Eine Spezies Mensch zumindest wird an Josef Reichholfs neuester Schrift ihre Freude haben: Funktionäre, die bei Sportveranstaltungen die weihevollen Reden intonieren. „Warum wir siegen wollen“ überhöht in einem fort den sportlichen „Ehrgeiz als Triebkraft in der Evolution des Menschen“ (Untertitel). So bietet es eine Fundgrube für pathetische Zitate à la „Marathon stand nicht am Anfang der Olympischen Spiele, sondern am Anfang der Menschwerdung!“.
Nach Reichholfs Geschichtsschreibung begann alles in der Vorzeit mit dem Wettlauf zum gerade verendeten Tier, immer den Geiern nach. Der als erster ankommende aasfressende Vorfahr bekam einen extra großen Brocken für sich und die Seinen. Daher vermehrte er sich besonders tüchtig, wozu allerdings die „Weibchen/Frauen“ notwendigerweise „ziemlich partnertreu“ werden mussten.
In diesem Stil erklärt der Chef der Münchner Zoologischen Staatssammlung weite Teile der Welt: die Entstehung von Mannschaften, Krieg und Frieden sowie schließlich des logischen Denkens. Vom Grundrecht auf Arbeit hält er evolutionsgeschichtlich schlicht nichts. Ganz en passant stellt der Konrad-Lorenz-Fan auch noch klar, warum „weiterhin Spitzenforschung vorwiegend Männersache“ bleibt.
Doch es gibt sicher noch genug Stoff für das nächste Buch: Wie wäre es zum Beispiel mit „Warum wir spekulieren wollen“?
Jochen Paulus