Der Blick voraus lässt schaudern – die Medien prophezeien das Schlimmste. Zum Gruselrepertoire gehören Flüchtlingsströme, Wasserkriege, Hitzetote, Hungersnöte und Dürren. In dieser Katastrophenstimmung sorgt der amerikanische Geographie-Professor Laurence C. Smith für angenehme Sachlichkeit. Er geht das Thema Zukunft seriös an – jenseits von Panikmache und Klischees, dafür mit viel Detailwissen. Smith verengt die Sicht nicht auf den Klimawandel, wie es üblich ist, sondern hat drei weitere globale Trends im Blick: die demographische Entwicklung, die Globalisierung und den zunehmenden Rohstoffbedarf. Um sich nicht in Spekulationen zu verlieren, setzt er eine kontinuierliche Entwicklung ohne böse Überraschungen voraus – also kein neuer Weltkrieg und kein Versiegen des Golfstroms.
Obwohl das Buch das Jahr 2050 im Titel trägt, handelt es vor allem von der Gegenwart. Denn nur wer den heutigen Zustand kennt, kann die Zukunft abschätzen. Zu den Erkenntnissen von Smith gehört, dass es wohl zu keinen Wasserkriegen kommen wird. Beim Thema Wasser, argumentiert er, haben sich die Länder bisher stets erstaunlich friedlich geeinigt. Auch was die Situation der Dritten Welt betrifft, ist Smith zuversichtlich. Er ist überzeugt: In einigen Jahrzehnten werden viele Industriestaaten, darunter Deutschland, händeringend nach Fachkräften aus dem Ausland suchen, weil der heimische Nachwuchs fehlt.
Die zentrale Botschaft des Buchs lautet: Der Norden blüht durch den Klimawandel auf. Hier kennt sich der Geograph gut aus. Viele Gegenden hat er selbst bereist, wovon er unterhaltsam berichtet. Dabei hat Smith zunächst – wie viele Journalisten – Beispiele dafür gesucht, wie die Menschen unter dem Klimawandel leiden. Doch er stellte fest: Die Bevölkerung ist anpassungsfähig genug, um die Umstellung zu meistern – wenn man sie nur lässt. Die Menschen brauchen weder Almosen noch Mitleid, sondern Verantwortung und Selbstbestimmung.
Im letzten Abschnitt beleuchtet Smith kurz mögliche Brüche in der globalen Entwicklung: abrupten Klimawandel, rasant steigende Meeresspiegel, gewal- tige Methanausdünstungen aus Permafrostböden, die Umleitung ganzer Flusssysteme oder das Ende der Globalisierung. Aber auch das dramatisiert er nicht. Ein sehr informatives und sprachlich brillantes Buch, wie es deutschen Wissenschaftlern leider nur selten gelingt. Klaus Jacob
Laurence C. Smith DIE WELT IM JAHR 2050 Deutsche Verlags-Anstalt München 2011 479 S., € 22,99 ISBN 978–3–421–04401– 3