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Regen, Staub und Ringe

Astronomie|Physik

Regen, Staub und Ringe
Astronomen haben in den Saturn-Ringen Wolken aus Staub beobachtet, der von Meteoriten aufgewirbelt wurde – und Eispartikel, die auf die Gashülle des Planeten regnen.

das Ringsystem des Saturn besteht fast nur aus reinem Wassereis. Das ist schon lange bekannt – auch, dass es dort sehr unterschiedlich große Partikel gibt: sowohl Brocken von mehreren Metern Durchmesser als auch winzige Körnchen, die kaum einen Tausendstel Millimeter (Mikrometer) groß sind. Doch was James O’D onoghue von der Universität im mittelenglischen Leicester zusammen mit Kollegen kürzlich im Wissenschaftsblatt Nature berichtete, war eine Überraschung: Aus den Saturn-Ringen fällt Regen auf die Hochatmosphäre des Planeten.

Die Wissenschaftler kamen dem „Ring-Regen“ durch das Keck-Teleskop auf die Spur. Mit dem riesigen 10-Meter-Spiegel auf Hawaii hatten sie die infrarote Wärmestrahlung der positiv geladenen Wasserstoff-Moleküle observiert. In der Ionosphäre des Saturn, hoch über dessen oberster Wolkendecke, sind diese Ionen häufig. Den Forschern fiel ein charakteristisches Muster auf: Abhängig von der geografischen Breite maßen sie Minima und Maxima der Infrarotstrahlung. Diese stehen offenbar mit der geometrischen Struktur der Ringe in Verbindung, und ausgeprägte Lücken im Ringsystem zeichnen sich deutlich ab. Die Erklärung der Astronomen: Mikrometerkleine Eispartikel, die elektrisch aufgeladen sind, werden durch das Magnetfeld des Saturn aus der Ringebene zum Planeten getragen. Zu der Aufladung kommt es beispielsweise durch die Sonnenstrahlung oder durch Zusammenstöße der Partikel. In der Ionosphäre sorgt der Niederschlag für einen raschen Ladungsaustausch mit den Wasserstoff-Ionen. Der Ring-Regen vermindert also die Dichte der Ionen.

Auffällig ist, dass die Maxima der Infrarotstrahlung aus denjenigen Breiten des Saturn stammen, die durch die Feldlinien mit den Ringlücken verbunden sind. Weil es dort kaum Eisteilchen gibt, kommen diese Ringabschnitte nicht als Quelle für den Ring-Regen infrage. In den entsprechenden atmosphärischen Breiten kommt es also nicht zu einem Ladungsaustausch. Dort ist die Dichte der Ionen nicht reduziert, und die Infrarotstrahlung hat eine hohe Intensität.

WIE alt sind DIE RINGE?

Möglicherweise lässt sich mit solchen Analysen das immer noch rätselhafte Alter der Ringe klären. Denn einerseits könnte der prächtige Planetenschmuck aus Urzeiten stammen, als sich Saturn vor rund 4,5 Milliarden Jahren bildete. Anderseits ist es auch vorstellbar, dass viel später ein Trabant dem Riesenplaneten zu nahe kam und von dessen Gezeitenkräften zerrissen wurde. Dann wären die Trabantentrümmer der Rohstoff für die Ringe gewesen – diese müssten also erheblich jünger sein (bild der wissenschaft 3/2013, „Saturns Ringe – Die Mondfabrik“).

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Wenn man weiß, wie schnell die Ringe abgetragen werden, lässt sich ihre Entstehung zurückdatierten. Mit dem Ring-Regen ist jetzt der Nachweis eines solchen Erosionsprozesses gelungen. Allerdings ist noch unklar, ob der Eintrag in die Ionosphäre wirklich aus mikrometergroßen Eisteilchen besteht oder ob es sich vielmehr um Wasser- Ionen handelt.

Jürgen Schmidt von der Universität Oulu in Finnland kritisiert, dass die Autoren keine Rate für die Erosion der Ringe ermittelt haben. Er verweist auf kommende Messungen der Cassini- Sonde, die 2017 den Ringen sehr nahe kommen wird. Ihre letzten Orbits sollen die Saturnsonde durch die Zone zwischen dem innersten Ring und der obersten Wolkendecke führen. Geplant ist, dass ihr Staubdetektor sowohl die genaue chemische Zusammensetzung der Ringpartikel ermittelt als auch Daten über die Erosionsraten liefert.

Ebenfalls 2017 soll die dann altersschwache Raumsonde durch einen Sturz in die Wolken Saturns eine Art Suizid begehen. Bis dahin ist Cassini noch von großem Wert für die Astronomen. Ihre Bilder dokumentieren laufend Veränderungen in den Ringen. So lichtete die Bordkamera Staubwolken ab. Das berichtete jüngst Matthew Tiscareno von der Cornell University, New York, mit seinen Kollegen in der Fachzeitschrift Science. Diese Beobachtung ist nur etwa alle 15 Jahre möglich, wenn die Sonne wie 2009 genau in der Ringebene steht.

Für die Staubwolken machen die Forscher Einschläge von Meteoriten ins Ringsystem verantwortlich. Den Analysen zufolge kollidierten die Brocken eine Stunde bis 50 Stunden vor dem jeweiligen Fototermin mit der Ringmaterie. Die Meteoriten waren vermutlich Bruchstücke kleiner Planetoiden oder Kometen, die im Schwerefeld Saturns zerrissen wurden.

Die neuen Beobachtungen ermöglichen erstmals, die Häufigkeit der mittelgroßen Meteoriten im äußeren Sonnensystem direkt zu bestimmen. „Denn die Saturnringe wirken wie ein Detektor“, erklärt Tiscareno. Dabei helfen die enormen Ausmaße der Ringe, deren Fläche mehr als 100 Mal so groß ist wie die Oberfläche der Erde.

Meteoritenfänger

Wie viele Meteoriten rasen pro Stunde durchschnittlich in die Ringe? „Das hängt von der Größe der Meteoriten ab“, sagt Tiscareno. „Wenn es kleine Meteoriten zwischen einem und zehn Zentimetern sind, rechnen wir mit 10 000 Einschlägen pro Stunde. Größere Brocken sind seltener: Bei Körpern zwischen zehn Zentimetern und einem Meter erfolgt etwa ein Einschlag pro Stunde.“ Co-Autor Jürgen Schmidt ergänzt: „Die großen Gasplaneten sammeln durch ihre Gravitationsanziehung alle Meteoriten ein, die ihnen zu nahe kommen. Kleinere Ereignisse dieser Art konnten wir bislang nicht beobachten, obwohl wir vermutet hatten, dass diese recht häufig sind. Mit Cassini direkt vor Ort war dies jetzt möglich.“ ■

von Thorsten Dambeck

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