsgebiet mit Tieren oder Menschen zu tun haben. Sie müssen diese erkennen und direkten körperlichen Kontakt vermeiden, um Verletzungen auszuschließen. Ein Beispiel ist der Staubsaugerroboter „Trilobite“ von Electrolux. Das schwedische Unternehmen bietet den rund 1200 Euro teuren Putzteufel seit etwa drei Jahren an. Seinen Namen verdankt er einem urzeitlichen Meeresbewohner, der vor rund 500 Millionen Jahren wie ein Staubsauger den Grund der Ozeane nach essbaren Kleinlebewesen absuchte. Auf ähnliche Weise bewegt sich Trilobite durch die Räume, um sie von Schmutz und Krümeln zu befreien. Dank Ultraschallsensoren erkennt der 13 Zentimeter hohe und 5 Kilogramm schwere Staubschlucker Hindernisse wie Möbel, Spielzeug – aber auch eine Katze oder ein auf dem Boden spielendes Kind – und weicht ihnen aus. Sind seine Akkus leer, macht der Roboter eine Arbeitspause, steuert selbstständig seine Ladestation an und lädt die Batterien wieder auf. Einen vergleichbaren automatischen Staubsauger bietet die deutsche Firma Kärcher an. Auch für die Nassreinigung gibt es bereits spezielle Serviceroboter zu kaufen. So benutzt „Dusty“ von Procter & Gamble ein elektrostatisches Fasertuch, um harte Fußböden zu säubern.

Ähnlich wie sein staubsaugender Kollege Trilobite operiert der „Automower“ auf dem Rasen im Garten. Wie ein Schaf hält er durch ständiges Grasen die Halme auf der gewünschten Länge (siehe Kasten „Gras ab“). Reinigungs- und Mähroboter sind neben Spielzeugrobotern die ersten intelligenten Automaten, die in privaten Haushalten bereits zum Einsatz kommen.

Selbst den Fensterputz könnten bald Roboter erledigen. „ Raccoon“ – ein autonomer Fenster- und Fassadenreiniger, den Forscher am Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) entwickelt haben – wurde 2002 erstmals vorgestellt. Das Besondere an Raccoon ist seine Fähigkeit, sich an senkrechten Wänden fortzubewegen, ohne den Halt zu verlieren und abzustürzen. Dazu verwendet der Roboter ein System von Saugnäpfen und Ventilen, das ihn an der Glasscheibe festhält, während er putzt und manövriert. Derzeit arbeiten die Fraunhofer-Forscher daran, das sperrige Labormodell auf handliche Größe zu schrumpfen.

Neben Reinigungsrobotern haben sich zwei weitere Hauptanwendungen für Serviceroboter herauskristallisiert: als Wächter und als Butler. Der erste serienreife automatische Wachmann ist „Mosro-1″ des Berliner Unternehmens Robowatch. Der rund 25 Kilogramm schwere mobile Sicherheitsroboter patroulliert in Fabrikgebäuden oder Museen. Er ist mit einem Bewegungsscanner, Rauch- und Geruchssensoren, Mikrofonen und Kameras ausgestattet. Per Funk steht er mit einer Zentrale in Kontakt. Er meldet, wenn er Rauchentwicklung oder ungewöhnliche Temperaturschwankungen beobachtet. Bewegungen kann Mosro-1 selbst bei Dunkelheit erkennen. Begegnet er auf seinem Kontrollgang einer Person, fordert er sie auf, sich durch einen Fingerabdruck zu identifizieren. Wenn ihm die Identifikation verweigert wird oder er den Fingerabdruck nicht zuordnen kann, schlägt der Wachroboter Alarm.

Ein sehr wichtiges künftiges Einsatzfeld sehen die Wissenschaftler vom Fraunhofer-IPA in der Unterstützung von älteren oder pflegebedürftigen Menschen. „Ältere Menschen wollen so lange wie möglich in ihrer gewohnten häuslichen Umgebung bleiben“, sagt Martin Hägele, Leiter des Bereichs Robotersysteme am Fraunhofer-IPA. „Eine Betreuung rund um die Uhr durch Pflegepersonal ist dort aber oft nicht möglich.“ Daher, so die Vision des Roboter-Experten, sollen künftig spezielle Pflegeroboter menschliche Helfer bei dieser Aufgabe unterstützen. Eine der am weitesten gediehenen Entwicklungen ist „Care-O-bot“ – ein am IPA entwickelter künstlicher Butler, von dem bereits ein Prototyp der zweiten Generation existiert. Care-O-bot kann sich im Haushalt bewegen, um etwa ein Getränk, eine Zeitschrift oder die TV-Fernbedienung zu holen, er kann seinem Besitzer als Stütze oder Gehhilfe dienen und ihm – als mobile Kommunikationszentrale – das Ein- und Ausschalten des Lichts oder die Regulierung der Heizung ermöglichen. Auf Wunsch kann der Roboter für seinen menschlichen Schützling auch ein Telefonat mit dem Arzt oder mit Verwandten arrangieren. Seine Wünsche kann man dem seelenlosen Dienstboten per Touchscreen oder durch Sprachanweisungen mitteilen. Ziel solcher Roboter sei es ausdrücklich nicht, Pflegepersonal, Bezugspersonen oder gar die Familie zu ersetzen, betonen die Forscher. Vielmehr sollen sie Menschen den Alltag erleichtern, deren Mobilität eingeschränkt ist.

Bis Roboterassistenten à la Care-O-bot als Butler in die Wohnungen einziehen, werden aber noch etliche Jahre vergehen. Doch auch andere Serviceroboter sind bislang selten anzutreffen. Nach einer Studie der United Nation Economic Commission for Europe (UN/ECE) und der International Federation of Robotics (IFR) verrichteten Ende 2003 weltweit über 1,3 Millionen Roboter außerhalb der industriellen Produktionshallen ihren Dienst – davon entfallen mit fast 700 000 Stück die meisten auf den Unterhaltungsbereich (siehe Kasten „Spielgefährten mit Chips und Motor“), gefolgt von Staubsaugerrobotern mit rund 570 000 Geräten. Bis 2007, so die Prognose der Fachleute von UN/ECE und IFR, soll sich die Zahl der Serviceroboter weltweit auf über 8 Millionen Exemplare mehr als vervierfachen. Den größten Zuwachs erwarten die Experten bei Haushaltsrobotern, deren Zahl bis Ende 2007 voraussichtlich auf fast 4,8 Millionen anwachsen wird.

Wie Roboter in die Welt kamen

Pate für den Begriff „Roboter“ stand das tschechische Wort „ robota“, was so viel bedeutet wie Fronarbeit. Den Begriff verwendete der tschechische Schriftsteller Karel Capek in einem Drama, das 1921 in Prag uraufgeführt wurde. In dem Schauspiel, das unter dem englischen Titel „Rossum’s Universal Robots“ ein weltweiter Bühnenerfolg wurde, geraten vom Menschen erschaffene Kunstwesen außer Kontrolle und erheben sich über ihre Schöpfer. Später tauchten Roboter immer wieder als Inhalt von Science-Fiction-Geschichten auf – erstmals 1942 in der Kurzgeschichte „Runaround“ von Isaac Asimov. Der russischstämmige amerikanische Biochemiker und Autor integrierte die Geschichte später in sein Buch „I, robot“, das kürzlich in Hollywood mit Will Smith als Hauptdarsteller verfilmt wurde.

Meist werden Roboter in Filmen und Romanen als menschenähnliche Blechgesellen dargestellt, deren Intelligenz dem menschlichen Geist weit überlegen ist. In der Realität sind Roboter davon weit entfernt. Ihre Entwicklung begann mit recht simplen Maschinen: Zwei der ersten echten Roboter waren „Elektra“ und „Sparko“, die das US-Unternehmen Westinghouse 1940 vorstellte. Elektra hatte die Gestalt eines Mannes, konnte tanzen, bis zehn zählen und Zigaretten rauchen. Sein Hund Sparko bewegte sich auf allen Vieren, stellte sich auf die Hinterpfoten und bellte. Für die Bewegung der beiden Maschinenwesen sorgten Elektromotoren. Ende der vierziger Jahre erregte ein anderes Roboterpaar Aufsehen: „Elmer“ und „Elsie“, zwei künstliche, auf Rädern rollende Schildkröten, die es schafften, Hindernisse zu erkennen und zu umfahren sowie Lichtquellen gezielt anzusteuern. Entwickelt hatte die metallenen Reptilien der britische Neurophysiologe und Robotik-Pionier Dr. Gray Walter.

Rund zehn Jahre nach Elmer und Elsie war erstmals ein Laufroboter unterwegs. Der „Walking Truck“ (gehende Lastwagen) von General Motors wog 1,5 Tonnen und kam beim Laufen auf eine Geschwindigkeit von sechs Kilometern pro Stunde. Er konnte sich nicht eigenständig fortbewegen, sondern wurde von einem Menschen gelenkt. Um die Koordination der komplizierten Beinbewegungen kümmerte sich jedoch ein Computer.

Deutlich flexibler als seine Vorgänger war Unimate – ein Roboter, der 1954 in den USA präsentiert wurde. Er besaß ein Computergehirn, das sich für eine Vielzahl verschiedener Einsatzzwecke programmieren ließ. Auf Unimate baute die 1956 gegründete gleichnamige Firma auf, die als erstes Unternehmen Industrieroboter herstellte. Deren Aufstieg begann 1961 bei General Motors in Ewing Township (USA), wo die stählernen Arbeiter zum Entladen einer Aluminium-Gießmaschine eingesetzt wurden. Zu jener Zeit waren die USA bei Bau und Einsatz von Robotern führend. Später rückten japanische Unternehmen und Forschungseinrichtungen nach vorne.

Auch der erste menschenähnliche Roboter kam aus dem Land der aufgehenden Sonne. Den 1973 fertig gestellten WABOT-1 hatten Wissenschaftler der Wakeda-Universität in Tokio entwickelt. Das etwas plumpe zweibeinige Ungetüm hatte Augen, Ohren und einen künstlichen Mund, mit dem es auf Japanisch sprechen konnte. Mit seinen Händen war WABOT-1 in der Lage, Gegenstände zu greifen und sie mit Hilfe von Berührungssensoren sogar zu „fühlen“. Ein Chip steuerte die Bewegungen seiner Gliedmaßen. Vor allem in Japan treiben etliche Universitäten und Industrieunternehmen wie Sony, Fujitsu, Honda und Toyota die Entwicklung humanoider Roboter weiter voran. Das bisher leistungsfähigste Modell stellte Honda vor rund drei Jahren vor: Der etwa 1,40 Meter kleine „Asimo“ kann mühelos Hände schütteln, tanzen und Treppen steigen, ohne dabei tapsig oder ungelenkig zu wirken.

Was Roboter künftig leisten

Serviceroboter, die dem Menschen im Alltag unter die Arme greifen, sind nach wie vor Raritäten. „Die Erwartungen an diese neue Klasse von Robotern haben sich bisher nicht erfüllt“, konstatiert Prof. Alois Knoll vom Lehrstuhl für Informatik der Technischen Universität München. „Ihre Akzeptanz ist weit hinter den hoch gesteckten Erwartungen zurückgeblieben.“ Die Folge: Der noch vor Jahren von vielen erhoffte Boom bei Sevicerobotern ist bis heute ausgeblieben. Prof. Rolf Dieter Schraft, Leiter des Fraunhofer-IPA in Stuttgart ist jedoch überzeugt, dass sich das bald ändern wird. „Der Markt für Serviceroboter, vorwiegend im Haushaltsbereich und beim Edutainment – bei der interaktiven spielerischen Wissensvermittlung – wird sich von nun an rasant entwickeln“, prophezeit der Wissenschaftler. Bei kommenden Generationen, ist der Stuttgarter Forscher überzeugt, werden Roboter immer mehr Aufgaben im privaten Bereich des Menschen übernehmen.

Ob der Trend dabei wie bisher hin zu unterschiedlichen, auf bestimmte Aufgaben getrimmten Spezialisten gehen wird oder zu menschenähnlichen Alleskönnern, vermag niemand vorherzusagen. Die Vorteile humanoider Roboter, wie sie vor allem in Japan zu immer größerer Perfektion entwickelt werden, liegen für viele Experten allerdings auf der Hand: Der Mensch ist in seiner körperlichen Gestalt optimal an seine Umwelt angepasst. Deshalb fällt es auch Robotern, die dem Menschen dienen sollen, am leichtesten, in dessen Umgebung zurechtzukommen, wenn sie sich ähnlich fortbewegen und verhalten wie er. Ein weiterer Vorzug einer menschenähnlichen Gestalt ist psychologischer Natur: „Der Mensch ist Maschinen gegenüber aufgeschlossener, wenn ihm ihr Erscheinungsbild vertraut ist“, sagt IPA-Forscher Kai Wegener. „ Humanoide Roboter werden daher eher als Partner im alltäglichen Umfeld akzeptiert.“

Dennoch feilen etliche Forscher an völlig anderen Konzepten für künftige Dienstleistungsroboter. Zum Beispiel an so genannten Roboterschwärmen: Sie setzen sich aus einer Vielzahl gleichartiger intelligenter Maschinen zusammen, die sich wie ein Schwarm von Insekten oder Vögeln selbst so organisieren, dass sie gemeinsam sehr komplexe Aufgaben bewältigen können. So entwickeln Wissenschaftler am California Institute of Technology seit einigen Jahren Roboter, die über eine Art „kollektive Intelligenz“ verfügen und ihr Verhalten wie die Individuen in einem Ameisen- oder Termitenstaat koordinieren. Eine Einsatzmöglichkeit für künftige Roboterschwärme bieten zum Beispiel Ölkatastrophen auf dem Meer. Dort könnten schwimmende Roboter-Kolonnen den Ölteppich umzingeln und Barrieren formen, um seine Ausbreitung zu verhindern oder ihn an einen anderen Ort zu transportieren.

Besonders pfiffig ist eine Idee von Wissenschaftlern am englischen Silsoe Research Institute. So wie der von ihnen entwickelte Rover heute als Gänsehirte dient, sollen in fernerer Zukunft spezielle Tauchroboter ganze Fischschwärme hüten. Zusammen mit ausgesetzten Jungfischen, so die Vision der britischen Forscher, werden sie ins offene Meer hinaus schwimmen, die Fische auf ihren Wanderungen begleiten und schützen, um die Schwärme nach einigen Monaten oder Jahren zu ihrem Ausgangspunkt zurückzubringen. Dort könnten die Fische dann nach Bedarf gefangen werden. ■

Ralf Butscher

Ohne Titel

Hausroboter – Geräte, die selbstständig lästige Arbeiten rund ums Haus ausführen – sollen ihren Besitzern das Leben einfacher und bequemer machen. Mit dem „Automower“ hat der schwedische Haushaltsgeräte-Hersteller Electrolux zum Beispiel dafür gesorgt, dass sich ein Teil der Gartenarbeit wie von alleine erledigt. Der Roboter hält Rasenflächen eigenständig in Schuss.

Bevor der Automower seinen Dienst antreten kann, muss man einige Vorkehrungen treffen. Zuerst hat man vom Rasen Steine, Zweige oder herumliegendes Spielzeug wegzuräumen. Nebenbei sollte man sich Gedanken darüber machen, welche Bereiche des Grundstücks der automatische Rasenmäher nicht antasten darf, zum Beispiel Gemüsebeete, Sträucher und Blumenrabatten. Sie müssen durch ein mitgeliefertes Metallkabel umgrenzt werden. Diese Barriere verhindert, dass der Automower über den gewünschten Teil des Gartens hinaus mäht. Das Kabel wird mit Zeltheringen im Boden angebracht und mit der Ladestation des Roboters verbunden. Die ans Stromnetz angeschlossene Ladestation setzt das isolierte Kabel unter Strom. Dadurch entsteht eine Induktionsschleife, die der Automower mit speziellen Sensoren erkennen kann.

Beim Testen erfasste und beschädigte der Automower das Kabel jedoch immer wieder mit seinen drei scharfen Klingen, wenn er eine Steigung hinauffuhr und dabei eine niedrige Schnitthöhe eingestellt war. Laut Hersteller schafft es der Roboter, Steigungen bis 35 Grad zu bewältigen. Doch dazu ist es offenbar nötig, das Metallkabel im Boden zu vergraben. Ist das Kabel verlegt und der Automower voll aufgeladen – was bis zu 2,5 Stunden dauert – kann der fast neun Kilogramm schwere Roboter an die Arbeit gehen. Unermüdlich fährt er den Rasen ab und schneidet das Gras auf die eingestellte Länge. Nach jeder Benutzung oder wenn seinen Akkus während des Mähens der Saft ausgehen sollte, lädt er die Energiespeicher selbstständig an der Ladestation wieder auf.

An einer Bedientafel auf dem Rücken des Roboters kann man diverse Einstellungen vornehmen. So lässt sich der Automower über einen PIN gegen Diebstahl oder Änderungen in seinem Menü schützen. Zudem kann man per Timer programmieren, wann der Roboter mit dem Mähen beginnen und wieder aufhören soll. Darüber hinaus ist es möglich, verschiedene Fahreinstellungen zu speichern, die der Automower dann per Knopfdruck ausführt – zum Beispiel den Ausfahrtwinkel, der bestimmt, in welcher Richtung der Roboter nach dem Auftanken seine Ladestation verlässt. Das ist vor allem dann wichtig, wenn die Ladestation in einer Engstelle des Gartens positioniert ist. Ebenfalls nützlich ist die Möglichkeit, die grobe Form des Gartens vorzugeben. Man hat dafür drei Gartenformen zur Auswahl: „Offen“ steht für einen passagenlosen Rasen, der keine oder nur wenige enge Durchgänge besitzt. „Komplex 1″ bedeutet eine mittlere Zahl von Hindernissen und Passagen, „Komplex 2″ ist bei einer kompliziert angelegten Rasenfläche mit vielen Engstellen und Barrieren zu wählen, die der Automower erkennen und umfahren muss.

Diese Optionen zeigen, dass Electrolux von sehr großen Rasenflächen als Terrain für den Automower ausgeht: etwa von begrüntem Firmengelände oder kleinen Parkanlagen, die sich laut Anleitung über ein Areal von bis zu 2000 Quadratmeter erstrecken können. In einem gewöhnlichen Hausgarten hat der Roboter gar nicht die Chance zu zeigen, was er kann. Auf Grund seiner Größe von 71 x 60 x 26 Kubikzentimetern wird der Automower in kleineren Gärten immer wieder von Hindernissen oder der Kabelbarriere aufgehalten und ist daher ständig damit beschäftigt, sich geschickt zu drehen und zu wenden. Hat er genug Auslauf, punktet er allerdings mit etlichen Vorteilen – etwa einem niedrigen Geräuschpegel und einer enorm hohen Geschwindigkeit beim Mähen: In einer Stunde schafft er bis zu 75 Quadratmeter Rasen. Moos beseitigt der rollende Gärtner nebenbei fast völlig. Überzeugen kann der Automower auch durch seine Gründlichkeit beim Verwerten des gemähten Grases. Er häckselt es und wirft es über seinen Rädern wieder aus. Das zerhackte Grünzeug kann einfach liegen bleiben und den Rasen düngen. Sandra Murr

Ohne Titel

RUND 113 000 Industrieroboter werkelten Ende 2003 in deutschen Produktionshallen. Mit 148 Robotern pro 10 000 Beschäftigten hat die verarbeitende Industrie in Deutschland nach Japan die höchste Roboterdichte der Welt. Dennoch sind die Einsatzmöglichkeiten der metallenen Knechte bisher stark eingeschränkt. Denn sie können nur dort zu Werke gehen, wo sie es mit einfachen Aufgaben und Arbeitsabläufen zu tun haben. Wo dagegen ein bestimmtes Maß an Wahrnehmung, Geschicklichkeit oder Entscheidungsfähigkeit erforderlich ist, stoßen Industrieroboter rasch an ihre Grenzen. Künftig sollen sie auch an komplexen Arbeitsplätzen zumindest einen Teil der bislang manuell verrichteten Tätigkeiten erledigen können – etwa, um ihren menschlichen Kollegen das Heben und Montieren schwerer Bauteile abzunehmen. Das erfordert die Entwicklung kooperationsfähiger Roboter – einer Art Zwitter aus Industrie- und Servicerobotern. Anders als die heutigen industriellen Automaten, die in abgegrenzten Bereichen strikt getrennt von menschlichen Arbeitskräften hantieren, müssen solche „Kobots“ mit Menschen am selben Arbeitsplatz kooperieren. Dazu sind Sicherheitssysteme nötig, die verhindern, dass Menschen durch Bewegungen ihres maschinellen Assistenten verletzt werden. Zudem muss man auf einfache Weise – etwa durch Worte, Gesten oder Berühren und Führen – den Kobots mitteilen können, was sie zu tun haben. Prototypen solcher kollegialen Kunsthelfer existieren bereits.

Ohne Titel

Im Jahr 2001 brachte das japanische Unternehmen NEC „PaPeRo“ auf den Markt: einen rollenden Roboter von der Größe eines Gartenzwergs mit einem menschenähnlichen Gesicht. Wenn er nicht gerade „schläft“, kurvt PaPeRo durch die Wohnung und sucht nach Gesprächspartnern. Zwei CCD-Kameras erlauben ihm, seine Umgebung wahrzunehmen. Drei Mikrofone helfen ihm bei der Suche nach Personen, die er anspricht und mit Fragen löchert. Menschen, denen er schon einmal begegnet ist, kann der kleine Geselle wiedererkennen.

PaPeRo soll ein künstlicher Freund mit möglichst menschlichen Zügen sein. Auf seinem Kopf sitzt ein „Streichelsensor“, mit dem er Lob und Anerkennung in Form von Streicheleinheiten registriert. Einen Anraunzer teilt man PaPeRo durch einen heftigen Klaps mit, den er mit Hilfe eines „Tadelsensors“ erkennt. Er reagiert darauf, indem er alle Aktionen stoppt, einen betretenen Gesichtsausdruck aufsetzt und versucht zu verstehen, was er falsch gemacht hat.

Dass Roboter, die der Unterhaltung und als Spielgefährten dienen, die Wünsche vieler Menschen treffen, belegt auch der Erfolg von „Aibo“ – einem künstlichen Hund, den Ingenieure bei Sony entwickelt haben. Der Roboterhund, von dem bereits die dritte Generation auf dem Markt ist, besitzt ein programmierbares Gehirn, für das sich zahlreiche von privaten Aibo-Fans entwickelte Software-Funktionen aus dem Internet herunterladen lassen. Damit kann man dem blechernen Haustier einen individuellen Charakter verleihen und immer wieder verändern.

Darüber hinaus erfreut Aibo seinen Besitzer mit etlichen possierlichen Funktionen. So lassen zwei Mini-Motoren den Schwanz des Roboterhundes wackeln. Mit seinen gelenkigen Beinen kann er tapsig gehen, mühelos wieder aufstehen, wenn er einmal umgefallen ist, und sogar Ball spielen. Der Hundekopf enthält eine Kamera, Infrarotsensoren, Mikrofone und mehrere Motoren, um ihn in jede Richtung bewegen zu können.

Führend bei der Entwicklung so genannter Edutainment-Roboter sind japanische Unternehmen. Auch in Deutschland tüfteln Forscher und Ingenieure an solchen Automaten. So entstanden am Stuttgarter Fraunhofer-Institut IPA drei frei bewegliche rollende Roboter, die seit März 2000 die Besucher des Museums für Kommunikation in Berlin amüsieren. Sie zeigen unterschiedliche Reaktionsmuster und imitieren so verschiedene Charaktere. „Komm-rein“ geht auf die Museumsbesucher zu, begrüßt sie freundlich und gibt Tipps zum Besuch der Ausstellungen. „Also-gut“, der rollende Museumsführer, erklärt den Gästen die Exponate. „Mach-was“ gibt sich kindlich ausgelassen und spielt mit einem Ball. Die äußere Gestalt der drei ulkigen Typen hat der Stuttgarter Designer und Künstler Ralf Künzer entworfen.

Seit etwa einem Jahr arbeiten zwei Kollegen der Berliner Museumsstars in der Werbebranche: das ungleiche Roboterpärchen Mona und Oskar. Mona, die Ruhige und Ausgeglichene, und Oskar, der Humorvolle und Emotionale, werben für die Fahrzeuge von Opel, deren Vielseitigkeit sie verkörpern sollen.

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Einen umfassenden und verständlichen Überblick über aktuelle und künftige Trends der Servicerobotik gibt ein vor kurzem erschienenes Buch, das mehrere Wissenschaftler des Stuttgarter Fraunhofer-Instituts IPA geschrieben haben:

Rolf Dieter Schraft, Martin Hägele, Kai Wegener Service Roboter Visionen Carl Hanser München 2004, € 24,90

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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

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Bio|gas  〈n. 11〉 durch bakterielle Zersetzung organischer Substanzen entstehendes Gas; Sy Faulgas … mehr

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