„Dies ist ein Anti-Lehrbuch“, betont Fortey. Es geht ihm nicht darum, nüchterne Fakten aufzuzählen, sondern er will die Leser für die Geologie begeistern. Und das gelingt ihm, weil er selbst begeistert ist. Überall spürt er dem teils verblüffenden Einfluss des Untergrunds nach: nicht nur in der Landschaft und der Tier- und Pflanzenwelt, sondern auch in der Lebensweise der Menschen und in ihrer Geschichte.
Ob er über den Vesuv berichtet oder die Alpen, über Hawaii oder die kalifornische San-Andreas-Störung, zunächst macht er den Leser wie ein Reiseschriftsteller mit der Gegend vertraut. Mit geradezu poetischer Kraft beschreibt er Land und Leute. Da folgt die Straße nicht einfach dem Fluss, sondern sie ist ihm „dicht auf den Fersen, läuft auf ihn zu und wieder von ihm weg, wie ein hartnäckiger Bettler“. Jeder Schauplatz dient ihm dazu, bestimmte geologische Phänomene oder Meilensteine der Forschung verständlich zu machen. Die Alpen stehen für Faltengebirge, der Grand Canyon für ein Fenster in die irdische Vergangenheit, antike italienische Säulen für das Auf und Ab des Meeresspiegels.
Ganz nebenbei belegt Fortey, dass die Wissenschaft genauso in Bewegung ist wie der nur scheinbar feste Untergrund. Jede Erkenntnis hat eine lange Vorgeschichte, der der Urzeitforscher mit viel Verständnis für Fallstricke und Sackgassen nachspürt. Auch hier erweist er sich als rundum belesener Führer. Im letzten Kapitel schreibt Fortey: „Vielleicht verleiht die Erkenntnis, dass wir alle kleine Geschöpfe sind, die huckepack auf unserer eigenen tektonischen Platte über das unregelmäßige Schachbrett der Erde reisen, unserer arroganten kleinen Spezies einen angemessenen Sinn für Bescheidenheit. Dochirgendwie habe ich da meine Zweifel.“
Klaus Jacob