Wer gesellschaftlich mithalten und erfolgreich sein will, muss attraktiv, schlank und gepflegt sein. Dieser Anspruch kostet nicht nur Geld, er geht auch mit Arbeit einher: Arbeit am Körper. Denn das Aussehen ist längst nicht mehr etwas, was man mehr oder weniger selbstbewusst hinnehmen muss. Es hat Projektstatus erhalten. Und je mehr Arbeit man in dieses Projekt steckt, desto größer ist der Nutzen, den man erwartet: Die Elite des 21. Jahrhunderts ist tendenziell schön.
Die Soziologin Waltraud Posch hat das Projekt Körper zum Thema ihres Buches gemacht. Sie fragt, warum und wie das Schönheitsideal auf so viele Menschen wirkt: von der Schönheit als Mittel zum Zweck über die Schönheit in der Politik bis hin zur Schönheit in der alternden Gesellschaft. Sie betrachtet den alltäglichen Umgang mit dem Körper etwa das modische Enthaarungsritual und zeigt auf, was mit Menschen geschieht, die fortwährend mit der Botschaft konfrontiert werden, dass ein geschöntes Äußeres wichtig ist für ihr soziales, berufliches und privates Überleben.
Dabei wählt sie einen strikt soziologischen Blickwinkel und verzichtet auf die hinlänglich bekannten biologischen oder evolutionstheoretischen Hintergründe. Dafür steckt sie das Feld Körpersoziologie umfassend ab, das wissenschaftlich bislang kaum beachtet wurde. Waltraud Posch belegt überzeugend, wie sehr wir alle einem Schönheitsideal verfallen sind, das mit allen Mitteln und Methoden umgesetzt wird. Die Allmacht der Schönheit macht Angst. Doch das Buch trägt in wohltuend sachlicher Weise dazu bei, äußerlich auferlegte Zwänge zu erkennen und sich der kritiklosen Erfüllung so mancher Schönheitsnorm zu verweigern.
Claudia Eberhard-Metzger