Man nehme zum Beispiel einen Hörsaal mit Studenten und bitte sie, handschriftlich Name, Geburtsort und Datum aufzuschreiben sowie das Thema ihres letzten Traums. Aus diesen Angaben solle ein persönliches Charakterbild der Teilnehmer erstellt werden, teilt man ihnen mit. In der nächsten Stunde erhalten sie tatsächlich Charakteranalysen und können bewerten,
wie gut sie sich beschrieben fühlen.
Beim realen Experiment fanden sich über zwei Drittel in der Schilderung wieder obwohl einer der Studenten sein Porträt laut vorgelesen hatte. In Wirklichkeit waren alle Porträts identisch, sie bestanden aber aus Hohlphrasen, die von den meisten Menschen als besonders persönlich interpretiert werden.
Dieser Effekt ist in der Psychologie als Brunneneffekt bekannt: Je hohler die Phrase, desto tiefer der Sinn, den Menschen in sie hineinlegen. Gegen den Brunneneffekt sind auch gebildete Menschen nicht gefeit. Viele, die auf der Suche nach umfassenden Erklärungen sind, finden in den Verlautbarungen von Astrologen mehr Lebenssinn als in den dürren Worten von Wissenschaftlern.
Antonia Rötger