Man folgt ihm auch gern auf verschlungenen Gedankengängen, etwa zur Rolle von Rauschpflanzen bei der Entstehung religiöser und philosophischer Systeme. Welche Droge hatte Plato wohl genommen, als er die „platonische Idee eines Bechers“ beschwor?
Der amerikanische Umweltjournalist und Gartenbuchautor Michael Pollan erzählt die Geschichte von vier Pflanzen, die der Mensch kultiviert hat, um ein Begehren zu befriedigen: Der Apfel schenkt uns Süße, die Tulpe Schönheit, Cannabis steht für den Rausch, und die Kartoffel stillt unser Bedürfnis nach Kontrolle bei Erzeugung und Konsum.
Doch wer nutzt hier eigentlich wen aus, fragt der Autor: der Mensch die Pflanzen – oder die Pflanzen den Menschen? Verbreiten Nutzpflanzen doch durch die bereitwillige Erfüllung menschlicher Begierden ihre Gene über die ganze Welt!
Der Gedanke ist witzig, aber nicht ganz neu. Seit Richard Dawkins („Das egoistische Gen“) haben Biologen so argumentiert. Und auch die Idee, eine Menschheitsgeschichte aus der Sicht ausgewählter Pflanzen zu erzählen, hatte schon ein anderer: der Brite Henry Hobhouse („Sechs Pflanzen verändern die Welt“).
Originell in Pollans Buch sind die menschlichen Schicksale, die sich mit dem der Pflanzen verknüpfen: Ob es sich um den legendären „Johnny Appleseed“ handelt, der im amerikanischen Wilden Westen den Apfel verbreiten half, um die Spekulanten, die im 17. Jahrhundert in Holland dem „Tulpenfieber“ verfielen, oder um die Gentechnologen von heute, die durch ihre Neuzüchtungen der Idealvorstellung McDonaldsscher Pommes frites zum Sieg verhelfen wollen.
Judith Rauch