Nicht nur im Alltag ist es allgegenwärtig – durch seine herausragenden optischen, chemischen und thermischen Eigenschaften ist Glas schon seit Jahrtausenden ein wichtiger Werkstoff. Der modernsten Fertigungstechnik hat sich das Material allerdings bislang verweigert: Die verschiedenen Techniken des 3D-Drucks eigneten sich bislang zwar für die Verwendung von Kunststoffen oder Metallen, nicht jedoch für Glas. Wurde dieser Werkstoff bisher zu Strukturen verarbeitet, entstanden sehr raue Oberflächen, das Material war porös und enthielt Hohlräume.
Clevere Prozedur führt zur gedruckten Glasstruktur
Doch das Team um Bastian Rapp vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat nun ein Konzept ausgetüftelt, durch das sich Glas für die 3D-Fertigungstechnik nutzen lässt. Das innovative Verfahren basiert auf einer raffinierte Mischung von hochreinem Quarzglas, Nanopartikeln und einer kleinen Menge flüssigen Kunststoffs. Dieses “Liquid Glass” kann in herkömmlichen 3D-Druck-Verfahren zum Einsatz kommen. Der durch das Druckverfahren entstandene Rohling wird dann erhitzt, um den noch enthaltenen Kunststoff zu entfernen.
Anschließend wird gebrannt: “Die Form ähnelt zunächst noch einem Sandkuchen, sie ist zwar geformt, aber instabil, deshalb wird das Glas in einem letzten Schritt gesintert, also so weit erhitzt, dass die Glaspartikel miteinander verschmelzen”, erklärt der Maschinenbauingenieur. Das fertige Stück besteht dann aus hochreinem Quarzglas mit seinen entsprechenden chemischen und physikalischen Eigenschaften, sagen die Entwickler.
Revolution in der Herstellung von Glas
Wie sie betonen, glänzen ihre Glasgebilde auch in puncto Detailgenauigkeit: Auflösungen im Bereich weniger Mikrometer sind möglich – die Feinheit hängt letztlich nur von der Leistungsfähigkeit des 3D-Druckers ab. Auch handelt es sich bei den Objekten nicht um Winzlinge: “Die Abmessungen der Strukturen können im Bereich mehrerer Zentimeter liegen”, sagt Rapp.
Ihm und seinen Kollegen zufolge ist ein mögliches Anwendungsgebiet für 3D-geformtes Glas die Datentechnik: “Die übernächste Generation von Computern wird mit Licht rechnen, das erfordert komplizierte Prozessorstrukturen, mit Hilfe der 3D-Technik könnten beispielsweise kleine, komplexe Strukturen aus einer Vielzahl kleinster, unterschiedlich ausgerichteter optischer Komponenten hergestellt werden”, erklärt Rapp.
Darüber hinaus sehen sie auch Potenzial in der der medizinischen Technik sowie in der Optik. Beispielsweise könnte man winzige Analyse-Systeme aus Miniatur-Glasröhrchen fertigen. Zudem könnten 3D-geformte Mikrostrukturen aus Glas auch Brillengläsern oder Kameras raffinierte Effekte verschaffen. Man darf also gespannt sein, was sich aus dem Konzept entwickeln wird.
Credit: Nature Video