Der Mensch sollte nicht alles tun, wozu er in der Lage ist. Der amerikanische Wissenschaftsjournalist Bill McKibben hat ein leidenschaftliches Plädoyer für das Prinzip Zufall geschrieben.
Ein perfekter Apparat, wahlweise intelligent, sportlich, musikalisch oder stimmungsstabil, geschaffen nach den Vorgaben der Eltern so könnte der Mensch bald aussehen, wenn man dem Machbarkeitswahn mancher
Forscher folgen würde. Der amerikanische Wissenschaftsjournalist Bill McKibben verspürt ein enormes Unbehagen angesichts dessen, was drei Schlüsseltechnologien Gentechnik, Nanotechnologie und Robotertechnik in Zukunft aus uns machen könnten. In seinem neuen Buch beschreibt er Visionen unserer im Labor genetisch optimierten, aber ihrer Freiheit, Individualität und Glücksfähigkeit beraubten Urenkel. Er skizziert die bisherigen Entwicklungen in den drei Forschungsbereichen und erklärt dabei zentrale Begriffe wie die genetische Keimbahntherapie oder die Funktionsweise von Nanorobotern. Dann beschreibt er, was eines Tages möglich sein könnte, bis hin zu medizinischen Nanobots, die selbstständig durch den menschlichen Körper kreuzen, Krankheitserreger bekämpfen und neue Zellen oder ganze Organe aufbauen. McKibben lässt viele sehr unterschiedliche Zeugen auftreten: renommierte Wissenschaftler, aber auch Exoten ihrer Zunft, Schriftsteller und Unternehmer, die möglichst rasch Kapital aus Designerbabys mit verbesserter Hardware schlagen wollen.
Das Buch ist eine Mischung aus Science-Fiction und fundierter Wissenschaftskritik. Vor allem aber ist es ist ein leidenschaftliches Plädoyer für die Unantastbarkeit des Prinzips Zufall in der Menschwerdung. McKibben argumentiert ethisch, religiös, historisch und philosophisch für sofortige freiwillige Beschränkungen. Denn gerade die Fähigkeit, etwas nicht zu tun, wozu er sehr wohl imstande wäre, zeichne den Menschen aus.
Allerdings besteht die Gefahr, dass der elegante, assoziierende und bestechend kurzweilige Stil die Kritikfähigkeit manches Lesers benebelt. McKibben mäandert zwischen realen Gefahren und futuristischen Visionen, und es fällt stellenweise schwer, die Argumentationsstränge auseinander zu halten. Denn ob und welche seiner Szenarien eines Tages Wirklichkeit werden, kann auch McKibben nur mutmaßen.
Eva Tenzer, promovierte Historikerin und freie Wissenschaftsjournalistin