Die Verschränkung von Quanten macht es möglich, Informationen augenblicklich selbst an weit entfernte Orte zu übertragen. Möglich wird dies, weil sich die Zustände zweier solcherart verknüpfter Teilchen gleichzeitig ändern – egal wie weit sie voneinander entfernt sind. Praktisch umsetzen lässt sich dies beispielsweise, indem man miteinander verschränkte Photonen an zwei verschiedene Empfänger schickt. Misst nun einer der beiden den Zustand des empfangenen Lichtteilchens, dann bewirkt dies automatisch auch einen Zustandswechsel bei dem mit ihm verschränkten Partnerphoton. Dadurch lassen sich Informationen, die beispielsweise in der Polarisierung des Photons gespeichert sind, über große Entfernungen hinweg übertragen. Dass eine solche Quantenkommunikation technisch machbar ist, hat unter anderem ein erster Test in einem städtischen Glasfasernetz belegt. Erst vor Kurzem gelang es einem Forscherteam um Jian-Wei Pan von der Universität für Wissenschaft und Technologie in Schanghai zudem, erstmals Quanteninformationen aus dem Orbit auf die Erde zu übertragen.
Doch ein solches Quantennetzwerk hat einen Haken: „Bisher konnten Experimente zur Übertragung von Quanteninformationen durch den freien Raum nur nachts durchgeführt werden“, erklären Pan und seine Kollegen. Tagsüber stört das Sonnenlicht die Übermittlung der optischen Signale. „Der Hauptgrund dafür ist das starke Hintergrundrauschen durch gestreutes Sonnenlicht“, so die Forscher. „Dieses ist typischerweise um fünf Größenordnungen stärker als bei Nacht.“ Für ein Quantennetzwerk, das sowohl Satelliten als auch Bodenstationen umfassen soll, ist dies nicht gerade optimal. Denn ein Satellitensystem im niedrigen Erdorbit ist mit rund 70-prozentiger Wahrscheinlichkeit gerade in der Sonne, ein geostationäres System sogar zu 99 Prozent, wie die Wissenschaftler erklären. Sie haben daher nach einer Möglichkeit gesucht, die Störeffekte durch das Tageslicht zu umgehen.
Größere Wellenlänge und bessere Empfänger
Für ihr Experiment veränderten die Forscher die Wellenlänge des Lasersignals von bisher 800 Nanometern auf 1550 Nanometer. „Diese Wellenlänge ist dafür bekannt, dass sie in einem der atmosphärischen Fenster liegt“, erklärten Pan und seine Kollegen. Dies bedeutet, dass die Atmosphäre für diese Strahlungsart durchlässiger ist. Gleichzeitig ist die Streuung des Laserlichts an den Gasteilchen der Luft, die sogenannte Rayleigh-Streuung, bei dieser Wellenlänge sehr viel schwächer – auch dies reduziert das Hintergrundrauschen. Und noch einen Vorteil hat der Wechsel der Wellenlänge: „1550 Nanometer ist die Wellenlänge der Telekommunikation, sie wird weit verbreitet für die Signalübertragung in Glasfasernetzen eingesetzt“, so die Forscher. „Die gleiche Wellenlänge auch für die optische Kommunikation im freien Raum zu nutzen, sei daher die optimale Wahl.
Bisher allerdings fehlte ein kompakter Photonendetektor, der sensibel genug für aus dem Orbit oder durch die Luft geschickte Quantensignale dieser Wellenlänge ist. Pan und seine Kollegen haben nun Photonengeneratoren und -empfänger konstruiert, die die gewünschten Eigenschaften besitzen. Spezielle Filter und ein bewusst verkleinertes Sichtfeld der Empfänger sorgen zudem dafür, dass das Hintergrundrauschen weiter reduziert wird. Ob eine Quantenübertragung mit diesem System funktioniert, testeten die Wissenschaftler am Qinghai-See im Nordosten Chinas. Dort schickten sie einen über die Polarisation der Laserphotonen kodierten Quantenschlüssel von einer Sendestation am Seeufer zur 53 Kilometer entfernten Empfangsstation am anderen Ufer. Mit Erfolg: Es gelang den Wissenschaftlern dank ausgeklügelter Filter- und Konvertierungssysteme und er angepassten Wellenlänge, den Quantenschlüssel trotz strahlenden Sonnenscheins zu übermitteln.
„Damit bieten wir eine Lösung für das Problem der Quantenkommunikation bei hellem Tageslicht“, konstatieren Pan und seine Kollegen. „Unser Experiment belegt die Machbarkeit eines satellitengestützten Quantennetzwerks, das auch bei Tageslicht arbeiten kann.“ Das System sei aber auch für andere Formen der Quantenkommunikation sehr nützlich, darunter die Quantenteleportation oder die Synchronisierung von Zeitsignalen mittels Quantenkommunikation. Wie die Forscher betonen, ist ihr System durch leistungsfähigere Bauteile noch optimierbar.