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Gute Taten, gutes Leben?

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Gute Taten, gutes Leben?
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Die Vorstellung zumindest ist schön: Wer sich aus lauter Menschenliebe als ehrenamtlicher Helfer um andere kümmert, der wird belohnt. Nicht erst im Himmel, sondern bereits auf Erden. Statt eines saftigen Gehalts verdient er sich zusätzliche Lebensjahre, bessere Gesundheit, ein ordentliches Selbstwertgefühl und ein geringeres Risiko, an Depressionen zu erkranken. Doch die wissenschaftlichen Belege dafür, dass ein Ehrenamt uns fit und fröhlich hält, sind eher dünn gesät.

Das Ehrenamt nützt der Gesellschaft, keine Frage. Es nützt auch den Helfern selbst, wie sich in zahlreichen Veröffentlichungen nachlesen lässt: Die beschriebenen Vorteile reichen von einer geringeren Sterblichkeit über größere Fitness im Alltag bis hin zu einem geringeren Risiko, unter Stress zu leiden oder ins Krankenhaus eingeliefert zu werden. Doch wie verlässlich sind diese Studien? Ein britisches Forscherteam um Caroline Jenkinson, Psychologin an der University of Exeter, wertete 40 Veröffentlichungen zum Thema Ehrenamt und Gesundheit aus – und stieß auf eine ganze Reihe von widersprüchlichen Ergebnissen.

Als größtes Problem entpuppte sich die Datenlage. Von 28 Erhebungen, die den Veröffentlichungen als Grundlage dienten, handelte es sich lediglich bei vieren um randomisierte, kontrollierte Studien, die allerdings besorgniserregend geringe Probandenzahlen aufwiesen. Die 17 vertretenen Kohortenstudien wiederum  unterschieden sich drastisch in ihrer Dauer, Methodik, der Art der erhobenen Daten und der Zusammensetzung der Teilnehmer. Oft nahmen lediglich ehrenamtliche Helfer über 50 teil.

Klar scheint nach Auswertung aller Daten daher nur: Wer ehrenamtlich tätig ist, lebt tatsächlich länger. Zwar neigen gesunde und wohlhabende Menschen ohnehin eher dazu, sich in die Gemeinschaft einzubringen – und werden vermutlich allein deshalb älter als die Nicht-Ehrenamtlichen. Eine  Metaanalyse der fünf dazu geeigneten, großen Kohortenstudien ergab jedoch, dass die Sterblichkeit im Beobachtungszeitraum auch dann um 22 Prozent sank, wenn Gesundheitszustand und soziodemographische Faktoren berücksichtigt wurden.

Für die seelische Gesundheit gilt: Weniger ist mehr

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Was die anderen kolportierten Gesundheitsvorteile angeht, ist die Lage unübersichtlich. Die Auswertung der Kohortenstudien legt nahe, dass Menschen, die ehrenamtlich tätig sind, seltener an Depressionen erkranken, zufriedener sind und sich generell wohler fühlen – ein Ergebnis, das jedoch nicht in allen Erhebungen auftritt. In den randomisierten Versuchen war von diesen Effekten überhaupt nichts zu sehen. Dafür ließen sich hier Fortschritte in Sachen Fitness feststellen, die wiederum in den meisten Kohorten nicht auftraten. Nicht ohne Grund schreiben die Autoren: „Es bleiben viele Unsicherheiten, die uns daran hindern, klare Empfehlungen für die Praxis abzugeben. So ist zum Beispiel unklar, welche Art oder Intensität der ehrenamtlichen Tätigkeit die größten Vorteile für die Gesundheit bringt, mit welchen Folgen, und für wen.“ Als öffentlich verordnetes Fitnessprogramm eignet sich das Ehrenamt vorerst also nicht.

Immerhin zeichnen sich einige Trends ab: Der psychischen Gesundheit scheinen gelegentliche Einsätze als ehrenamtlicher Helfer eher zu nutzen als ein sehr ausgeprägtes Engagement. Zwar fühlen wir uns gut, wenn jene, denen wir helfen, sich dankbar zeigen. Bleibt der Dank jedoch aus, fehlt auch die positive Wirkung auf unser Gemüt. Läuft die Arbeit aus dem Ruder, besteht außerdem die Gefahr, dass die Helfer sie eher als Bürde denn als freiwillige und erfreuliche Tätigkeit sehen. Für die körperliche Fitness hingegen gilt: Mehr ist mehr – und sei es nur, weil man öfter aus dem Haus kommt, je mehr man leistet. Besonders Engagement für die Umwelt hält auf Trab. Eine wertvolle, wenn auch nicht allzu überraschende Erkenntnis.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nora Schlüter
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