Burrell, Professor für Mathematik an der University of Massachusetts in Amherst, hat viele der weltweit noch bestehenden Sammlungen besucht: zum Beispiel die der Universität Tokio, die 120 Gehirne japanischer Ministerpräsidenten, Dichter und anderer Größen des Landes unter Verschluss hält. Eine andere bedeutende Sammlung gibt es in Göttingen. Und die weltweit größte Sammlung von Elite-Gehirnen besitzt man staune das Vogt-Institut für Gehirnforschung der Universität Düsseldorf.
Der Autor beschreibt, wie Naturforscher die Gehirne mit erlaubten und unerlaubten Mitteln einst sammelten, präparierten, wogen, vermaßen, zerschnitten und verglichen. Doch „das Kriminelle“ fanden sie dabei ebenso wenig wie den Beleg für die angebliche Minderwertigkeit verschiedener Rassen.
Geforscht wird in diesen Gehirnsammlungen kaum noch. Seriöse Untersuchungen laufen hingegen in Hunderten von Labors, die große Gehirnbanken unterhalten. Hier landen Tausende von Präparaten pro Jahr, an denen heute vor allem Hirnschäden studiert werden. Vor diesem Hintergrund kann man über die Irrwege der Forscher nur staunen, die Burrell so unterhaltsam beschreibt. Beiläufig führt er den Leser durch die Geschichte der Neurowissenschaften, vermittelt Grundlagen der Neurophysiologie und gibt dazu noch einen Einblick in die Denkweisen jener Jahre, als wissbegierige Anatomen die Gehirne eines Beethoven sowie eines Abraham Lincoln und seines Mörders in ihren Händen hielten. Ein faktenreiches, teilweise verblüffendes Buch, mit leichter Feder geschrieben.
Heinz Horeis