Laughlin widerspricht entschieden. Die Unbestimmtheit im mikroskopischen Maßstab sei belanglos, sagt er, weil die Welt auf höherer Ebene sehr wohl geordnet ist, wie wir im täglichen Leben beobachten können. Der Physiker, der 1998 den Nobelpreis für Physik erhielt, fordert deshalb eine Neuerfindung der Wissenschaft von Newton und Einstein.
Der Schlüssel dazu sei die Emergenz. Dieser Begriff beschreibt Vorgänge, bei denen sich eine große Zahl einzelner Teile zu einem Ganzen zusammenfinden, dessen Eigenschaften andere sind als die der einzelnen Teile. Einfach ausgedrückt: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Atome nennt Laughlin flüchtige quantenmechanische Wesen, die sich mit den Begriffen der Newtonschen Physik nicht beschreiben lassen. An diesem Problem haben sich schon Generationen von Physikern die Zähne ausgebissen.
Vergebliche Mühe, meint Laughlin und auch nutzlos: Denn erst, wenn sich die einzelnen Atome zu großen Objekten zusammenballen, lassen sich ihre Eigenschaften sinnvoll beschreiben. Damit befreit Laughlin die Physik aus der erkenntnistheoretischen Sackgasse, in die sie mit der Quantenphysik geraten ist. Laughlins Buch zeigt einen eleganten Weg, Fragen, die nicht zu beantworten sind, verschwinden zu lassen. Das schafft Platz für wichtige und lösbare Probleme. Und davon gibt es in der Physik noch sehr viele.
Laughlins Buch bringt wirklich Neues: die Vision einer Wissenschaft, die aus dem Zeitalter des Reduktionismus mit seiner fortwährenden Suche nach den stets kleiner werdenden Bausteinen der Welt in das der Emergenz, der Selbstorganisation der Natur, übergeht. Das Buch ist nicht immer einfach zu verstehen, doch die Mühe lohnt sich. Und schöne Anekdoten kann der Autor auch erzählen.
Heinz Horeis