Etwa 600000 Bundesbürger leiden an epileptischen Anfällen. Bei einer solchen Attacke breiten sich Entladungen von Nervenzellen wie ein Kabelbrand unkontrolliert im Gehirn aus und verursachen Muskelzukkungen und Krämpfe, oft auch Bewußtlosigkeit.
Bei den meisten Patienten mildern Medikamente die Symptome, aber beinahe ein Drittel der Epileptiker spricht auf Arzneien nicht oder nur ungenügend an. Für sie gibt es nun eine Alternative: die Neuro-Cybernetische Prothese (NCP). Nachdem sie weltweit rund 3000mal implantiert wurde, hat jetzt auch Dr. Jan Vesper von der Neurochirurgischen Klinik der Freien Universität Berlin den „Hirnschrittmacher“ zehn Patienten eingesetzt.
Ein dünnes Kabel verbindet den batteriebetriebenen Sender in der Brust über drei Elektroden mit dem linken Vagusnerv am Hals. Dieser Nerv leitet elektrische Impulse, die der Schrittmacher regelmäßig sendet, in Hirnregionen, von denen die Epilepsie-Anfälle ausgehen. Die Impulse verhindern, daß sich der Kurzschluß der Hirnzellen ausbreitet.
Bei der Hälfte der Patienten halbiert sich die Häufigkeit von Anfällen, manche Kranken wer-den sogar völlig beschwerdefrei. Bei 20 bis 30 Prozent jedoch hat die Prothese keine Wirkung.
Mit dem Gerät, das auch an den Universitätskliniken Bonn und Erlangen implantiert wird, gibt es wenig Probleme. Häufigste Nebenwirkung ist Heiserkeit während der Stimulation. Sie wird durch eine Störung des Stimmbandnerven verursacht, der vom Vagusnerv abzweigt.
Das NCP-System wurde von der Firma Cyberonics in Texas, USA, entwickelt. Der Schrittmacher ist in Deutschland zugelassen.
Nicola Siegmund-Schultze